sie da auf diese Art ungestört bey einander. Gebrichts aber an Nahrung für ihr Vieh, oder stirbt jemand von ihnen, so zieht die ganze Dorfschaft anders wohin. So sind demnach die Hottentotten, eben so wie die Lappen und Araber, herumziehende Hirten. In einer Hütte wohnen einige zusammen, die denn freylich keinen andern Platz haben, als daß sie an der Wand herum ganz zusam- mengekrümmt liegen können.
Hausgeräth haben sie wenig oder nichts. Eben die Kleidung, welche einen Theil des Körpers bedeckt, dient ihnen auch zum Bette. Das Essen kochen sie in Wasser, und zwar in ledernen Schläuchen mit glühend gemachten Steinen; einige bedienen sich dazu doch aber auch irdener Töpfe. -- Die Milch verwahren sie in ledernen Säcken, Blasen von Thieren und Körben, die aus Rohr, und zwar so dicht, daß sie Wasser halten, geflochten sind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine steinerne oder hölzerne Tobakspfeife machen, nebst den Waffen, das übrige aus.
Hunde halten sie allein bloß zur Vertheidigung ihrer Viehherden, wenn sie auf der Weide sind. Diese Hunde sind sehr häßlich, aber doch muthig und dreist.
Fette Sachen sind das, was die Hottentotten am liebsten, und mit unglaublicher Wohllust und Begierde, genießen. Das Fett von Seekühen können sie beynahe wie Wasser trinken, und den Schwanz der Schafe, welcher ganz und gar aus lauter Fett besteht, ziehen sie allem andern vor. -- Berauschende Getränke lieben sie auch sehr. Aus gewissen Wurzeln und aus Honig verstehen sie einen Meth zu bereiten, der leicht und stark berauscht. Arrak und Branntwein trinken sie gern. Auf das Tobakrauchen sind sie sehr erpicht. Sie rau- chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermischt; wenn
nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe.
ſie da auf dieſe Art ungeſtoͤrt bey einander. Gebrichts aber an Nahrung fuͤr ihr Vieh, oder ſtirbt jemand von ihnen, ſo zieht die ganze Dorfſchaft anders wohin. So ſind demnach die Hottentotten, eben ſo wie die Lappen und Araber, herumziehende Hirten. In einer Huͤtte wohnen einige zuſammen, die denn freylich keinen andern Platz haben, als daß ſie an der Wand herum ganz zuſam- mengekruͤmmt liegen koͤnnen.
Hausgeraͤth haben ſie wenig oder nichts. Eben die Kleidung, welche einen Theil des Koͤrpers bedeckt, dient ihnen auch zum Bette. Das Eſſen kochen ſie in Waſſer, und zwar in ledernen Schlaͤuchen mit gluͤhend gemachten Steinen; einige bedienen ſich dazu doch aber auch irdener Toͤpfe. — Die Milch verwahren ſie in ledernen Saͤcken, Blaſen von Thieren und Koͤrben, die aus Rohr, und zwar ſo dicht, daß ſie Waſſer halten, geflochten ſind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine ſteinerne oder hoͤlzerne Tobakspfeife machen, nebſt den Waffen, das uͤbrige aus.
Hunde halten ſie allein bloß zur Vertheidigung ihrer Viehherden, wenn ſie auf der Weide ſind. Dieſe Hunde ſind ſehr haͤßlich, aber doch muthig und dreiſt.
