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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Rückreise v. Sonntagsflusse nach der Capstadt.
Trifft man auch unterweges Hottentotten, denen die
Gegend bekannt ist, so bekommt man von ihnen doch
nicht leicht Nachricht. Denn wenn sie wissen, wo ein
Ort mit etwas Wasser vorhanden ist, so halten sie ihn
geheim, um sich dabey versteckt aufhalten zu können, wenn
sie es einmahl nöthig finden sollten, aus dem Dienste zu
laufen. Gras ist in dieser Sandwüste auch fast gar
nicht anzutreffen; die Pferde finden also kaum so viel,
als sie zur Stillung des Hungers gebrauchen, und die
Ochsen müssen salziges Wasser und die nach Salz schme-
ckenden Blätter der dasigen Sträuche und Gebüsche für-
lieb nehmen. Sieht man am Tage, wenn die Sonnen-
hitze stark ist, auf eine solche ebene und dürre Haide hin, so
glaubt man ein Schwanken oder Beben der Luft zu sehen,
ungefähr so, als wenn man die Bewegung einer brennen-
den Flamme sieht. Die Hottentotten, welche diese trock-
nen Wüsten öfter, als die Kolonisten, durchwandern,
kennen und gebrauchen verschiedne Mittel, nicht nur den
Hunger, sondern auch hauptsächlich den Durst zu stillen.
Außer dem oben schon angeführten Gewächse, das sie
Kon oder Guena nennen, bedienen sie sich auch zwey an-
drer: das eine heißt bey ihnen Kameka oder Barup, das
andre Ku; beyde haben große und saftige Wurzeln. Ue-
berhaupt sind Gewächse, sowohl Kräuter als Sträuche,
in diesem Karrolande etwas sehr seltnes. Und von den
wenigen, die da noch sind, ist es kaum zu begreifen,
wie sie sich unter diesem brennenden Himmelsstriche im blo-
ßen Sande ernähren können, da wenigstens acht Mona-
the hindurch nicht ein Tropfen Regen fällt. Ihren Stäm-
men und Zweigen sieht man es auch an, daß sie kümmer-
lich fortkommen und beynahe ganz vertrocknet sind; die
Blätter hingegen sind, welches man fast nicht glauben
sollte, sehr dick und mit salzartigem Safte angefüllt, und

Ruͤckreiſe v. Sonntagsfluſſe nach der Capſtadt.
Trifft man auch unterweges Hottentotten, denen die
Gegend bekannt iſt, ſo bekommt man von ihnen doch
nicht leicht Nachricht. Denn wenn ſie wiſſen, wo ein
Ort mit etwas Waſſer vorhanden iſt, ſo halten ſie ihn
geheim, um ſich dabey verſteckt aufhalten zu koͤnnen, wenn
ſie es einmahl noͤthig finden ſollten, aus dem Dienſte zu
laufen. Gras iſt in dieſer Sandwuͤſte auch faſt gar
nicht anzutreffen; die Pferde finden alſo kaum ſo viel,
als ſie zur Stillung des Hungers gebrauchen, und die
Ochſen muͤſſen ſalziges Waſſer und die nach Salz ſchme-
ckenden Blaͤtter der daſigen Straͤuche und Gebuͤſche fuͤr-
lieb nehmen. Sieht man am Tage, wenn die Sonnen-
hitze ſtark iſt, auf eine ſolche ebene und duͤrre Haide hin, ſo
glaubt man ein Schwanken oder Beben der Luft zu ſehen,
ungefaͤhr ſo, als wenn man die Bewegung einer brennen-
den Flamme ſieht. Die Hottentotten, welche dieſe trock-
nen Wuͤſten oͤfter, als die Koloniſten, durchwandern,
kennen und gebrauchen verſchiedne Mittel, nicht nur den
Hunger, ſondern auch hauptſaͤchlich den Durſt zu ſtillen.
Außer dem oben ſchon angefuͤhrten Gewaͤchſe, das ſie
Kon oder Guena nennen, bedienen ſie ſich auch zwey an-
drer: das eine heißt bey ihnen Kameka oder Barup, das
andre Ku; beyde haben große und ſaftige Wurzeln. Ue-
berhaupt ſind Gewaͤchſe, ſowohl Kraͤuter als Straͤuche,
in dieſem Karrolande etwas ſehr ſeltnes. Und von den
wenigen, die da noch ſind, iſt es kaum zu begreifen,
wie ſie ſich unter dieſem brennenden Himmelsſtriche im blo-
ßen Sande ernaͤhren koͤnnen, da wenigſtens acht Mona-
the hindurch nicht ein Tropfen Regen faͤllt. Ihren Staͤm-
men und Zweigen ſieht man es auch an, daß ſie kuͤmmer-
lich fortkommen und beynahe ganz vertrocknet ſind; die
Blaͤtter hingegen ſind, welches man faſt nicht glauben
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[89/0427] Ruͤckreiſe v. Sonntagsfluſſe nach der Capſtadt. Trifft man auch unterweges Hottentotten, denen die Gegend bekannt iſt, ſo bekommt man von ihnen doch nicht leicht Nachricht. Denn wenn ſie wiſſen, wo ein Ort mit etwas Waſſer vorhanden iſt, ſo halten ſie ihn geheim, um ſich dabey verſteckt aufhalten zu koͤnnen, wenn ſie es einmahl noͤthig finden ſollten, aus dem Dienſte zu laufen. Gras iſt in dieſer Sandwuͤſte auch faſt gar nicht anzutreffen; die Pferde finden alſo kaum ſo viel, als ſie zur Stillung des Hungers gebrauchen, und die Ochſen muͤſſen ſalziges Waſſer und die nach Salz ſchme- ckenden Blaͤtter der daſigen Straͤuche und Gebuͤſche fuͤr- lieb nehmen. Sieht man am Tage, wenn die Sonnen- hitze ſtark iſt, auf eine ſolche ebene und duͤrre Haide hin, ſo glaubt man ein Schwanken oder Beben der Luft zu ſehen, ungefaͤhr ſo, als wenn man die Bewegung einer brennen- den Flamme ſieht. Die Hottentotten, welche dieſe trock- nen Wuͤſten oͤfter, als die Koloniſten, durchwandern, kennen und gebrauchen verſchiedne Mittel, nicht nur den Hunger, ſondern auch hauptſaͤchlich den Durſt zu ſtillen. Außer dem oben ſchon angefuͤhrten Gewaͤchſe, das ſie Kon oder Guena nennen, bedienen ſie ſich auch zwey an- drer: das eine heißt bey ihnen Kameka oder Barup, das andre Ku; beyde haben große und ſaftige Wurzeln. Ue- berhaupt ſind Gewaͤchſe, ſowohl Kraͤuter als Straͤuche, in dieſem Karrolande etwas ſehr ſeltnes. Und von den wenigen, die da noch ſind, iſt es kaum zu begreifen, wie ſie ſich unter dieſem brennenden Himmelsſtriche im blo- ßen Sande ernaͤhren koͤnnen, da wenigſtens acht Mona- the hindurch nicht ein Tropfen Regen faͤllt. Ihren Staͤm- men und Zweigen ſieht man es auch an, daß ſie kuͤmmer- lich fortkommen und beynahe ganz vertrocknet ſind; die Blaͤtter hingegen ſind, welches man faſt nicht glauben ſollte, ſehr dick und mit ſalzartigem Safte angefuͤllt, und

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/427>, abgerufen am 23.07.2024.