Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Erste Abtheilung. Zweyter Abschnitt.
über den Rand desselben wohlbehalten wegzukommen,
obgleich der Rand solcher Löcher sehr steil zu seyn pflegt,
und man da nicht leicht festen Fuß fassen kann. Löcher
dieser Art, welche die Nilpferde (Hippopotamus) zu
ihren Lagerplätzen durch Treten mit den Füßen sich zube-
reitet haben, finden sich in sehr vielen Flüssen, obgleich
diese Thiere selbst gar nicht mehr anzutreffen, sondern
alle ohne Ausnahme theils todtgeschossen, theils in ent-
ferntere Gegenden verjagt sind. Meine erschrocknen
Kameraden standen noch zitternd und bebend am andern
Ufer, und wollten es lange Zeit gar nicht wagen, sich
dem Flusse anzuvertrauen. Ich befahl daher, nachdem
ich abgestiegen war, und das Wasser etwas von meinem
Pferde hatte ablaufen lassen, eine bessere Furth aufzu-
suchen, und durch den Fluß zu fahren, worauf die an-
dern nachkamen. Nun dankte ich der Vorsehung mit
inniger Empfindung meines Herzens, daß sie mich aus
einer so augenscheinlichen, und fast unvermeidlichen Ge-
fahr gerettet hatte; und fühlte mich desto gerührter, da
heute gerade mein dreyßigster Geburtstag war.

Ich ließ mir keine Zeit, mich trocken anzuziehen,
weil dies ohne vieles Umpacken und ohne Zeitverlust nicht
geschehen konnte; sondern, sobald nur unser Fuhrwerk
glücklich hindurch war, setzten wir unsre Reise den gan-
zen Tag ununterbrochen fort, und kamen Christoph Lom-
bards
Hof vorbey, zu dem Kolonisten Daniel Plaisir,
wo wir noch vor Abend eintrafen, und liebreich aufge-
nommen wurden.

Hier sowohl als an mehreren Orten fand ich eine
Art Vögel aus dem Rabengeschlechte, die kleiner als
Dohlen sind, und schwarze Federn, aber einen weißen
Steiß haben. Sie halten sich beständig in der Gesell-
schaft des Rindviehes und der Schafe auf, besonders

Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt.
uͤber den Rand deſſelben wohlbehalten wegzukommen,
obgleich der Rand ſolcher Loͤcher ſehr ſteil zu ſeyn pflegt,
und man da nicht leicht feſten Fuß faſſen kann. Loͤcher
dieſer Art, welche die Nilpferde (Hippopotamus) zu
ihren Lagerplaͤtzen durch Treten mit den Fuͤßen ſich zube-
reitet haben, finden ſich in ſehr vielen Fluͤſſen, obgleich
dieſe Thiere ſelbſt gar nicht mehr anzutreffen, ſondern
alle ohne Ausnahme theils todtgeſchoſſen, theils in ent-
ferntere Gegenden verjagt ſind. Meine erſchrocknen
Kameraden ſtanden noch zitternd und bebend am andern
Ufer, und wollten es lange Zeit gar nicht wagen, ſich
dem Fluſſe anzuvertrauen. Ich befahl daher, nachdem
ich abgeſtiegen war, und das Waſſer etwas von meinem
Pferde hatte ablaufen laſſen, eine beſſere Furth aufzu-
ſuchen, und durch den Fluß zu fahren, worauf die an-
dern nachkamen. Nun dankte ich der Vorſehung mit
inniger Empfindung meines Herzens, daß ſie mich aus
einer ſo augenſcheinlichen, und faſt unvermeidlichen Ge-
fahr gerettet hatte; und fuͤhlte mich deſto geruͤhrter, da
heute gerade mein dreyßigſter Geburtstag war.

