Von nun an hatten wir dürre und öde Gegenden zu durchwandern. Wir versäumten deswegen nicht, uns hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und frischem Fleische zu versorgen, welches alles unsre brave Wirthin mit vielem Vergnügen für uns herbeyschaffte. Darauf ließen wir uns nebst unserm Gepäcke in einem kleinen Bote über den ziemlich breiten und an mehreren Stellen sehr tiefen Elefantenfluß setzen; unsre Ochsen aber ließen wir nebst dem Fuhrwerke schwimmend übertreiben. Das Ufer dieses Flusses schmückt zu beyden Seiten ein schöner Wald von verschiednen Arten Bäumen, haupt- sächlich von der Nilsinnpflanze (Mimosa Nilotica). Her- nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg, dessen erste und größte etwas auslaufende Ecke die Wind- ecke oder der Windberg (Wind-Hoek), und die andre Maskamma heißt.
Darauf kamen wir zu einem, dem Kolonisten Ras gehörigen Viehhofe, der den Nahmen Trutru führt. Hier fand ich auf kleinen Hügeln die so genannte Wassermelone der Hottentotten, nach der ich mich lange vergeblich umgesehen hatte. Diese Wurzel ist bey- nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewöhnlichen Härte einer Rübe. Sie hält über eine Viertelelle im Durchmesser, schmeckt angenehm und löscht den Durst. Die Hottentotten essen sie gern. Die Blume war noch nicht weit aufgebrochen; so viel ich aber sehen konnte, gehört das Gewächs zu der Ordnung der so genannten Contortae, nahmentlich zu dem Geschlechte des Leuchters (Ceropegia) oder der Schlingen (Periploca).
Wasser fanden wir zwar wohl hie und da in den Klüften und Gründen der Berge, bisweilen auch unten an den Bergen; das Land selbst aber ist hier durchgän- gig so mager und dürr, daß man gar keine Güter und
Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
Von nun an hatten wir duͤrre und oͤde Gegenden zu durchwandern. Wir verſaͤumten deswegen nicht, uns hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und friſchem Fleiſche zu verſorgen, welches alles unſre brave Wirthin mit vielem Vergnuͤgen fuͤr uns herbeyſchaffte. Darauf ließen wir uns nebſt unſerm Gepaͤcke in einem kleinen Bote uͤber den ziemlich breiten und an mehreren Stellen ſehr tiefen Elefantenfluß ſetzen; unſre Ochſen aber ließen wir nebſt dem Fuhrwerke ſchwimmend uͤbertreiben. Das Ufer dieſes Fluſſes ſchmuͤckt zu beyden Seiten ein ſchoͤner Wald von verſchiednen Arten Baͤumen, haupt- ſaͤchlich von der Nilſinnpflanze (Mimoſa Nilotica). Her- nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg, deſſen erſte und groͤßte etwas auslaufende Ecke die Wind- ecke oder der Windberg (Wind-Hoek), und die andre Maskamma heißt.
Darauf kamen wir zu einem, dem Koloniſten Ras gehoͤrigen Viehhofe, der den Nahmen Trutru fuͤhrt. Hier fand ich auf kleinen Huͤgeln die ſo genannte Waſſermelone der Hottentotten, nach der ich mich lange vergeblich umgeſehen hatte. Dieſe Wurzel iſt bey- nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewoͤhnlichen Haͤrte einer Ruͤbe. Sie haͤlt uͤber eine Viertelelle im Durchmeſſer, ſchmeckt angenehm und loͤſcht den Durſt. Die Hottentotten eſſen ſie gern. Die Blume war noch nicht weit aufgebrochen; ſo viel ich aber ſehen konnte, gehoͤrt das Gewaͤchs zu der Ordnung der ſo genannten Contortae, nahmentlich zu dem Geſchlechte des Leuchters (Ceropegia) oder der Schlingen (Periploca).
Waſſer fanden wir zwar wohl hie und da in den Kluͤften und Gruͤnden der Berge, bisweilen auch unten an den Bergen; das Land ſelbſt aber iſt hier durchgaͤn- gig ſo mager und duͤrr, daß man gar keine Guͤter und
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0468"n="130"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.</hi></fw><lb/><p>Von nun an hatten wir duͤrre und oͤde Gegenden<lb/>
zu durchwandern. Wir verſaͤumten deswegen nicht, uns<lb/>
hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und<lb/>
friſchem Fleiſche zu verſorgen, welches alles unſre brave<lb/>
Wirthin mit vielem Vergnuͤgen fuͤr uns herbeyſchaffte.<lb/>
Darauf ließen wir uns nebſt unſerm Gepaͤcke in einem<lb/>
kleinen Bote uͤber den ziemlich breiten und an mehreren<lb/>
Stellen ſehr tiefen <placeName>Elefantenfluß</placeName>ſetzen; unſre Ochſen aber<lb/>
ließen wir nebſt dem Fuhrwerke ſchwimmend uͤbertreiben.<lb/>
Das Ufer dieſes Fluſſes ſchmuͤckt zu beyden Seiten ein<lb/>ſchoͤner Wald von verſchiednen Arten Baͤumen, haupt-<lb/>ſaͤchlich von der Nilſinnpflanze (<hirendition="#aq">Mimoſa Nilotica</hi>). Her-<lb/>
nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg,<lb/>
deſſen erſte und groͤßte etwas auslaufende Ecke die <placeName>Wind-<lb/>
ecke</placeName> oder der <placeName>Windberg</placeName> (<hirendition="#aq"><placeName>Wind-Hoek</placeName></hi>), und die andre<lb/><placeName>Maskamma</placeName> heißt.</p><lb/><p>Darauf kamen wir zu einem, dem Koloniſten <persName>Ras</persName><lb/>
gehoͤrigen Viehhofe, der den Nahmen <placeName>Trutru</placeName> fuͤhrt.<lb/>
Hier fand ich auf kleinen Huͤgeln die ſo genannte<lb/>
Waſſermelone der Hottentotten, nach der ich mich<lb/>
lange vergeblich umgeſehen hatte. Dieſe Wurzel iſt bey-<lb/>
nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewoͤhnlichen<lb/>
Haͤrte einer Ruͤbe. Sie haͤlt uͤber eine Viertelelle im<lb/>
Durchmeſſer, ſchmeckt angenehm und loͤſcht den Durſt.<lb/>
Die Hottentotten eſſen ſie gern. Die Blume war noch<lb/>
nicht weit aufgebrochen; ſo viel ich aber ſehen konnte,<lb/>
gehoͤrt das Gewaͤchs zu der Ordnung der ſo genannten<lb/><hirendition="#aq">Contortae,</hi> nahmentlich zu dem Geſchlechte des Leuchters<lb/>
(<hirendition="#aq">Ceropegia</hi>) oder der Schlingen (<hirendition="#aq">Periploca</hi>).</p><lb/><p>Waſſer fanden wir zwar wohl hie und da in den<lb/>
Kluͤften und Gruͤnden der Berge, bisweilen auch unten<lb/>
an den Bergen; das Land ſelbſt aber iſt hier durchgaͤn-<lb/>
gig ſo mager und duͤrr, daß man gar keine Guͤter und<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[130/0468]
Dritte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
Von nun an hatten wir duͤrre und oͤde Gegenden
zu durchwandern. Wir verſaͤumten deswegen nicht, uns
hier mit Proviant, als Zwieback, Brot, Butter und
friſchem Fleiſche zu verſorgen, welches alles unſre brave
Wirthin mit vielem Vergnuͤgen fuͤr uns herbeyſchaffte.
Darauf ließen wir uns nebſt unſerm Gepaͤcke in einem
kleinen Bote uͤber den ziemlich breiten und an mehreren
Stellen ſehr tiefen Elefantenfluß ſetzen; unſre Ochſen aber
ließen wir nebſt dem Fuhrwerke ſchwimmend uͤbertreiben.
Das Ufer dieſes Fluſſes ſchmuͤckt zu beyden Seiten ein
ſchoͤner Wald von verſchiednen Arten Baͤumen, haupt-
ſaͤchlich von der Nilſinnpflanze (Mimoſa Nilotica). Her-
nach ritten wir unterhalb des Endes des Gebirges weg,
deſſen erſte und groͤßte etwas auslaufende Ecke die Wind-
ecke oder der Windberg (Wind-Hoek), und die andre
Maskamma heißt.
Darauf kamen wir zu einem, dem Koloniſten Ras
gehoͤrigen Viehhofe, der den Nahmen Trutru fuͤhrt.
Hier fand ich auf kleinen Huͤgeln die ſo genannte
Waſſermelone der Hottentotten, nach der ich mich
lange vergeblich umgeſehen hatte. Dieſe Wurzel iſt bey-
nahe kugelrund, etwas gelblich und von der gewoͤhnlichen
Haͤrte einer Ruͤbe. Sie haͤlt uͤber eine Viertelelle im
Durchmeſſer, ſchmeckt angenehm und loͤſcht den Durſt.
Die Hottentotten eſſen ſie gern. Die Blume war noch
nicht weit aufgebrochen; ſo viel ich aber ſehen konnte,
gehoͤrt das Gewaͤchs zu der Ordnung der ſo genannten
Contortae, nahmentlich zu dem Geſchlechte des Leuchters
(Ceropegia) oder der Schlingen (Periploca).
Waſſer fanden wir zwar wohl hie und da in den
Kluͤften und Gruͤnden der Berge, bisweilen auch unten
an den Bergen; das Land ſelbſt aber iſt hier durchgaͤn-
gig ſo mager und duͤrr, daß man gar keine Guͤter und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/468>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.