Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Landwirthschaft der Japaner.
hin und her gerollt, bis sie ganz kalt geworden sind.
Sind sie alsdenn nicht trocken genug, so wird das
Rösten noch ein oder mehrere mal vorgenommen. Oft
legen die Leute die Matten mit den Theeblättern ganz
sorglos vor die Hausthür hin, und lassen sie da liegen.

Der Zuckerahorn, oder Zuckermasholder (Acer
saccharinum),
wächst meines Wissens in Japan nicht;
auch hat man bis jetzt das Pflanzen des Zuckerrohrs
nicht eingeführt. Die Japanischen Dolmetscher zeigten
mir aber doch einen Saft, wovon Zucker gemacht
werden kann. Dies ist der Saft eines gewissen
Baumes, der auf den Inseln um Nipon wächst.
Der daraus bereitete Zucker schmeckt süß, ist bräun-
lich und von schlechtem Ansehen. Zucker ist also das
einzige, was die Japaner von Ausländern nehmen
müssen.

Daß Japan, und zwar im größten Ueberflusse,
alles, was zur Nahrung, Kleidung und Bequem-
lichkeit seiner Bewohner erforderlich ist, hervorbringt,
wird jeder aus dem bisher gesagten zur Genüge er-
sehen. Und da man in den meisten andern Ländern
so oft über Mißwachs und Hungersnoth klagt, so hört
man dergleichen in diesem Reiche sehr selten, wo
man sparsam lebt, keinen Aufwand macht, auf den
Ackerbau so unbeschreibliche Mühe und Sorgfalt
wendet, und außer Reis und Getreide, auch klüg-
lich eine Menge Gartengewächse und Erd- und
Baumfrüchte zu ziehen sucht. Inzwischen weiß
man doch Beyspiele, daß auch hier Hungersnoth
das Land betroffen hat.

Da die Japaner nicht nur so manche Getreide-
arten, sondern auch so viele Wurzel- Schoten- und

E 4

Von der Landwirthſchaft der Japaner.
hin und her gerollt, bis ſie ganz kalt geworden ſind.
Sind ſie alsdenn nicht trocken genug, ſo wird das
Roͤſten noch ein oder mehrere mal vorgenommen. Oft
legen die Leute die Matten mit den Theeblaͤttern ganz
ſorglos vor die Hausthuͤr hin, und laſſen ſie da liegen.

Der Zuckerahorn, oder Zuckermasholder (Acer
ſaccharinum),
waͤchſt meines Wiſſens in Japan nicht;
auch hat man bis jetzt das Pflanzen des Zuckerrohrs
nicht eingefuͤhrt. Die Japaniſchen Dolmetſcher zeigten
mir aber doch einen Saft, wovon Zucker gemacht
werden kann. Dies iſt der Saft eines gewiſſen
Baumes, der auf den Inſeln um Nipon waͤchſt.
Der daraus bereitete Zucker ſchmeckt ſuͤß, iſt braͤun-
lich und von ſchlechtem Anſehen. Zucker iſt alſo das
einzige, was die Japaner von Auslaͤndern nehmen
muͤſſen.

Daß Japan, und zwar im groͤßten Ueberfluſſe,
alles, was zur Nahrung, Kleidung und Bequem-
lichkeit ſeiner Bewohner erforderlich iſt, hervorbringt,
wird jeder aus dem bisher geſagten zur Genuͤge er-
ſehen. Und da man in den meiſten andern Laͤndern
ſo oft uͤber Mißwachs und Hungersnoth klagt, ſo hoͤrt
man dergleichen in dieſem Reiche ſehr ſelten, wo
man ſparſam lebt, keinen Aufwand macht, auf den
Ackerbau ſo unbeſchreibliche Muͤhe und Sorgfalt
wendet, und außer Reis und Getreide, auch kluͤg-
lich eine Menge Gartengewaͤchſe und Erd- und
Baumfruͤchte zu ziehen ſucht. Inzwiſchen weiß
man doch Beyſpiele, daß auch hier Hungersnoth
das Land betroffen hat.

Da die Japaner nicht nur ſo manche Getreide-
arten, ſondern auch ſo viele Wurzel- Schoten- und

