Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

Uebrige Sitten u. s. w. der Japaner.
wie bey uns, an den Seiten zugeknöpft werden, anstatt
daß andre sie fest binden; wie auch, daß die Soldaten
auf dem Marsche die langen Hosen um die Mitte der
Lenden fest binden. Die zu Pferde machen oft eine gar
seltsame Figur. Manchmahl sieht man mehrere Perso-
nen, oft eine ganze Familie, auf Einem Pferde. Der
Mann sitzt in der Mitte, aber ganz oben auf dem Sat-
tel, so daß er die Beine am Halse des Pferdes herunter
hangen läßt; die Frau an einer Seite in einem am Sat-
tel fest gemachten Korbe; und ein oder mehrere Kinder
auch in einem Korbe an der andern Seite; ein Mensch
geht voran und leitet das Pferd am Zügel. Die Port-
chaisen, worin Begüterte sich tragen lassen, sind von
verschiedner Größe und Pracht, wie es eines jeden Rang
mit sich bringt. Sie kosten daher auch nicht alle gleich
viel. Die schlechtesten sind klein, so daß man mit den
Füßen unter dem Gesäß darin sitzen muß, zu allen Sei-
ten offen, mit einem kleinen Dache versehen, und wer-
den von zwey Kerlen getragen. Darauf folgen die Kan-
go oder Kago, die ganz bedeckt und an den Seiten auch
eingeschlossen, aber beynahe viereckig und nicht prächtig
sind. Die größten und schönsten heißen Norimon, sind
länglich, werden von den vornehmen Beamten gebraucht,
und von mehreren Personen getragen, die theils vorn,
theils hinten, und zwar hinter einander, gehen. Das
Tragen geschieht vermittelst einer an der Decke befestigten
Stange, die sie auf den Schultern liegen haben. In
allen Städten und Dörfern trifft man bey den Wirths-
häusern eine Menge Leute an, die ihre Dienste zum Tra-
gen anbiethen. Solche Träger können das Tragen und
Gehen lange aushalten. Gewöhnlich legen sie in einer
Stunde eine Japanische Meile, und an einem Tage de-
ren zehn bis zwölf zurück. Auf gleiche Art werden auch

O 2

Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner.
wie bey uns, an den Seiten zugeknoͤpft werden, anſtatt
daß andre ſie feſt binden; wie auch, daß die Soldaten
auf dem Marſche die langen Hoſen um die Mitte der
Lenden feſt binden. Die zu Pferde machen oft eine gar
ſeltſame Figur. Manchmahl ſieht man mehrere Perſo-
nen, oft eine ganze Familie, auf Einem Pferde. Der
Mann ſitzt in der Mitte, aber ganz oben auf dem Sat-
tel, ſo daß er die Beine am Halſe des Pferdes herunter
hangen laͤßt; die Frau an einer Seite in einem am Sat-
tel feſt gemachten Korbe; und ein oder mehrere Kinder
auch in einem Korbe an der andern Seite; ein Menſch
geht voran und leitet das Pferd am Zuͤgel. Die Port-
chaiſen, worin Beguͤterte ſich tragen laſſen, ſind von
verſchiedner Groͤße und Pracht, wie es eines jeden Rang
mit ſich bringt. Sie koſten daher auch nicht alle gleich
viel. Die ſchlechteſten ſind klein, ſo daß man mit den
Fuͤßen unter dem Geſaͤß darin ſitzen muß, zu allen Sei-
ten offen, mit einem kleinen Dache verſehen, und wer-
den von zwey Kerlen getragen. Darauf folgen die Kan-
go oder Kago, die ganz bedeckt und an den Seiten auch
eingeſchloſſen, aber beynahe viereckig und nicht praͤchtig
ſind. Die groͤßten und ſchoͤnſten heißen Norimon, ſind
laͤnglich, werden von den vornehmen Beamten gebraucht,
und von mehreren Perſonen getragen, die theils vorn,
theils hinten, und zwar hinter einander, gehen. Das
Tragen geſchieht vermittelſt einer an der Decke befeſtigten
Stange, die ſie auf den Schultern liegen haben. In
allen Staͤdten und Doͤrfern trifft man bey den Wirths-
haͤuſern eine Menge Leute an, die ihre Dienſte zum Tra-
gen anbiethen. Solche Traͤger koͤnnen das Tragen und
Gehen lange aushalten. Gewoͤhnlich legen ſie in einer
Stunde eine Japaniſche Meile, und an einem Tage de-
ren zehn bis zwoͤlf zuruͤck. Auf gleiche Art werden auch

