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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Sechste Abtheilung. Zweyter Abschnitt.
auswärtig verführt zu werden, färbt er sich vom Holze,
und wird der braune Arrak, der so häufig in Europa ver-
kauft, und zum Punsch gebraucht wird.

Die Hitze des hiesigen Clima bringt bey den hieher
kommenden Europäern die Wirkung hervor, daß sie mit der
Zeit träger, unthätiger und weniger munter, als in kal-
ten Ländern, werden, und der fleißigste und arbeitsamste
verfällt hier nicht selten wider seinen Willen in Faulheit
und Müßiggang.

Eben diese hier beständig herrschende Hitze, in Ver-
bindung mit den feuchten Nebeln, die sich lange unten
in der Luft aufhalten, ohne sich zu vertheilen, trägt auch
viel dazu bey, das Land und besonders die Stadt selbst
sehr ungesund, und die Sterblichkeit so groß zu machen,
daß verschiedne die Stadt das Grab der Europäer nen-
nen. Ich muß aber auch gestehen, daß der von aller-
hand Sachen, die man, ohne daß die Polizey darauf
achtet, in den Fluß wirft, entstehende Gestank und die
eigne unbedachtsame Lebensordnung, welche die hiesigen
Europäer beobachten, ebenfalls sehr stark wirkende Ur-
sachen der jährlich so viele von ihnen wegraffenden Ver-
heerung sind. Die geringen Leute versehen es meisten-
theils durch Essen von Früchten und Gebrauch des
Arraks zur unrechten Zeit; und die Vornehmen bedienen
sich mehr, als in einem so heißen Erdstriche geschehen sollte,
nicht nur nahrhafter und starker Speisen, sondern auch
hitziger Getränke. Diese letzteren werden gewöhnlich von
Faulfiebern befallen, woran sie binnen drey Tagen, oft
schon innerhalb vier und zwanzig Stunden, sterben. Die
ersteren werden auch wohl von faulen Fiebern, noch häu-
figer aber von der rothen Ruhr getödtet; und von denen,
die durchkommen, behalten die meisten einen großen aus-
gespannten Unterleib, nebst Verstopfung in irgend einem

Sechste Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
auswaͤrtig verfuͤhrt zu werden, faͤrbt er ſich vom Holze,
und wird der braune Arrak, der ſo haͤufig in Europa ver-
kauft, und zum Punſch gebraucht wird.

Die Hitze des hieſigen Clima bringt bey den hieher
kommenden Europaͤern die Wirkung hervor, daß ſie mit der
Zeit traͤger, unthaͤtiger und weniger munter, als in kal-
ten Laͤndern, werden, und der fleißigſte und arbeitſamſte
verfaͤllt hier nicht ſelten wider ſeinen Willen in Faulheit
und Muͤßiggang.

Eben dieſe hier beſtaͤndig herrſchende Hitze, in Ver-
bindung mit den feuchten Nebeln, die ſich lange unten
in der Luft aufhalten, ohne ſich zu vertheilen, traͤgt auch
viel dazu bey, das Land und beſonders die Stadt ſelbſt
ſehr ungeſund, und die Sterblichkeit ſo groß zu machen,
daß verſchiedne die Stadt das Grab der Europaͤer nen-
nen. Ich muß aber auch geſtehen, daß der von aller-
hand Sachen, die man, ohne daß die Polizey darauf
achtet, in den Fluß wirft, entſtehende Geſtank und die
eigne unbedachtſame Lebensordnung, welche die hieſigen
Europaͤer beobachten, ebenfalls ſehr ſtark wirkende Ur-
ſachen der jaͤhrlich ſo viele von ihnen wegraffenden Ver-
heerung ſind. Die geringen Leute verſehen es meiſten-
theils durch Eſſen von Fruͤchten und Gebrauch des
Arraks zur unrechten Zeit; und die Vornehmen bedienen
ſich mehr, als in einem ſo heißen Erdſtriche geſchehen ſollte,
nicht nur nahrhafter und ſtarker Speiſen, ſondern auch
hitziger Getraͤnke. Dieſe letzteren werden gewoͤhnlich von
Faulfiebern befallen, woran ſie binnen drey Tagen, oft
ſchon innerhalb vier und zwanzig Stunden, ſterben. Die
erſteren werden auch wohl von faulen Fiebern, noch haͤu-
figer aber von der rothen Ruhr getoͤdtet; und von denen,
die durchkommen, behalten die meiſten einen großen aus-
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[210/0548] Sechste Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. auswaͤrtig verfuͤhrt zu werden, faͤrbt er ſich vom Holze, und wird der braune Arrak, der ſo haͤufig in Europa ver- kauft, und zum Punſch gebraucht wird. Die Hitze des hieſigen Clima bringt bey den hieher kommenden Europaͤern die Wirkung hervor, daß ſie mit der Zeit traͤger, unthaͤtiger und weniger munter, als in kal- ten Laͤndern, werden, und der fleißigſte und arbeitſamſte verfaͤllt hier nicht ſelten wider ſeinen Willen in Faulheit und Muͤßiggang. Eben dieſe hier beſtaͤndig herrſchende Hitze, in Ver- bindung mit den feuchten Nebeln, die ſich lange unten in der Luft aufhalten, ohne ſich zu vertheilen, traͤgt auch viel dazu bey, das Land und beſonders die Stadt ſelbſt ſehr ungeſund, und die Sterblichkeit ſo groß zu machen, daß verſchiedne die Stadt das Grab der Europaͤer nen- nen. Ich muß aber auch geſtehen, daß der von aller- hand Sachen, die man, ohne daß die Polizey darauf achtet, in den Fluß wirft, entſtehende Geſtank und die eigne unbedachtſame Lebensordnung, welche die hieſigen Europaͤer beobachten, ebenfalls ſehr ſtark wirkende Ur- ſachen der jaͤhrlich ſo viele von ihnen wegraffenden Ver- heerung ſind. Die geringen Leute verſehen es meiſten- theils durch Eſſen von Fruͤchten und Gebrauch des Arraks zur unrechten Zeit; und die Vornehmen bedienen ſich mehr, als in einem ſo heißen Erdſtriche geſchehen ſollte, nicht nur nahrhafter und ſtarker Speiſen, ſondern auch hitziger Getraͤnke. Dieſe letzteren werden gewoͤhnlich von Faulfiebern befallen, woran ſie binnen drey Tagen, oft ſchon innerhalb vier und zwanzig Stunden, ſterben. Die erſteren werden auch wohl von faulen Fiebern, noch haͤu- figer aber von der rothen Ruhr getoͤdtet; und von denen, die durchkommen, behalten die meiſten einen großen aus- geſpannten Unterleib, nebſt Verſtopfung in irgend einem

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/548>, abgerufen am 22.11.2024.