aus den umliegenden Gegenden angekommen, um sich gegen ihre chronischen Krankheiten von dem Holländi- schen Arzte Rath und Medicin geben zu lassen. Bey vielen bestand das Uebel entweder in Verhärtung der Drüsen und offenen Krebsschäden, oder in venerischen Symptomen, die zu sehr überhand genommen hatten.
Gegen Abend kamen wir in die Landschaft Isi, und zwar durch verschiedne am Wege liegende, sehr lange und fast an einander stoßende Dörfer nach der zu unsrer Nacht-Herberge bestimmten Stadt Seki. Die heutige Reise war nicht weniger angenehm, als die gestrige. Denn auch diese Provinz ist dicht bewohnt, fruchtbar und volkreich. Nur schlimm, daß wir hier, so wie überall in den Dörfern, den Geruch des gesammelten Urins und Unraths auszustehen hatten, der alles Ver- gnügen verbitterte, und uns zwang, die Fenster in un- serm Norimon fast immer zuzuhalten.
Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zurück. Nachdem wir durch Nosin, Kamirujammi, Moirino- sta, Sono, Tjakusi, Sutski, Ojiwaki, die ansehnli- che Stadt Jokaits, Tomida und Matsdera gekommen waren, trafen wir gegen Abend zu Kwana ein, wo wir in einem schönen und bequemen Logis die Nacht zu- brachten. Bey Jokaits waren wir wieder an der Küste, in deren Nähe wir hernach fast ganz hin bis Jedo blie- ben. Auf diesem Wege aber hatten wir viele große und gefährliche Flüsse zu passiren, über welche man wegen ih- res starken Anschwellens in den Regenzeiten keine Brü- cken hat anlegen können, durch welche daher Reiter, Lastthiere, Träger und Fußgänger hindurch müssen.
Nicht weit von Jokaits bekamen wir unterweges drey Bettelnonnen zu Gesellschafterinnen. Bey jedem unsrer Norimon ging eine her, um von uns Holländern
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
aus den umliegenden Gegenden angekommen, um ſich gegen ihre chroniſchen Krankheiten von dem Hollaͤndi- ſchen Arzte Rath und Medicin geben zu laſſen. Bey vielen beſtand das Uebel entweder in Verhaͤrtung der Druͤſen und offenen Krebsſchaͤden, oder in veneriſchen Symptomen, die zu ſehr uͤberhand genommen hatten.
Gegen Abend kamen wir in die Landſchaft Iſi, und zwar durch verſchiedne am Wege liegende, ſehr lange und faſt an einander ſtoßende Doͤrfer nach der zu unſrer Nacht-Herberge beſtimmten Stadt Seki. Die heutige Reiſe war nicht weniger angenehm, als die geſtrige. Denn auch dieſe Provinz iſt dicht bewohnt, fruchtbar und volkreich. Nur ſchlimm, daß wir hier, ſo wie uͤberall in den Doͤrfern, den Geruch des geſammelten Urins und Unraths auszuſtehen hatten, der alles Ver- gnuͤgen verbitterte, und uns zwang, die Fenſter in un- ſerm Norimon faſt immer zuzuhalten.
Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zuruͤck. Nachdem wir durch Noſin, Kamirujammi, Moirino- ſta, Sono, Tjakuſi, Sutski, Ojiwaki, die anſehnli- che Stadt Jokaits, Tomida und Matsdera gekommen waren, trafen wir gegen Abend zu Kwana ein, wo wir in einem ſchoͤnen und bequemen Logis die Nacht zu- brachten. Bey Jokaits waren wir wieder an der Kuͤſte, in deren Naͤhe wir hernach faſt ganz hin bis Jedo blie- ben. Auf dieſem Wege aber hatten wir viele große und gefaͤhrliche Fluͤſſe zu paſſiren, uͤber welche man wegen ih- res ſtarken Anſchwellens in den Regenzeiten keine Bruͤ- cken hat anlegen koͤnnen, durch welche daher Reiter, Laſtthiere, Traͤger und Fußgaͤnger hindurch muͤſſen.
Nicht weit von Jokaits bekamen wir unterweges drey Bettelnonnen zu Geſellſchafterinnen. Bey jedem unſrer Norimon ging eine her, um von uns Hollaͤndern
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[84/0118]
Zweyte Abtheilung. Reiſe von Dezima
aus den umliegenden Gegenden angekommen, um ſich
gegen ihre chroniſchen Krankheiten von dem Hollaͤndi-
ſchen Arzte Rath und Medicin geben zu laſſen. Bey
vielen beſtand das Uebel entweder in Verhaͤrtung der
Druͤſen und offenen Krebsſchaͤden, oder in veneriſchen
Symptomen, die zu ſehr uͤberhand genommen hatten.
Gegen Abend kamen wir in die Landſchaft Iſi, und
zwar durch verſchiedne am Wege liegende, ſehr lange
und faſt an einander ſtoßende Doͤrfer nach der zu unſrer
Nacht-Herberge beſtimmten Stadt Seki. Die heutige
Reiſe war nicht weniger angenehm, als die geſtrige.
Denn auch dieſe Provinz iſt dicht bewohnt, fruchtbar
und volkreich. Nur ſchlimm, daß wir hier, ſo wie
uͤberall in den Doͤrfern, den Geruch des geſammelten
Urins und Unraths auszuſtehen hatten, der alles Ver-
gnuͤgen verbitterte, und uns zwang, die Fenſter in un-
ſerm Norimon faſt immer zuzuhalten.
Den Tag darauf legten wir zehn Meilen zuruͤck.
Nachdem wir durch Noſin, Kamirujammi, Moirino-
ſta, Sono, Tjakuſi, Sutski, Ojiwaki, die anſehnli-
che Stadt Jokaits, Tomida und Matsdera gekommen
waren, trafen wir gegen Abend zu Kwana ein, wo
wir in einem ſchoͤnen und bequemen Logis die Nacht zu-
brachten. Bey Jokaits waren wir wieder an der Kuͤſte,
in deren Naͤhe wir hernach faſt ganz hin bis Jedo blie-
ben. Auf dieſem Wege aber hatten wir viele große und
gefaͤhrliche Fluͤſſe zu paſſiren, uͤber welche man wegen ih-
res ſtarken Anſchwellens in den Regenzeiten keine Bruͤ-
cken hat anlegen koͤnnen, durch welche daher Reiter,
Laſtthiere, Traͤger und Fußgaͤnger hindurch muͤſſen.
Nicht weit von Jokaits bekamen wir unterweges
drey Bettelnonnen zu Geſellſchafterinnen. Bey jedem
unſrer Norimon ging eine her, um von uns Hollaͤndern
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 2. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1794, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen02_1794/118>, abgerufen am 22.11.2024.
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