zuzubringen. Am folgenden Morgen mußte ich von Amts wegen mich an Bord meines Schiffes begeben. Der Patient war bereits verbunden, ohne daß man die Schlagader hatte finden und unterbinden können. Un- terdessen daß man Anstalt machte, das Bein abzuneh- men, kam der Befehl an, den Kerl nach Amsterdam ins Lazaret zu bringen.
Wir mußten noch vierzehn Tage auf günstigen Wind warten, ehe wir unter Segel gehen konnten. Während dieser Zeit benutzte ich die Gelegenheit, mir die Einrichtungen und Anstalten auf dem Schiffe, so- wohl die Gesunden, als die Kranken betreffend, be- kannt zu machen. Einige davon will ich jetzt beschreiben.
Jeder wählt sich einen Kameraden, dem er sich auf der Reise am meisten anzuvertrauen gedenkt. In An- sehung des Essens gilt die Verfügung, daß bey jedem Tische sieben Mann speisen, und ein sogenannter Back- meister bey jedem Tische die Aufsicht hat. Unter die Matrosen sowohl als die Soldaten, werden gedrechselte hölzerne Schalen und Schüsseln ausgetheilt, welche auf der See nicht so zerbrechlich, als irdenes oder steinernes Geschirr sind.
Da die Leute erst seit einer Woche auf dem Schiffe waren, glaubte ich bey meiner Ankunft keine Kranke vorzufinden. Mit Erstaunen aber wurde ich gewahr, daß schon mehrere krank geworden waren. Man sagte mir, die Anzahl der Kranken und Gestorbnen auf den Schiffen, die seit dem September im Texel lagen, sey sehr groß. Sie war dies auch wirklich in dem Grade, daß, als wir hernach mit gutem Winde absegelten, ver- schiedne Schiffe, wegen Mangels an gesunder Mann- schaft, auf Verstärkung warten mußten, ob sie gleich mit mehr als dreyhundert Mann waren besetzt worden. Den
Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
zuzubringen. Am folgenden Morgen mußte ich von Amts wegen mich an Bord meines Schiffes begeben. Der Patient war bereits verbunden, ohne daß man die Schlagader hatte finden und unterbinden koͤnnen. Un- terdeſſen daß man Anſtalt machte, das Bein abzuneh- men, kam der Befehl an, den Kerl nach Amſterdam ins Lazaret zu bringen.
Wir mußten noch vierzehn Tage auf guͤnſtigen Wind warten, ehe wir unter Segel gehen konnten. Waͤhrend dieſer Zeit benutzte ich die Gelegenheit, mir die Einrichtungen und Anſtalten auf dem Schiffe, ſo- wohl die Geſunden, als die Kranken betreffend, be- kannt zu machen. Einige davon will ich jetzt beſchreiben.
Jeder waͤhlt ſich einen Kameraden, dem er ſich auf der Reiſe am meiſten anzuvertrauen gedenkt. In An- ſehung des Eſſens gilt die Verfuͤgung, daß bey jedem Tiſche ſieben Mann ſpeiſen, und ein ſogenannter Back- meiſter bey jedem Tiſche die Aufſicht hat. Unter die Matroſen ſowohl als die Soldaten, werden gedrechſelte hoͤlzerne Schalen und Schuͤſſeln ausgetheilt, welche auf der See nicht ſo zerbrechlich, als irdenes oder ſteinernes Geſchirr ſind.
Da die Leute erſt ſeit einer Woche auf dem Schiffe waren, glaubte ich bey meiner Ankunft keine Kranke vorzufinden. Mit Erſtaunen aber wurde ich gewahr, daß ſchon mehrere krank geworden waren. Man ſagte mir, die Anzahl der Kranken und Geſtorbnen auf den Schiffen, die ſeit dem September im Texel lagen, ſey ſehr groß. Sie war dies auch wirklich in dem Grade, daß, als wir hernach mit gutem Winde abſegelten, ver- ſchiedne Schiffe, wegen Mangels an geſunder Mann- ſchaft, auf Verſtaͤrkung warten mußten, ob ſie gleich mit mehr als dreyhundert Mann waren beſetzt worden. Den
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Erſte Abtheilung. Sechster Abſchnitt.
zuzubringen. Am folgenden Morgen mußte ich von
Amts wegen mich an Bord meines Schiffes begeben.
Der Patient war bereits verbunden, ohne daß man die
Schlagader hatte finden und unterbinden koͤnnen. Un-
terdeſſen daß man Anſtalt machte, das Bein abzuneh-
men, kam der Befehl an, den Kerl nach Amſterdam
ins Lazaret zu bringen.
Wir mußten noch vierzehn Tage auf guͤnſtigen
Wind warten, ehe wir unter Segel gehen konnten.
Waͤhrend dieſer Zeit benutzte ich die Gelegenheit, mir
die Einrichtungen und Anſtalten auf dem Schiffe, ſo-
wohl die Geſunden, als die Kranken betreffend, be-
kannt zu machen. Einige davon will ich jetzt beſchreiben.
Jeder waͤhlt ſich einen Kameraden, dem er ſich auf
der Reiſe am meiſten anzuvertrauen gedenkt. In An-
ſehung des Eſſens gilt die Verfuͤgung, daß bey jedem
Tiſche ſieben Mann ſpeiſen, und ein ſogenannter Back-
meiſter bey jedem Tiſche die Aufſicht hat. Unter die
Matroſen ſowohl als die Soldaten, werden gedrechſelte
hoͤlzerne Schalen und Schuͤſſeln ausgetheilt, welche auf
der See nicht ſo zerbrechlich, als irdenes oder ſteinernes
Geſchirr ſind.
Da die Leute erſt ſeit einer Woche auf dem Schiffe
waren, glaubte ich bey meiner Ankunft keine Kranke
vorzufinden. Mit Erſtaunen aber wurde ich gewahr,
daß ſchon mehrere krank geworden waren. Man ſagte
mir, die Anzahl der Kranken und Geſtorbnen auf den
Schiffen, die ſeit dem September im Texel lagen, ſey
ſehr groß. Sie war dies auch wirklich in dem Grade,
daß, als wir hernach mit gutem Winde abſegelten, ver-
ſchiedne Schiffe, wegen Mangels an geſunder Mann-
ſchaft, auf Verſtaͤrkung warten mußten, ob ſie gleich mit
mehr als dreyhundert Mann waren beſetzt worden. Den
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/98>, abgerufen am 25.11.2024.
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