E 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0361" n="71"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von der Landwirth&#x017F;chaft der Japaner.</hi></fw><lb/>
hin und her gerollt, bis &#x017F;ie ganz kalt geworden &#x017F;ind.<lb/>
Sind &#x017F;ie alsdenn nicht trocken genug, &#x017F;o wird das<lb/>
Ro&#x0364;&#x017F;ten noch ein oder mehrere mal vorgenommen. Oft<lb/>
legen die Leute die Matten mit den Theebla&#x0364;ttern ganz<lb/>
&#x017F;orglos vor die Hausthu&#x0364;r hin, und la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie da liegen.</p><lb/>
            <p>Der Zuckerahorn, oder Zuckermasholder <hi rendition="#aq">(Acer<lb/>
&#x017F;accharinum),</hi> wa&#x0364;ch&#x017F;t meines Wi&#x017F;&#x017F;ens in <placeName>Japan</placeName> nicht;<lb/>
auch hat man bis jetzt das Pflanzen des Zuckerrohrs<lb/>
nicht eingefu&#x0364;hrt. Die Japani&#x017F;chen Dolmet&#x017F;cher zeigten<lb/>
mir aber doch einen Saft, wovon Zucker gemacht<lb/>
werden kann. Dies i&#x017F;t der Saft eines gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Baumes, der auf den In&#x017F;eln um <placeName>Nipon</placeName> wa&#x0364;ch&#x017F;t.<lb/>
Der daraus bereitete Zucker &#x017F;chmeckt &#x017F;u&#x0364;ß, i&#x017F;t bra&#x0364;un-<lb/>
lich und von &#x017F;chlechtem An&#x017F;ehen. Zucker i&#x017F;t al&#x017F;o das<lb/>
einzige, was die Japaner von Ausla&#x0364;ndern nehmen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Daß <placeName>Japan</placeName>, und zwar im gro&#x0364;ßten Ueberflu&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
alles, was zur Nahrung, Kleidung und Bequem-<lb/>
lichkeit &#x017F;einer Bewohner erforderlich i&#x017F;t, hervorbringt,<lb/>
wird jeder aus dem bisher ge&#x017F;agten zur Genu&#x0364;ge er-<lb/>
&#x017F;ehen. Und da man in den mei&#x017F;ten andern La&#x0364;ndern<lb/>
&#x017F;o oft u&#x0364;ber Mißwachs und Hungersnoth klagt, &#x017F;o ho&#x0364;rt<lb/>
man dergleichen in die&#x017F;em Reiche &#x017F;ehr &#x017F;elten, wo<lb/>
man &#x017F;par&#x017F;am lebt, keinen Aufwand macht, auf den<lb/>
Ackerbau &#x017F;o unbe&#x017F;chreibliche Mu&#x0364;he und Sorgfalt<lb/>
wendet, und außer Reis und Getreide, auch klu&#x0364;g-<lb/>
lich eine Menge Gartengewa&#x0364;ch&#x017F;e und Erd- und<lb/>
Baumfru&#x0364;chte zu ziehen &#x017F;ucht. Inzwi&#x017F;chen weiß<lb/>
man doch Bey&#x017F;piele, daß auch hier Hungersnoth<lb/>
das Land betroffen hat.</p><lb/>
            <p>Da die Japaner nicht nur &#x017F;o manche Getreide-<lb/>
arten, &#x017F;ondern auch &#x017F;o viele Wurzel- Schoten- und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E 4</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[71/0361] Von der Landwirthſchaft der Japaner. hin und her gerollt, bis ſie ganz kalt geworden ſind. Sind ſie alsdenn nicht trocken genug, ſo wird das Roͤſten noch ein oder mehrere mal vorgenommen. Oft legen die Leute die Matten mit den Theeblaͤttern ganz ſorglos vor die Hausthuͤr hin, und laſſen ſie da liegen. Der Zuckerahorn, oder Zuckermasholder (Acer ſaccharinum), waͤchſt meines Wiſſens in Japan nicht; auch hat man bis jetzt das Pflanzen des Zuckerrohrs nicht eingefuͤhrt. Die Japaniſchen Dolmetſcher zeigten mir aber doch einen Saft, wovon Zucker gemacht werden kann. Dies iſt der Saft eines gewiſſen Baumes, der auf den Inſeln um Nipon waͤchſt. Der daraus bereitete Zucker ſchmeckt ſuͤß, iſt braͤun- lich und von ſchlechtem Anſehen. Zucker iſt alſo das einzige, was die Japaner von Auslaͤndern nehmen muͤſſen. Daß Japan, und zwar im groͤßten Ueberfluſſe, alles, was zur Nahrung, Kleidung und Bequem- lichkeit ſeiner Bewohner erforderlich iſt, hervorbringt, wird jeder aus dem bisher geſagten zur Genuͤge er- ſehen. Und da man in den meiſten andern Laͤndern ſo oft uͤber Mißwachs und Hungersnoth klagt, ſo hoͤrt man dergleichen in dieſem Reiche ſehr ſelten, wo man ſparſam lebt, keinen Aufwand macht, auf den Ackerbau ſo unbeſchreibliche Muͤhe und Sorgfalt wendet, und außer Reis und Getreide, auch kluͤg- lich eine Menge Gartengewaͤchſe und Erd- und Baumfruͤchte zu ziehen ſucht. Inzwiſchen weiß man doch Beyſpiele, daß auch hier Hungersnoth das Land betroffen hat. Da die Japaner nicht nur ſo manche Getreide- arten, ſondern auch ſo viele Wurzel- Schoten- und E 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/361
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/361>, abgerufen am 23.11.2024.