Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.Erste Abtheilung. Vierter Abschnitt. teten, ausgehungerten und kranken Zugochsen durch einmageres und ödes Land zu den Holländischen Kolonisten bey den Schneebergen und in Kamdebo durchzudringen. Denn wir hatten uns bey einigen Gonaquas-Hottentotten nach der Beschaffenheit der Gegenden, durch die wir hätten reisen müssen, nach den dasigen Wasserplätzen, wilden Thieren und dergleichen genau erkundigt und er- fahren, daß das Land jetzt schon sehr ausgetrocknet wäre, und daß wir lange forcirte Reisen thun müßten, um von einem unter den wenigen auf diesem Wege befindlichen salzartigen Wasserplätzen zum andern zu kommen. Von den Hottentotten die Wahrheit zu erfahren, ist übrigens nicht so ganz leicht. Will man sie heraus haben, so darf man mit den Fragen ihnen nicht geradezu auf den Leib gehen, sondern man muß das, was man gern wissen möchte, durch Umwege und allerhand Gespräche allmäh- lig herauslocken. Die Hottentotten sind an sich zurück- haltend, und mögen auch selbst vorher gern wissen, ob es gute oder böse Leute sind, die kommen um sie zu be- suchen. -- Ueber dies alles waren wir auch, da uns die Hottentotten im Stiche gelassen hatten, jetzt der nö- thigen Dolmetscher beraubt, deren Hülfe wir uns be- dienen mußten, wenn wir unterweges auf Kaffern oder Leute von andern Völkern stoßen würden. Die Kaffern sind zwar an und für sich selbst keine arge Leute; da sie aber Mangel an Eisen haben, sind sie bisweilen so gierig darnach, daß sie sich kein Gewissen daraus machen, Eu- ropäer bloß deswegen ums Leben zu bringen, um die Schie- nen der Wagenräder und anderes Eisenwerk, das diese bey sich haben, in ihre Hände zu bekommen, das sie her- nach zu Wurfspießen schmieden oder schleifen. So hat- ten sie aus dieser Ursache vor einigen Jahren Heupner und einige seiner Reisegefährten ermordet, die ins Land der Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt. teten, ausgehungerten und kranken Zugochſen durch einmageres und oͤdes Land zu den Hollaͤndiſchen Koloniſten bey den Schneebergen und in Kamdebo durchzudringen. Denn wir hatten uns bey einigen Gonaquas-Hottentotten nach der Beſchaffenheit der Gegenden, durch die wir haͤtten reiſen muͤſſen, nach den daſigen Waſſerplaͤtzen, wilden Thieren und dergleichen genau erkundigt und er- fahren, daß das Land jetzt ſchon ſehr ausgetrocknet waͤre, und daß wir lange forcirte Reiſen thun muͤßten, um von einem unter den wenigen auf dieſem Wege befindlichen ſalzartigen Waſſerplaͤtzen zum andern zu kommen. Von den Hottentotten die Wahrheit zu erfahren, iſt uͤbrigens nicht ſo ganz leicht. Will man ſie heraus haben, ſo darf man mit den Fragen ihnen nicht geradezu auf den Leib gehen, ſondern man muß das, was man gern wiſſen moͤchte, durch Umwege und allerhand Geſpraͤche allmaͤh- lig herauslocken. Die Hottentotten ſind an ſich zuruͤck- haltend, und moͤgen auch ſelbſt vorher gern wiſſen, ob es gute oder boͤſe Leute ſind, die kommen um ſie zu be- ſuchen. — Ueber dies alles waren wir auch, da uns die Hottentotten im Stiche gelaſſen hatten, jetzt der noͤ- thigen Dolmetſcher beraubt, deren Huͤlfe wir uns be- dienen mußten, wenn wir unterweges auf Kaffern oder Leute von andern Voͤlkern ſtoßen wuͤrden. Die Kaffern ſind zwar an und fuͤr ſich ſelbſt keine arge Leute; da ſie aber Mangel an Eiſen haben, ſind ſie bisweilen ſo gierig darnach, daß ſie ſich kein Gewiſſen daraus machen, Eu- ropaͤer bloß deswegen ums Leben zu bringen, um die Schie- nen der Wagenraͤder und anderes Eiſenwerk, das dieſe bey ſich haben, in ihre Haͤnde zu bekommen, das ſie her- nach zu Wurfſpießen ſchmieden oder ſchleifen. So hat- ten ſie aus dieſer Urſache vor einigen Jahren Heupner und einige ſeiner Reiſegefaͤhrten ermordet, die ins Land der <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0420" n="82"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erſte Abtheilung. 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Erſte Abtheilung. Vierter Abſchnitt.
teten, ausgehungerten und kranken Zugochſen durch ein
mageres und oͤdes Land zu den Hollaͤndiſchen Koloniſten
bey den Schneebergen und in Kamdebo durchzudringen.
Denn wir hatten uns bey einigen Gonaquas-Hottentotten
nach der Beſchaffenheit der Gegenden, durch die wir
haͤtten reiſen muͤſſen, nach den daſigen Waſſerplaͤtzen,
wilden Thieren und dergleichen genau erkundigt und er-
fahren, daß das Land jetzt ſchon ſehr ausgetrocknet waͤre,
und daß wir lange forcirte Reiſen thun muͤßten, um von
einem unter den wenigen auf dieſem Wege befindlichen
ſalzartigen Waſſerplaͤtzen zum andern zu kommen. Von
den Hottentotten die Wahrheit zu erfahren, iſt uͤbrigens
nicht ſo ganz leicht. Will man ſie heraus haben, ſo darf
man mit den Fragen ihnen nicht geradezu auf den Leib
gehen, ſondern man muß das, was man gern wiſſen
moͤchte, durch Umwege und allerhand Geſpraͤche allmaͤh-
lig herauslocken. Die Hottentotten ſind an ſich zuruͤck-
haltend, und moͤgen auch ſelbſt vorher gern wiſſen, ob
es gute oder boͤſe Leute ſind, die kommen um ſie zu be-
ſuchen. — Ueber dies alles waren wir auch, da uns
die Hottentotten im Stiche gelaſſen hatten, jetzt der noͤ-
thigen Dolmetſcher beraubt, deren Huͤlfe wir uns be-
dienen mußten, wenn wir unterweges auf Kaffern oder
Leute von andern Voͤlkern ſtoßen wuͤrden. Die Kaffern
ſind zwar an und fuͤr ſich ſelbſt keine arge Leute; da ſie
aber Mangel an Eiſen haben, ſind ſie bisweilen ſo gierig
darnach, daß ſie ſich kein Gewiſſen daraus machen, Eu-
ropaͤer bloß deswegen ums Leben zu bringen, um die Schie-
nen der Wagenraͤder und anderes Eiſenwerk, das dieſe
bey ſich haben, in ihre Haͤnde zu bekommen, das ſie her-
nach zu Wurfſpießen ſchmieden oder ſchleifen. So hat-
ten ſie aus dieſer Urſache vor einigen Jahren Heupner und
einige ſeiner Reiſegefaͤhrten ermordet, die ins Land der
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