Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Dritte Abtheilung. Zweyter Abschnitt. eine merkwürdige und dabey schreckliche Begebenheit.Diese ging aufs Feld, und wollte einen Löwen, der ihrem Vieh viel Schaden gethan hatte, und jetzt in der Nachbar- schaft desselben sich aufhielt, vertreiben. Allein der Löwe kam auf sie zugerannt, biß ihr sogleich einen Arm ab und fraß ihn auf. Hierauf fiel sie in eine Ohnmacht, und da fraß er ihr so gar den Kopf auf. Eine Hottentottische Dienst- magd wollte ihr zu Hülfe kommen, wurde aber auch von ihm aufgefressen. Die Kinder im Hause sahen durch die Ritzen der Hausthür dem entsetzlichen Schauspiele zu, gru- ben sich darauf durch die Erde unter der Wand hinten im Hause, und liefen zu dem nächsten Hofe. Von diesem gefährlichen Platze begaben wir uns Das Land ist hier eben und hat verschiedne nach Auch hier beschrieb man uns die so genannte Möhre Ferner ritten wir längs dem trocknen Flusse (Droo- Hierauf ging unsre Reise oberhalb der Rockenland- Thal,
Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. eine merkwuͤrdige und dabey ſchreckliche Begebenheit.Dieſe ging aufs Feld, und wollte einen Loͤwen, der ihrem Vieh viel Schaden gethan hatte, und jetzt in der Nachbar- ſchaft deſſelben ſich aufhielt, vertreiben. Allein der Loͤwe kam auf ſie zugerannt, biß ihr ſogleich einen Arm ab und fraß ihn auf. Hierauf fiel ſie in eine Ohnmacht, und da fraß er ihr ſo gar den Kopf auf. Eine Hottentottiſche Dienſt- magd wollte ihr zu Huͤlfe kommen, wurde aber auch von ihm aufgefreſſen. Die Kinder im Hauſe ſahen durch die Ritzen der Hausthuͤr dem entſetzlichen Schauſpiele zu, gru- ben ſich darauf durch die Erde unter der Wand hinten im Hauſe, und liefen zu dem naͤchſten Hofe. Von dieſem gefaͤhrlichen Platze begaben wir uns Das Land iſt hier eben und hat verſchiedne nach Auch hier beſchrieb man uns die ſo genannte Moͤhre Ferner ritten wir laͤngs dem trocknen Fluſſe (Droo- Hierauf ging unſre Reiſe oberhalb der Rockenland- Thal,
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0482" n="144"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.</hi></fw><lb/> eine merkwuͤrdige und dabey ſchreckliche Begebenheit.<lb/> Dieſe ging aufs Feld, und wollte einen Loͤwen, der ihrem<lb/> Vieh viel Schaden gethan hatte, und jetzt in der Nachbar-<lb/> ſchaft deſſelben ſich aufhielt, vertreiben. Allein der Loͤwe kam<lb/> auf ſie zugerannt, biß ihr ſogleich einen Arm ab und fraß<lb/> ihn auf. Hierauf fiel ſie in eine Ohnmacht, und da fraß<lb/> er ihr ſo gar den Kopf auf. Eine Hottentottiſche Dienſt-<lb/> magd wollte ihr zu Huͤlfe kommen, wurde aber auch von<lb/> ihm aufgefreſſen. Die Kinder im Hauſe ſahen durch die<lb/> Ritzen der Hausthuͤr dem entſetzlichen Schauſpiele zu, gru-<lb/> ben ſich darauf durch die Erde unter der Wand hinten im<lb/> Hauſe, und liefen zu dem naͤchſten Hofe.</p><lb/> <p>Von dieſem gefaͤhrlichen Platze begaben wir uns<lb/> nach <placeName>Daunis</placeName>, wo die Buſchmaͤnner die Wohnung ver-<lb/> brannt, und die ganze Kolonie zerſtoͤhrt haben, ſo<lb/> daß der Beſitzer mit ſeinen Leuten ſich anderswohin bege-<lb/> ben muͤſſen.