Thiere im Blaauwe Jan, nebst mehreren Merkwürdig- keiten. Blaauwe Jan heißt ein gewisses Bürgerhaus, wo Wein geschenkt wird, und verschiedne, sowohl vier- füßige Thiere als Vögel, manchmahl sehr seltne, aus beyden Indien und Afrika, in Behältnissen und Bauern verwahrt, und öffentlich gezeigt werden. Diese Thiere locken eine Menge Leute herbey und befördern dadurch den Absatz des Weins; denn die Zuschauer werden alle- zeit genöthigt, eine oder mehrere Bouteillen theuern Wein zu nehmen, bekommen dagegen die Thiere um- sonst zu sehen. -- Des Morgens besuchte ich auch fleißig die Hospitäler.
Unter den neuen Bekanntschaften, welche ich in dieser Zeit stiftete, sind mir besonders die Herren Klein- hof und Schelling wichtig. Jener hatte sich drey Jahr in Westindien und ein und zwanzig Jahr zu Batavia aufgehalten. Er wohnte jetzt zwey Tagreisen von Am- sterdam, lebte von seinen Zinsen, und theilte mir ver- schiedne Nachrichten, Indien betreffend, mit. Der letztere ist lange in Amerika gewesen, und war jetzt im Begriff, als Aufseher über die Lazarete wieder dahin zu gehen. Unter andern erzählte er, die Krankheit, welche bey den Amerikanern herrscht, und Jassi *) heißt, sey in Europa unbekannt; es sey eine schmerzhafte, chroni- sche und mit Ausschlag verbundne Krankheit; man em- pfinde dabey ein Stechen in der Haut, wie von Nadeln; sie werde mit Quecksilber geheilt. Der Aussatz, sagt er, sey in Amerika sehr gänge, er fange wie ein kleiner Fleck an, der sich hernach ausbreite, und bisweilen über die ganze Haut erstrecke; dieser Fleck sey ohne alles Ge- fühl, so daß man es nicht einmahl empfinde, wenn mit
einer
*) Soll vermuthlich Yaws heißen. F.
Erſte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.
Thiere im Blaauwe Jan, nebſt mehreren Merkwuͤrdig- keiten. Blaauwe Jan heißt ein gewiſſes Buͤrgerhaus, wo Wein geſchenkt wird, und verſchiedne, ſowohl vier- fuͤßige Thiere als Voͤgel, manchmahl ſehr ſeltne, aus beyden Indien und Afrika, in Behaͤltniſſen und Bauern verwahrt, und oͤffentlich gezeigt werden. Dieſe Thiere locken eine Menge Leute herbey und befoͤrdern dadurch den Abſatz des Weins; denn die Zuſchauer werden alle- zeit genoͤthigt, eine oder mehrere Bouteillen theuern Wein zu nehmen, bekommen dagegen die Thiere um- ſonſt zu ſehen. — Des Morgens beſuchte ich auch fleißig die Hoſpitaͤler.
Unter den neuen Bekanntſchaften, welche ich in dieſer Zeit ſtiftete, ſind mir beſonders die Herren Klein- hof und Schelling wichtig. Jener hatte ſich drey Jahr in Weſtindien und ein und zwanzig Jahr zu Batavia aufgehalten. Er wohnte jetzt zwey Tagreiſen von Am- ſterdam, lebte von ſeinen Zinſen, und theilte mir ver- ſchiedne Nachrichten, Indien betreffend, mit. Der letztere iſt lange in Amerika geweſen, und war jetzt im Begriff, als Aufſeher uͤber die Lazarete wieder dahin zu gehen. Unter andern erzaͤhlte er, die Krankheit, welche bey den Amerikanern herrſcht, und Jaſſi *) heißt, ſey in Europa unbekannt; es ſey eine ſchmerzhafte, chroni- ſche und mit Ausſchlag verbundne Krankheit; man em- pfinde dabey ein Stechen in der Haut, wie von Nadeln; ſie werde mit Queckſilber geheilt. Der Ausſatz, ſagt er, ſey in Amerika ſehr gaͤnge, er fange wie ein kleiner Fleck an, der ſich hernach ausbreite, und bisweilen uͤber die ganze Haut erſtrecke; dieſer Fleck ſey ohne alles Ge- fuͤhl, ſo daß man es nicht einmahl empfinde, wenn mit
einer
*) Soll vermuthlich Yaws heißen. F.
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Erſte Abtheilung. Fuͤnfter Abſchnitt.
Thiere im Blaauwe Jan, nebſt mehreren Merkwuͤrdig-
keiten. Blaauwe Jan heißt ein gewiſſes Buͤrgerhaus,
wo Wein geſchenkt wird, und verſchiedne, ſowohl vier-
fuͤßige Thiere als Voͤgel, manchmahl ſehr ſeltne, aus
beyden Indien und Afrika, in Behaͤltniſſen und Bauern
verwahrt, und oͤffentlich gezeigt werden. Dieſe Thiere
locken eine Menge Leute herbey und befoͤrdern dadurch
den Abſatz des Weins; denn die Zuſchauer werden alle-
zeit genoͤthigt, eine oder mehrere Bouteillen theuern
Wein zu nehmen, bekommen dagegen die Thiere um-
ſonſt zu ſehen. — Des Morgens beſuchte ich auch
fleißig die Hoſpitaͤler.
Unter den neuen Bekanntſchaften, welche ich in
dieſer Zeit ſtiftete, ſind mir beſonders die Herren Klein-
hof und Schelling wichtig. Jener hatte ſich drey Jahr
in Weſtindien und ein und zwanzig Jahr zu Batavia
aufgehalten. Er wohnte jetzt zwey Tagreiſen von Am-
ſterdam, lebte von ſeinen Zinſen, und theilte mir ver-
ſchiedne Nachrichten, Indien betreffend, mit. Der
letztere iſt lange in Amerika geweſen, und war jetzt im
Begriff, als Aufſeher uͤber die Lazarete wieder dahin zu
gehen. Unter andern erzaͤhlte er, die Krankheit, welche
bey den Amerikanern herrſcht, und Jaſſi *) heißt, ſey
in Europa unbekannt; es ſey eine ſchmerzhafte, chroni-
ſche und mit Ausſchlag verbundne Krankheit; man em-
pfinde dabey ein Stechen in der Haut, wie von Nadeln;
ſie werde mit Queckſilber geheilt. Der Ausſatz, ſagt
er, ſey in Amerika ſehr gaͤnge, er fange wie ein kleiner
Fleck an, der ſich hernach ausbreite, und bisweilen uͤber
die ganze Haut erſtrecke; dieſer Fleck ſey ohne alles Ge-
fuͤhl, ſo daß man es nicht einmahl empfinde, wenn mit
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*) Soll vermuthlich Yaws heißen. F.
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/92>, abgerufen am 16.02.2025.
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