O 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0245" n="211"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Uebrige Sitten u. &#x017F;. w. der Japaner.</hi></fw><lb/>
wie bey uns, an den Seiten zugekno&#x0364;pft werden, an&#x017F;tatt<lb/>
daß andre &#x017F;ie fe&#x017F;t binden; wie auch, daß die Soldaten<lb/>
auf dem Mar&#x017F;che die langen Ho&#x017F;en um die Mitte der<lb/>
Lenden fe&#x017F;t binden. Die zu Pferde machen oft eine gar<lb/>
&#x017F;elt&#x017F;ame Figur. Manchmahl &#x017F;ieht man mehrere Per&#x017F;o-<lb/>
nen, oft eine ganze Familie, auf Einem Pferde. Der<lb/>
Mann &#x017F;itzt in der Mitte, aber ganz oben auf dem Sat-<lb/>
tel, &#x017F;o daß er die Beine am Hal&#x017F;e des Pferdes herunter<lb/>
hangen la&#x0364;ßt; die Frau an einer Seite in einem am Sat-<lb/>
tel fe&#x017F;t gemachten Korbe; und ein oder mehrere Kinder<lb/>
auch in einem Korbe an der andern Seite; ein Men&#x017F;ch<lb/>
geht voran und leitet das Pferd am Zu&#x0364;gel. Die Port-<lb/>
chai&#x017F;en, worin Begu&#x0364;terte &#x017F;ich tragen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ind von<lb/>
ver&#x017F;chiedner Gro&#x0364;ße und Pracht, wie es eines jeden Rang<lb/>
mit &#x017F;ich bringt. Sie ko&#x017F;ten daher auch nicht alle gleich<lb/>
viel. Die &#x017F;chlechte&#x017F;ten &#x017F;ind klein, &#x017F;o daß man mit den<lb/>
Fu&#x0364;ßen unter dem Ge&#x017F;a&#x0364;ß darin &#x017F;itzen muß, zu allen Sei-<lb/>
ten offen, mit einem kleinen Dache ver&#x017F;ehen, und wer-<lb/>
den von zwey Kerlen getragen. Darauf folgen die Kan-<lb/>
go oder Kago, die ganz bedeckt und an den Seiten auch<lb/>
einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, aber beynahe viereckig und nicht pra&#x0364;chtig<lb/>
&#x017F;ind. Die gro&#x0364;ßten und &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten heißen Norimon, &#x017F;ind<lb/>
la&#x0364;nglich, werden von den vornehmen Beamten gebraucht,<lb/>
und von mehreren Per&#x017F;onen getragen, die theils vorn,<lb/>
theils hinten, und zwar hinter einander, gehen. Das<lb/>
Tragen ge&#x017F;chieht vermittel&#x017F;t einer an der Decke befe&#x017F;tigten<lb/>
Stange, die &#x017F;ie auf den Schultern liegen haben. In<lb/>
allen Sta&#x0364;dten und Do&#x0364;rfern trifft man bey den Wirths-<lb/>
ha&#x0364;u&#x017F;ern eine Menge Leute an, die ihre Dien&#x017F;te zum Tra-<lb/>
gen anbiethen. Solche Tra&#x0364;ger ko&#x0364;nnen das Tragen und<lb/>
Gehen lange aushalten. Gewo&#x0364;hnlich legen &#x017F;ie in einer<lb/>
Stunde eine Japani&#x017F;che Meile, und an einem Tage de-<lb/>
ren zehn bis zwo&#x0364;lf zuru&#x0364;ck. Auf gleiche Art werden auch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O 2</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0245] Uebrige Sitten u. ſ. w. der Japaner. wie bey uns, an den Seiten zugeknoͤpft werden, anſtatt daß andre ſie feſt binden; wie auch, daß die Soldaten auf dem Marſche die langen Hoſen um die Mitte der Lenden feſt binden. Die zu Pferde machen oft eine gar ſeltſame Figur. Manchmahl ſieht man mehrere Perſo- nen, oft eine ganze Familie, auf Einem Pferde. Der Mann ſitzt in der Mitte, aber ganz oben auf dem Sat- tel, ſo daß er die Beine am Halſe des Pferdes herunter hangen laͤßt; die Frau an einer Seite in einem am Sat- tel feſt gemachten Korbe; und ein oder mehrere Kinder auch in einem Korbe an der andern Seite; ein Menſch geht voran und leitet das Pferd am Zuͤgel. Die Port- chaiſen, worin Beguͤterte ſich tragen laſſen, ſind von verſchiedner Groͤße und Pracht, wie es eines jeden Rang mit ſich bringt. Sie koſten daher auch nicht alle gleich viel. Die ſchlechteſten ſind klein, ſo daß man mit den Fuͤßen unter dem Geſaͤß darin ſitzen muß, zu allen Sei- ten offen, mit einem kleinen Dache verſehen, und wer- den von zwey Kerlen getragen. Darauf folgen die Kan- go oder Kago, die ganz bedeckt und an den Seiten auch eingeſchloſſen, aber beynahe viereckig und nicht praͤchtig ſind. Die groͤßten und ſchoͤnſten heißen Norimon, ſind laͤnglich, werden von den vornehmen Beamten gebraucht, und von mehreren Perſonen getragen, die theils vorn, theils hinten, und zwar hinter einander, gehen. Das Tragen geſchieht vermittelſt einer an der Decke befeſtigten Stange, die ſie auf den Schultern liegen haben. In allen Staͤdten und Doͤrfern trifft man bey den Wirths- haͤuſern eine Menge Leute an, die ihre Dienſte zum Tra- gen anbiethen. Solche Traͤger koͤnnen das Tragen und Gehen lange aushalten. Gewoͤhnlich legen ſie in einer Stunde eine Japaniſche Meile, und an einem Tage de- ren zehn bis zwoͤlf zuruͤck. Auf gleiche Art werden auch O 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/245
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/245>, abgerufen am 23.11.2024.