Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Erste Abtheilung. Zweyter Abschnitt.
war daher auch selbst ganz naß geworden. Ueber-
dem waren unsre Ochsen kaum im Stande, den Karren
herauszuziehen, weil der Boden aus sehr zähem Schlamm
bestand, den die Räder aufwühlten.

Zur Seite der Gegend, wo ich mich jetzt befand,
liegt schräge gegen über linker Hand eine kleine Strecke
Landes zwischen Bergen, die Kuka heißt, und von den
Kolonisten bereits in Besitz genommen ist, ob sie gleich
so geringen Umfang hat, daß sie nicht mehr als zwey
Höfe enthält. Allenthalben fand ich, daß die Hollän-
dischen Kolonisten dies weitläuftige Land mehr und mehr
unter ihre Bothmäßigkeit bringen; die ohnmächtigen
Hottentotten müssen ihnen überall Platz machen und sich
denn immer tiefer ins Land hinein flüchten. Anfangs
nahmen die Kolonisten nur die grasreichen und besten
Distrikte in den breiten Thälern ein, und ließen den
Hottentotten noch eine Zeitlang die schlechteren Ge-
genden in den engen Thälern zwischen den Gebirgen.
Endlich hat man sie aber auch aus diesen verdrängt,
so daß sie jetzt ihr Vaterland so gut als ganz verlassen
haben.

In den hiesigen Gebirgen werden bisweilen Elenn-
böcke (Capra oreas) gefunden und geschossen. Diese
Böcke sind von der Größe eines mittelmäßigen Pferdes,
und ihr Fleisch ist nicht nur wohlschmeckend, sondern
wird hier zu Lande auch sehr gern gegessen. Die Zunge
dieses Thiers wird für den delicatesten Theil gehalten,
giebt auch wirklich den Rennthierzungen an Güte nicht
nach. Man salzt und trocknet sie hier häufig, und
bringt sie nach Cap zu Kauf. Man sagte mir, daß
diese Böcke nicht, wie der bunte Bock, und der Gems-
bock (Capra oryx) mit den Hörnern stoßen, wenn sie
verwundet werden. Auch giebt es hier eine Art ganz

Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
war daher auch ſelbſt ganz naß geworden. Ueber-
dem waren unſre Ochſen kaum im Stande, den Karren
herauszuziehen, weil der Boden aus ſehr zaͤhem Schlamm
beſtand, den die Raͤder aufwuͤhlten.

Zur Seite der Gegend, wo ich mich jetzt befand,
liegt ſchraͤge gegen uͤber linker Hand eine kleine Strecke
Landes zwiſchen Bergen, die Kuka heißt, und von den
Koloniſten bereits in Beſitz genommen iſt, ob ſie gleich
ſo geringen Umfang hat, daß ſie nicht mehr als zwey
Hoͤfe enthaͤlt. Allenthalben fand ich, daß die Hollaͤn-
diſchen Koloniſten dies weitlaͤuftige Land mehr und mehr
unter ihre Bothmaͤßigkeit bringen; die ohnmaͤchtigen
Hottentotten muͤſſen ihnen uͤberall Platz machen und ſich
denn immer tiefer ins Land hinein fluͤchten. Anfangs
nahmen die Koloniſten nur die grasreichen und beſten
Diſtrikte in den breiten Thaͤlern ein, und ließen den
Hottentotten noch eine Zeitlang die ſchlechteren Ge-
genden in den engen Thaͤlern zwiſchen den Gebirgen.
Endlich hat man ſie aber auch aus dieſen verdraͤngt,
ſo daß ſie jetzt ihr Vaterland ſo gut als ganz verlaſſen
haben.

In den hieſigen Gebirgen werden bisweilen Elenn-
boͤcke (Capra oreas) gefunden und geſchoſſen. Dieſe
Boͤcke ſind von der Groͤße eines mittelmaͤßigen Pferdes,
und ihr Fleiſch iſt nicht nur wohlſchmeckend, ſondern
wird hier zu Lande auch ſehr gern gegeſſen. Die Zunge
dieſes Thiers wird fuͤr den delicateſten Theil gehalten,
giebt auch wirklich den Rennthierzungen an Guͤte nicht
nach. Man ſalzt und trocknet ſie hier haͤufig, und
bringt ſie nach Cap zu Kauf. Man ſagte mir, daß
dieſe Boͤcke nicht, wie der bunte Bock, und der Gems-
bock (Capra oryx) mit den Hoͤrnern ſtoßen, wenn ſie
verwundet werden. Auch giebt es hier eine Art ganz