Fette Sachen ſind das, was die Hottentotten am liebſten, und mit unglaublicher Wohlluſt und Begierde, genießen. Das Fett von Seekuͤhen koͤnnen ſie beynahe wie Waſſer trinken, und den Schwanz der Schafe, welcher ganz und gar aus lauter Fett beſteht, ziehen ſie allem andern vor. — Berauſchende Getraͤnke lieben ſie auch ſehr. Aus gewiſſen Wurzeln und aus Honig verſtehen ſie einen Meth zu bereiten, der leicht und ſtark berauſcht. Arrak und Branntwein trinken ſie gern. Auf das Tobakrauchen ſind ſie ſehr erpicht. Sie rau- chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermiſcht; wenn
<TEI><text><body><divn="2"><p><pbfacs="#f0503"n="165"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe.</hi></fw><lb/>ſie da auf dieſe Art ungeſtoͤrt bey einander. Gebrichts<lb/>
aber an Nahrung fuͤr ihr Vieh, oder ſtirbt jemand von<lb/>
ihnen, ſo zieht die ganze Dorfſchaft anders wohin. So<lb/>ſind demnach die Hottentotten, eben ſo wie die Lappen und<lb/>
Araber, herumziehende Hirten. In einer Huͤtte wohnen<lb/>
einige zuſammen, die denn freylich keinen andern Platz<lb/>
haben, als daß ſie an der Wand herum ganz zuſam-<lb/>
mengekruͤmmt liegen koͤnnen.</p><lb/><p>Hausgeraͤth haben ſie wenig oder nichts. Eben<lb/>
die Kleidung, welche einen Theil des Koͤrpers bedeckt,<lb/>
dient ihnen auch zum Bette. Das Eſſen kochen ſie in<lb/>
Waſſer, und zwar in ledernen Schlaͤuchen mit gluͤhend<lb/>
gemachten Steinen; einige bedienen ſich dazu doch aber<lb/>
auch irdener Toͤpfe. — Die Milch verwahren ſie in<lb/>
ledernen Saͤcken, Blaſen von Thieren und Koͤrben, die<lb/>
aus Rohr, und zwar ſo dicht, daß ſie Waſſer halten,<lb/>
geflochten ſind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine<lb/>ſteinerne oder hoͤlzerne Tobakspfeife machen, nebſt den<lb/>
Waffen, das uͤbrige aus.</p><lb/><p>Hunde halten ſie allein bloß zur Vertheidigung<lb/>
ihrer Viehherden, wenn ſie auf der Weide ſind. Dieſe<lb/>
Hunde ſind ſehr haͤßlich, aber doch muthig und dreiſt.</p><lb/><p>Fette Sachen ſind das, was die Hottentotten am<lb/>
liebſten, und mit unglaublicher Wohlluſt und Begierde,<lb/>
genießen. Das Fett von Seekuͤhen koͤnnen ſie beynahe<lb/>
wie Waſſer trinken, und den Schwanz der Schafe,<lb/>
welcher ganz und gar aus lauter Fett beſteht, ziehen ſie<lb/>
allem andern vor. — Berauſchende Getraͤnke lieben<lb/>ſie auch ſehr. Aus gewiſſen Wurzeln und aus Honig<lb/>
verſtehen ſie einen Meth zu bereiten, der leicht und ſtark<lb/>
berauſcht. Arrak und Branntwein trinken ſie gern.<lb/>
Auf das Tobakrauchen ſind ſie ſehr erpicht. Sie rau-<lb/>
chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermiſcht; wenn<lb/></p></div></body></text></TEI>
[165/0503]
nach der dritten Afrikaniſchen Reiſe.
ſie da auf dieſe Art ungeſtoͤrt bey einander. Gebrichts
aber an Nahrung fuͤr ihr Vieh, oder ſtirbt jemand von
ihnen, ſo zieht die ganze Dorfſchaft anders wohin. So
ſind demnach die Hottentotten, eben ſo wie die Lappen und
Araber, herumziehende Hirten. In einer Huͤtte wohnen
einige zuſammen, die denn freylich keinen andern Platz
haben, als daß ſie an der Wand herum ganz zuſam-
mengekruͤmmt liegen koͤnnen.
Hausgeraͤth haben ſie wenig oder nichts. Eben
die Kleidung, welche einen Theil des Koͤrpers bedeckt,
dient ihnen auch zum Bette. Das Eſſen kochen ſie in
Waſſer, und zwar in ledernen Schlaͤuchen mit gluͤhend
gemachten Steinen; einige bedienen ſich dazu doch aber
auch irdener Toͤpfe. — Die Milch verwahren ſie in
ledernen Saͤcken, Blaſen von Thieren und Koͤrben, die
aus Rohr, und zwar ſo dicht, daß ſie Waſſer halten,
geflochten ſind. Ein lederner Tobaksbeutel und eine
ſteinerne oder hoͤlzerne Tobakspfeife machen, nebſt den
Waffen, das uͤbrige aus.
Hunde halten ſie allein bloß zur Vertheidigung
ihrer Viehherden, wenn ſie auf der Weide ſind. Dieſe
Hunde ſind ſehr haͤßlich, aber doch muthig und dreiſt.
Fette Sachen ſind das, was die Hottentotten am
liebſten, und mit unglaublicher Wohlluſt und Begierde,
genießen. Das Fett von Seekuͤhen koͤnnen ſie beynahe
wie Waſſer trinken, und den Schwanz der Schafe,
welcher ganz und gar aus lauter Fett beſteht, ziehen ſie
allem andern vor. — Berauſchende Getraͤnke lieben
ſie auch ſehr. Aus gewiſſen Wurzeln und aus Honig
verſtehen ſie einen Meth zu bereiten, der leicht und ſtark
berauſcht. Arrak und Branntwein trinken ſie gern.
Auf das Tobakrauchen ſind ſie ſehr erpicht. Sie rau-
chen ihn theils allein, theils mit Hanf vermiſcht; wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/503>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.