besahen, hatten keine Meublen. Der Fußboden war mit großen und sehr weißen Strohmatten belegt; die Lei- sten und Thüren schön lackirt und der Beschlag sehr stark vergoldet.
Wie wir uns allenthalben umgesehen hatten, wur- den wir in den Pallast des Kronprinzen geführt, der gleich neben dem Kaiserlichen steht, und nur durch eine Brücke davon getrennt wird. Hier wurden wir von Seiten des Kronprinzen, der jetzt nicht zu Hause, son- dern noch beym Kaiser war, entgegen genommen und complimentirt, und darauf wieder zu unsern Norimon begleitet.
Der Tag war schon großentheils verstrichen, und uns hungerte sehr, weil wir seit dem Frühstück nichts genos- sen hatten. Nichts desto weniger mußten wir heute noch bey allen Reichsräthen, so wohl den sechs ordentlichen, als den sechs außerordentlichen, und zwar in eines jeden eignem Hause, Besuch ablegen. Da indessen diese Her- ren noch nicht vom Hofe zurück gekommen waren, wur- den wir von ihren Bevollmächtigten auf die artigste und höflichste Weise empfangen, und auch von ihren Damen und Kindern in Augenschein genommen. Jede Visite währte eine halbe Stunde. Meistens wurden wir in einem großen Saale angenommen, und zwar auf einem solchen Platze, daß man uns durch dünne Gardinen von allen Seiten sehen konnte, ohne daß wir jedoch das Glück ha- ben konnten, die Schönheiten des Hofes zu sehen. Nur einmahl waren wir so glücklich, daß die Damen sich sehen ließen, die Gardinen weggezogen, und wir so gar er- sucht wurden, weiter ins Zimmer hervor zu treten. Ge- wöhnlich wurden wir von zwey vornehmen Beamten em- pfangen, allenthalben aber mit gekochtem grünen Thee, Tobak und Confect bewirthet, welches alles auf beson-
Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo.
beſahen, hatten keine Meublen. Der Fußboden war mit großen und ſehr weißen Strohmatten belegt; die Lei- ſten und Thuͤren ſchoͤn lackirt und der Beſchlag ſehr ſtark vergoldet.
Wie wir uns allenthalben umgeſehen hatten, wur- den wir in den Pallaſt des Kronprinzen gefuͤhrt, der gleich neben dem Kaiſerlichen ſteht, und nur durch eine Bruͤcke davon getrennt wird. Hier wurden wir von Seiten des Kronprinzen, der jetzt nicht zu Hauſe, ſon- dern noch beym Kaiſer war, entgegen genommen und complimentirt, und darauf wieder zu unſern Norimon begleitet.
Der Tag war ſchon großentheils verſtrichen, und uns hungerte ſehr, weil wir ſeit dem Fruͤhſtuͤck nichts genoſ- ſen hatten. Nichts deſto weniger mußten wir heute noch bey allen Reichsraͤthen, ſo wohl den ſechs ordentlichen, als den ſechs außerordentlichen, und zwar in eines jeden eignem Hauſe, Beſuch ablegen. Da indeſſen dieſe Her- ren noch nicht vom Hofe zuruͤck gekommen waren, wur- den wir von ihren Bevollmaͤchtigten auf die artigſte und hoͤflichſte Weiſe empfangen, und auch von ihren Damen und Kindern in Augenſchein genommen. Jede Viſite waͤhrte eine halbe Stunde. Meiſtens wurden wir in einem großen Saale angenommen, und zwar auf einem ſolchen Platze, daß man uns durch duͤnne Gardinen von allen Seiten ſehen konnte, ohne daß wir jedoch das Gluͤck ha- ben konnten, die Schoͤnheiten des Hofes zu ſehen. Nur einmahl waren wir ſo gluͤcklich, daß die Damen ſich ſehen ließen, die Gardinen weggezogen, und wir ſo gar er- ſucht wurden, weiter ins Zimmer hervor zu treten. Ge- woͤhnlich wurden wir von zwey vornehmen Beamten em- pfangen, allenthalben aber mit gekochtem gruͤnen Thee, Tobak und Confect bewirthet, welches alles auf beſon-
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Aufenthalt in der Hauptſtadt Jedo.
beſahen, hatten keine Meublen. Der Fußboden war
mit großen und ſehr weißen Strohmatten belegt; die Lei-
ſten und Thuͤren ſchoͤn lackirt und der Beſchlag ſehr ſtark
vergoldet.
Wie wir uns allenthalben umgeſehen hatten, wur-
den wir in den Pallaſt des Kronprinzen gefuͤhrt, der
gleich neben dem Kaiſerlichen ſteht, und nur durch eine
Bruͤcke davon getrennt wird. Hier wurden wir von
Seiten des Kronprinzen, der jetzt nicht zu Hauſe, ſon-
dern noch beym Kaiſer war, entgegen genommen und
complimentirt, und darauf wieder zu unſern Norimon
begleitet.
Der Tag war ſchon großentheils verſtrichen, und
uns hungerte ſehr, weil wir ſeit dem Fruͤhſtuͤck nichts genoſ-
ſen hatten. Nichts deſto weniger mußten wir heute noch
bey allen Reichsraͤthen, ſo wohl den ſechs ordentlichen,
als den ſechs außerordentlichen, und zwar in eines jeden
eignem Hauſe, Beſuch ablegen. Da indeſſen dieſe Her-
ren noch nicht vom Hofe zuruͤck gekommen waren, wur-
den wir von ihren Bevollmaͤchtigten auf die artigſte und
hoͤflichſte Weiſe empfangen, und auch von ihren Damen
und Kindern in Augenſchein genommen. Jede Viſite
waͤhrte eine halbe Stunde. Meiſtens wurden wir in einem
großen Saale angenommen, und zwar auf einem ſolchen
Platze, daß man uns durch duͤnne Gardinen von allen
Seiten ſehen konnte, ohne daß wir jedoch das Gluͤck ha-
ben konnten, die Schoͤnheiten des Hofes zu ſehen. Nur
einmahl waren wir ſo gluͤcklich, daß die Damen ſich ſehen
ließen, die Gardinen weggezogen, und wir ſo gar er-
ſucht wurden, weiter ins Zimmer hervor zu treten. Ge-
woͤhnlich wurden wir von zwey vornehmen Beamten em-
pfangen, allenthalben aber mit gekochtem gruͤnen Thee,
Tobak und Confect bewirthet, welches alles auf beſon-
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/145>, abgerufen am 22.11.2024.
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