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0390" n="52"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;te Abtheilung. Zweyter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
war daher auch &#x017F;elb&#x017F;t ganz naß geworden. Ueber-<lb/>
dem waren un&#x017F;re Och&#x017F;en kaum im Stande, den Karren<lb/>
herauszuziehen, weil der Boden aus &#x017F;ehr za&#x0364;hem Schlamm<lb/>
be&#x017F;tand, den die Ra&#x0364;der aufwu&#x0364;hlten.</p><lb/>
          <p>Zur Seite der Gegend, wo ich mich jetzt befand,<lb/>
liegt &#x017F;chra&#x0364;ge gegen u&#x0364;ber linker Hand eine kleine Strecke<lb/>
Landes zwi&#x017F;chen Bergen, die <placeName>Kuka</placeName> heißt, und von den<lb/>
Koloni&#x017F;ten bereits in Be&#x017F;itz genommen i&#x017F;t, ob &#x017F;ie gleich<lb/>
&#x017F;o geringen Umfang hat, daß &#x017F;ie nicht mehr als zwey<lb/>
Ho&#x0364;fe entha&#x0364;lt. Allenthalben fand ich, daß die Holla&#x0364;n-<lb/>
di&#x017F;chen Koloni&#x017F;ten dies weitla&#x0364;uftige Land mehr und mehr<lb/>
unter ihre Bothma&#x0364;ßigkeit bringen; die ohnma&#x0364;chtigen<lb/>
Hottentotten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en ihnen u&#x0364;berall Platz machen und &#x017F;ich<lb/>
denn immer tiefer ins Land hinein flu&#x0364;chten. Anfangs<lb/>
nahmen die Koloni&#x017F;ten nur die grasreichen und be&#x017F;ten<lb/>
Di&#x017F;trikte in den breiten Tha&#x0364;lern ein, und ließen den<lb/>
Hottentotten noch eine Zeitlang die &#x017F;chlechteren Ge-<lb/>
genden in den engen Tha&#x0364;lern zwi&#x017F;chen den Gebirgen.<lb/>
Endlich hat man &#x017F;ie aber auch aus die&#x017F;en verdra&#x0364;ngt,<lb/>
&#x017F;o daß &#x017F;ie jetzt ihr Vaterland &#x017F;o gut als ganz verla&#x017F;&#x017F;en<lb/>
haben.</p><lb/>
          <p>In den hie&#x017F;igen Gebirgen werden bisweilen Elenn-<lb/>
bo&#x0364;cke (<hi rendition="#aq">Capra oreas</hi>) gefunden und ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e<lb/>
Bo&#x0364;cke &#x017F;ind von der Gro&#x0364;ße eines mittelma&#x0364;ßigen Pferdes,<lb/>
und ihr Flei&#x017F;ch i&#x017F;t nicht nur wohl&#x017F;chmeckend, &#x017F;ondern<lb/>
wird hier zu Lande auch &#x017F;ehr gern gege&#x017F;&#x017F;en. Die Zunge<lb/>
die&#x017F;es Thiers wird fu&#x0364;r den delicate&#x017F;ten Theil gehalten,<lb/>
giebt auch wirklich den Rennthierzungen an Gu&#x0364;te nicht<lb/>
nach. Man &#x017F;alzt und trocknet &#x017F;ie hier ha&#x0364;ufig, und<lb/>
bringt &#x017F;ie nach <placeName>Cap</placeName> zu Kauf. Man &#x017F;agte mir, daß<lb/>
die&#x017F;e Bo&#x0364;cke nicht, wie der bunte Bock, und der Gems-<lb/>
bock (<hi rendition="#aq">Capra oryx</hi>) mit den Ho&#x0364;rnern &#x017F;toßen, wenn &#x017F;ie<lb/>
verwundet werden. Auch giebt es hier eine Art ganz<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0390] Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. war daher auch ſelbſt ganz naß geworden. Ueber- dem waren unſre Ochſen kaum im Stande, den Karren herauszuziehen, weil der Boden aus ſehr zaͤhem Schlamm beſtand, den die Raͤder aufwuͤhlten. Zur Seite der Gegend, wo ich mich jetzt befand, liegt ſchraͤge gegen uͤber linker Hand eine kleine Strecke Landes zwiſchen Bergen, die Kuka heißt, und von den Koloniſten bereits in Beſitz genommen iſt, ob ſie gleich ſo geringen Umfang hat, daß ſie nicht mehr als zwey Hoͤfe enthaͤlt. Allenthalben fand ich, daß die Hollaͤn- diſchen Koloniſten dies weitlaͤuftige Land mehr und mehr unter ihre Bothmaͤßigkeit bringen; die ohnmaͤchtigen Hottentotten muͤſſen ihnen uͤberall Platz machen und ſich denn immer tiefer ins Land hinein fluͤchten. Anfangs nahmen die Koloniſten nur die grasreichen und beſten Diſtrikte in den breiten Thaͤlern ein, und ließen den Hottentotten noch eine Zeitlang die ſchlechteren Ge- genden in den engen Thaͤlern zwiſchen den Gebirgen. Endlich hat man ſie aber auch aus dieſen verdraͤngt, ſo daß ſie jetzt ihr Vaterland ſo gut als ganz verlaſſen haben. In den hieſigen Gebirgen werden bisweilen Elenn- boͤcke (Capra oreas) gefunden und geſchoſſen. Dieſe Boͤcke ſind von der Groͤße eines mittelmaͤßigen Pferdes, und ihr Fleiſch iſt nicht nur wohlſchmeckend, ſondern wird hier zu Lande auch ſehr gern gegeſſen. Die Zunge dieſes Thiers wird fuͤr den delicateſten Theil gehalten, giebt auch wirklich den Rennthierzungen an Guͤte nicht nach. Man ſalzt und trocknet ſie hier haͤufig, und bringt ſie nach Cap zu Kauf. Man ſagte mir, daß dieſe Boͤcke nicht, wie der bunte Bock, und der Gems- bock (Capra oryx) mit den Hoͤrnern ſtoßen, wenn ſie verwundet werden. Auch giebt es hier eine Art ganz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/390
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/390>, abgerufen am 25.11.2024.