</p><lb/> <p>Das Land iſt hier eben und hat verſchiedne nach<lb/> Nord-Oſt und Suͤd-Weſt fortlaufende Berge. Vor<lb/> uns lagen jetzt die <placeName>Rockenlandberge</placeName>.</p><lb/> <p>Auch hier beſchrieb man uns die ſo genannte Moͤhre<lb/> (<hi rendition="#aq">Moorwortel</hi>) als eine Wurzel, woraus mit einem Zu-<lb/> ſatze von Waſſer und Honig die Hottentotten ſich einen<lb/> berauſchenden Trank bereiten. Die Zeit, dieſelbe zu<lb/> ſammeln, iſt beſonders im November und December.</p><lb/> <p>Ferner ritten wir laͤngs dem <placeName>trocknen Fluſſe</placeName> (<hi rendition="#aq"><placeName>Droo-<lb/> ge-Rivier</placeName></hi>) hinauf, wo zwey Bauern, die uns nach-<lb/> kamen, erzaͤhlten, ſie haͤtten geſehen, daß geſtern ein<lb/> Loͤwe uns den ganzen Weg auf dem Fuße nachgegangen,<lb/> endlich aber bey dem Anblick einer Herde Schafe umge-<lb/> kehrt und auf dieſe zugerannt ſey.</p><lb/> <p>Hierauf ging unſre Reiſe oberhalb der <placeName>Rockenland-<lb/> berge</placeName> und laͤngs derſelben fort; von da weiter durch ein<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Thal,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [144/0482]
Dritte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
eine merkwuͤrdige und dabey ſchreckliche Begebenheit.
Dieſe ging aufs Feld, und wollte einen Loͤwen, der ihrem
Vieh viel Schaden gethan hatte, und jetzt in der Nachbar-
ſchaft deſſelben ſich aufhielt, vertreiben. Allein der Loͤwe kam
auf ſie zugerannt, biß ihr ſogleich einen Arm ab und fraß
ihn auf. Hierauf fiel ſie in eine Ohnmacht, und da fraß
er ihr ſo gar den Kopf auf. Eine Hottentottiſche Dienſt-
magd wollte ihr zu Huͤlfe kommen, wurde aber auch von
ihm aufgefreſſen. Die Kinder im Hauſe ſahen durch die
Ritzen der Hausthuͤr dem entſetzlichen Schauſpiele zu, gru-
ben ſich darauf durch die Erde unter der Wand hinten im
Hauſe, und liefen zu dem naͤchſten Hofe.
Von dieſem gefaͤhrlichen Platze begaben wir uns
nach Daunis, wo die Buſchmaͤnner die Wohnung ver-
brannt, und die ganze Kolonie zerſtoͤhrt haben, ſo
daß der Beſitzer mit ſeinen Leuten ſich anderswohin bege-
ben muͤſſen.
Das Land iſt hier eben und hat verſchiedne nach
Nord-Oſt und Suͤd-Weſt fortlaufende Berge. Vor
uns lagen jetzt die Rockenlandberge.
Auch hier beſchrieb man uns die ſo genannte Moͤhre
(Moorwortel) als eine Wurzel, woraus mit einem Zu-
ſatze von Waſſer und Honig die Hottentotten ſich einen
berauſchenden Trank bereiten. Die Zeit, dieſelbe zu
ſammeln, iſt beſonders im November und December.
Ferner ritten wir laͤngs dem trocknen Fluſſe (Droo-
ge-Rivier) hinauf, wo zwey Bauern, die uns nach-
kamen, erzaͤhlten, ſie haͤtten geſehen, daß geſtern ein
Loͤwe uns den ganzen Weg auf dem Fuße nachgegangen,
endlich aber bey dem Anblick einer Herde Schafe umge-
kehrt und auf dieſe zugerannt ſey.
Hierauf ging unſre Reiſe oberhalb der Rockenland-
berge und laͤngs derſelben fort; von da weiter durch ein
Thal,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |