Erdarten, als von den meisten Steinarten dieses Landes habe ich mit nach Schweden gebracht, und dem akade- mischen Mineralien Cabinette zu Upsala einverleibt.
Auch fand ich auf diesem Wege ein seltnes Ge- wächs, wonach ich schon lange gesucht hatte, nämlich den Royenischen Kodon (Codon Royeni), und doch sah ich nur einen einzigen Busch davon, den ich aber niemahls werde vergessen können. Der Tag war einer der heiße- sten, und die Hitze so unerträglich, daß wir besorgten, unser Vieh möchte ganz verschmachten und sterben. Von dieser unausstehlichen und quälenden Hitze waren unsre Körper gleichsam ganz aufgeschwollen, und die Schweiß- löcher in höchstem Grade geöffnet. Der Busch, welchen wir antrafen, war überall mit weißen, zerbrechlichen und durchsichtigen Stacheln bedeckt, woran ich und mein Reisegefährte, als wir hinzu liefen, und wetteiferten, mit bloßen Händen, die meisten Blumen abzupflücken, uns die Hände so verwundeten, daß wir mehrere Tage Schmerz und Unbequemlichkeit davon hatten.
Endlich kamen wir denn ganz abgemattet auf der Herrenherberge an. Diese besteht aus einem Thale zwi- schen Bergen mit einer ziemlich hohen Anhöhe, über wel- che man fahren muß, um in eine andere Gegend zu kommen, die ebenfalls nicht sehr fruchtbar ist. Es ist wirklich ein sehr angenehmer Ort, mit etwas Holzung und einem Bache süßen Wassers. Den Nahmen hat diese Stelle davon, daß auf der einen Seite des Berges bey- nahe ganz zur Linken eine sehr große Vertiefung, wie ein Saal ist, der durch zwey verwitterte und ausgefallne Felsstücken gebildet worden. Ich kletterte hinauf und fand an den Seitenwänden die Nahmen verschiedner Rei- senden. Neben dieser Höhle ist eine andre gewölbte, aber etwas kleinere Vertiefung. In jener größern ist eine
Reiſe von Cap nach dem Bocklande.
Erdarten, als von den meiſten Steinarten dieſes Landes habe ich mit nach Schweden gebracht, und dem akade- miſchen Mineralien Cabinette zu Upſala einverleibt.
Auch fand ich auf dieſem Wege ein ſeltnes Ge- waͤchs, wonach ich ſchon lange geſucht hatte, naͤmlich den Royeniſchen Kodon (Codon Royeni), und doch ſah ich nur einen einzigen Buſch davon, den ich aber niemahls werde vergeſſen koͤnnen. Der Tag war einer der heiße- ſten, und die Hitze ſo unertraͤglich, daß wir beſorgten, unſer Vieh moͤchte ganz verſchmachten und ſterben. Von dieſer unausſtehlichen und quaͤlenden Hitze waren unſre Koͤrper gleichſam ganz aufgeſchwollen, und die Schweiß- loͤcher in hoͤchſtem Grade geoͤffnet. Der Buſch, welchen wir antrafen, war uͤberall mit weißen, zerbrechlichen und durchſichtigen Stacheln bedeckt, woran ich und mein Reiſegefaͤhrte, als wir hinzu liefen, und wetteiferten, mit bloßen Haͤnden, die meiſten Blumen abzupfluͤcken, uns die Haͤnde ſo verwundeten, daß wir mehrere Tage Schmerz und Unbequemlichkeit davon hatten.
Endlich kamen wir denn ganz abgemattet auf der Herrenherberge an. Dieſe beſteht aus einem Thale zwi- ſchen Bergen mit einer ziemlich hohen Anhoͤhe, uͤber wel- che man fahren muß, um in eine andere Gegend zu kommen, die ebenfalls nicht ſehr fruchtbar iſt. Es iſt wirklich ein ſehr angenehmer Ort, mit etwas Holzung und einem Bache ſuͤßen Waſſers. Den Nahmen hat dieſe Stelle davon, daß auf der einen Seite des Berges bey- nahe ganz zur Linken eine ſehr große Vertiefung, wie ein Saal iſt, der durch zwey verwitterte und ausgefallne Felsſtuͤcken gebildet worden. Ich kletterte hinauf und fand an den Seitenwaͤnden die Nahmen verſchiedner Rei- ſenden. Neben dieſer Hoͤhle iſt eine andre gewoͤlbte, aber etwas kleinere Vertiefung. In jener groͤßern iſt eine
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Reiſe von Cap nach dem Bocklande.
Erdarten, als von den meiſten Steinarten dieſes Landes
habe ich mit nach Schweden gebracht, und dem akade-
miſchen Mineralien Cabinette zu Upſala einverleibt.
Auch fand ich auf dieſem Wege ein ſeltnes Ge-
waͤchs, wonach ich ſchon lange geſucht hatte, naͤmlich
den Royeniſchen Kodon (Codon Royeni), und doch ſah
ich nur einen einzigen Buſch davon, den ich aber niemahls
werde vergeſſen koͤnnen. Der Tag war einer der heiße-
ſten, und die Hitze ſo unertraͤglich, daß wir beſorgten,
unſer Vieh moͤchte ganz verſchmachten und ſterben. Von
dieſer unausſtehlichen und quaͤlenden Hitze waren unſre
Koͤrper gleichſam ganz aufgeſchwollen, und die Schweiß-
loͤcher in hoͤchſtem Grade geoͤffnet. Der Buſch, welchen
wir antrafen, war uͤberall mit weißen, zerbrechlichen
und durchſichtigen Stacheln bedeckt, woran ich und mein
Reiſegefaͤhrte, als wir hinzu liefen, und wetteiferten,
mit bloßen Haͤnden, die meiſten Blumen abzupfluͤcken,
uns die Haͤnde ſo verwundeten, daß wir mehrere Tage
Schmerz und Unbequemlichkeit davon hatten.
Endlich kamen wir denn ganz abgemattet auf der
Herrenherberge an. Dieſe beſteht aus einem Thale zwi-
ſchen Bergen mit einer ziemlich hohen Anhoͤhe, uͤber wel-
che man fahren muß, um in eine andere Gegend zu
kommen, die ebenfalls nicht ſehr fruchtbar iſt. Es iſt
wirklich ein ſehr angenehmer Ort, mit etwas Holzung und
einem Bache ſuͤßen Waſſers. Den Nahmen hat dieſe
Stelle davon, daß auf der einen Seite des Berges bey-
nahe ganz zur Linken eine ſehr große Vertiefung, wie ein
Saal iſt, der durch zwey verwitterte und ausgefallne
Felsſtuͤcken gebildet worden. Ich kletterte hinauf und
fand an den Seitenwaͤnden die Nahmen verſchiedner Rei-
ſenden. Neben dieſer Hoͤhle iſt eine andre gewoͤlbte, aber
etwas kleinere Vertiefung. In jener groͤßern iſt eine
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/465>, abgerufen am 22.11.2024.
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