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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Erste Abtheilung. Dritter Abschnitt.
kopfflusse (Zwartkop-Rivier), und der nicht weit da-
von liegenden sogenannten Salzpfanne, wo wir während
der stärksten Hitze des Tages ausruheten. Bey der
Salzpfanne, (was man hier zu Lande darunter versteht,
habe ich im Vorhergehenden erklärt), hatten wir den
allerschönsten Anblick, der einem Auge, das an derglei-
chen nicht gewöhnt ist, nicht anders als gleich befrem-
dend und entzückend erscheinen kann. Sie war gerade
jetzt in dem Zustande, da sie am vollkommensten und
auch am schönsten ist. Sie macht ein Thal von einer
halben Viertelmeile im Diameter aus, das zu allen Sei-
ten so allmählig niedriger wird, daß das Wasser in der
Mitte kaum zwey Ellen tief ist. In der Entfernung
einiger Ellen vom Wasser ist dieses Thal mit einem Ufer
oder Rande umgeben, der einige Ellen hoch und mit
Gebüsche rund umher bewachsen ist. Es ist mehr läng-
lich als rund, und ich hatte Mühe, ob ich gleich stark
ging, in einer halben Stunde ganz herum zu kommen.
Das Erdreich umher ist sandig, wiewohl an einigen
Stellen oben bleicher und blätter- oder scheibenweise lie-
gender Schiefer zu sehen war. Die ganze Salzpfanne,
deren Wasser nicht tief, der ganze Boden aber mit ei-
nem ebnen und flachen Sandbette bedeckt war, sah völ-
lig wie ein zugefrorner mit spiegelhellem Eise bedeckter
See aus: ein Anblick, der mitten im Sommer und
unter diesem heißen Himmelsstriche eine sonderbare Wir-
kung hervorbrachte. Das Wasser selbst enthält reines
Salz, ohne das mindeste Bittre im Geschmack. Am
Tage während der Sonnenhitze krystallisirt sich, sobald
das Wasser auszudunsten anfängt, auf der Oberfläche
ein feines Salz, das sich zuerst als funkelnde Schuppen
zeigt, hernach niedersinkt, und sich auf dem Boden setzt.
Der Wind treibt es oft nach einer Seite, und wenn

Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt.
kopffluſſe (Zwartkop-Rivier), und der nicht weit da-
von liegenden ſogenannten Salzpfanne, wo wir waͤhrend
der ſtaͤrkſten Hitze des Tages ausruheten. Bey der
Salzpfanne, (was man hier zu Lande darunter verſteht,
habe ich im Vorhergehenden erklaͤrt), hatten wir den
allerſchoͤnſten Anblick, der einem Auge, das an derglei-
chen nicht gewoͤhnt iſt, nicht anders als gleich befrem-
dend und entzuͤckend erſcheinen kann. Sie war gerade
jetzt in dem Zuſtande, da ſie am vollkommenſten und
auch am ſchoͤnſten iſt. Sie macht ein Thal von einer
halben Viertelmeile im Diameter aus, das zu allen Sei-
ten ſo allmaͤhlig niedriger wird, daß das Waſſer in der
Mitte kaum zwey Ellen tief iſt. In der Entfernung
einiger Ellen vom Waſſer iſt dieſes Thal mit einem Ufer
oder Rande umgeben, der einige Ellen hoch und mit
Gebuͤſche rund umher bewachſen iſt. Es iſt mehr laͤng-
lich als rund, und ich hatte Muͤhe, ob ich gleich ſtark
ging, in einer halben Stunde ganz herum zu kommen.
Das Erdreich umher iſt ſandig, wiewohl an einigen
Stellen oben bleicher und blaͤtter- oder ſcheibenweiſe lie-
gender Schiefer zu ſehen war. Die ganze Salzpfanne,
deren Waſſer nicht tief, der ganze Boden aber mit ei-
nem ebnen und flachen Sandbette bedeckt war, ſah voͤl-
lig wie ein zugefrorner mit ſpiegelhellem Eiſe bedeckter
See aus: ein Anblick, der mitten im Sommer und
unter dieſem heißen Himmelsſtriche eine ſonderbare Wir-
kung hervorbrachte. Das Waſſer ſelbſt enthaͤlt reines
Salz, ohne das mindeſte Bittre im Geſchmack. Am
Tage waͤhrend der Sonnenhitze kryſtalliſirt ſich, ſobald
das Waſſer auszudunſten anfaͤngt, auf der Oberflaͤche
ein feines Salz, das ſich zuerſt als funkelnde Schuppen
zeigt, hernach niederſinkt, und ſich auf dem Boden ſetzt.
Der Wind treibt es oft nach einer Seite, und wenn

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[78/0416] Erſte Abtheilung. Dritter Abſchnitt. kopffluſſe (Zwartkop-Rivier), und der nicht weit da- von liegenden ſogenannten Salzpfanne, wo wir waͤhrend der ſtaͤrkſten Hitze des Tages ausruheten. Bey der Salzpfanne, (was man hier zu Lande darunter verſteht, habe ich im Vorhergehenden erklaͤrt), hatten wir den allerſchoͤnſten Anblick, der einem Auge, das an derglei- chen nicht gewoͤhnt iſt, nicht anders als gleich befrem- dend und entzuͤckend erſcheinen kann. Sie war gerade jetzt in dem Zuſtande, da ſie am vollkommenſten und auch am ſchoͤnſten iſt. Sie macht ein Thal von einer halben Viertelmeile im Diameter aus, das zu allen Sei- ten ſo allmaͤhlig niedriger wird, daß das Waſſer in der Mitte kaum zwey Ellen tief iſt. In der Entfernung einiger Ellen vom Waſſer iſt dieſes Thal mit einem Ufer oder Rande umgeben, der einige Ellen hoch und mit Gebuͤſche rund umher bewachſen iſt. Es iſt mehr laͤng- lich als rund, und ich hatte Muͤhe, ob ich gleich ſtark ging, in einer halben Stunde ganz herum zu kommen. Das Erdreich umher iſt ſandig, wiewohl an einigen Stellen oben bleicher und blaͤtter- oder ſcheibenweiſe lie- gender Schiefer zu ſehen war. Die ganze Salzpfanne, deren Waſſer nicht tief, der ganze Boden aber mit ei- nem ebnen und flachen Sandbette bedeckt war, ſah voͤl- lig wie ein zugefrorner mit ſpiegelhellem Eiſe bedeckter See aus: ein Anblick, der mitten im Sommer und unter dieſem heißen Himmelsſtriche eine ſonderbare Wir- kung hervorbrachte. Das Waſſer ſelbſt enthaͤlt reines Salz, ohne das mindeſte Bittre im Geſchmack. Am Tage waͤhrend der Sonnenhitze kryſtalliſirt ſich, ſobald das Waſſer auszudunſten anfaͤngt, auf der Oberflaͤche ein feines Salz, das ſich zuerſt als funkelnde Schuppen zeigt, hernach niederſinkt, und ſich auf dem Boden ſetzt. Der Wind treibt es oft nach einer Seite, und wenn

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/416>, abgerufen am 10.06.2024.