Ich ließ mir keine Zeit, mich trocken anzuziehen,
weil dies ohne vieles Umpacken und ohne Zeitverluſt nicht
geſchehen konnte; ſondern, ſobald nur unſer Fuhrwerk
gluͤcklich hindurch war, ſetzten wir unſre Reiſe den gan-
zen Tag ununterbrochen fort, und kamen Chriſtoph Lom-
bards
Hof vorbey, zu dem Koloniſten Daniel Plaiſir,
wo wir noch vor Abend eintrafen, und liebreich aufge-
nommen wurden.

Hier ſowohl als an mehreren Orten fand ich eine
Art Voͤgel aus dem Rabengeſchlechte, die kleiner als
Dohlen ſind, und ſchwarze Federn, aber einen weißen
Steiß haben. Sie halten ſich beſtaͤndig in der Geſell-
ſchaft des Rindviehes und der Schafe auf, beſonders

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0380" n="42"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;te Abtheilung. Zweyter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
u&#x0364;ber den Rand de&#x017F;&#x017F;elben wohlbehalten wegzukommen,<lb/>
obgleich der Rand &#x017F;olcher Lo&#x0364;cher &#x017F;ehr &#x017F;teil zu &#x017F;eyn pflegt,<lb/>
und man da nicht leicht fe&#x017F;ten Fuß fa&#x017F;&#x017F;en kann. Lo&#x0364;cher<lb/>
die&#x017F;er Art, welche die Nilpferde (<hi rendition="#aq">Hippopotamus</hi>) zu<lb/>
ihren Lagerpla&#x0364;tzen durch Treten mit den Fu&#x0364;ßen &#x017F;ich zube-<lb/>
reitet haben, finden &#x017F;ich in &#x017F;ehr vielen Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, obgleich<lb/>
die&#x017F;e Thiere &#x017F;elb&#x017F;t gar nicht mehr anzutreffen, &#x017F;ondern<lb/>
alle ohne Ausnahme theils todtge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en, theils in ent-<lb/>
ferntere Gegenden verjagt &#x017F;ind. Meine er&#x017F;chrocknen<lb/>
Kameraden &#x017F;tanden noch zitternd und bebend am andern<lb/>
Ufer, und wollten es lange Zeit gar nicht wagen, &#x017F;ich<lb/>
dem Flu&#x017F;&#x017F;e anzuvertrauen. Ich befahl daher, nachdem<lb/>
ich abge&#x017F;tiegen war, und das Wa&#x017F;&#x017F;er etwas von meinem<lb/>
Pferde hatte ablaufen la&#x017F;&#x017F;en, eine be&#x017F;&#x017F;ere Furth aufzu-<lb/>
&#x017F;uchen, und durch den Fluß zu fahren, worauf die an-<lb/>
dern nachkamen. Nun dankte ich der Vor&#x017F;ehung mit<lb/>
inniger Empfindung meines Herzens, daß &#x017F;ie mich aus<lb/>
einer &#x017F;o augen&#x017F;cheinlichen, und fa&#x017F;t unvermeidlichen Ge-<lb/>
fahr gerettet hatte; und fu&#x0364;hlte mich de&#x017F;to geru&#x0364;hrter, da<lb/>
heute gerade mein dreyßig&#x017F;ter Geburtstag war.</p><lb/>
          <p>Ich ließ mir keine Zeit, mich trocken anzuziehen,<lb/>
weil dies ohne vieles Umpacken und ohne Zeitverlu&#x017F;t nicht<lb/>
ge&#x017F;chehen konnte; &#x017F;ondern, &#x017F;obald nur un&#x017F;er Fuhrwerk<lb/>
glu&#x0364;cklich hindurch war, &#x017F;etzten wir un&#x017F;re Rei&#x017F;e den gan-<lb/>
zen Tag ununterbrochen fort, und kamen <persName>Chri&#x017F;toph Lom-<lb/>
bards</persName> Hof vorbey, zu dem Koloni&#x017F;ten <persName>Daniel Plai&#x017F;ir</persName>,<lb/>
wo wir noch vor Abend eintrafen, und liebreich aufge-<lb/>
nommen wurden.</p><lb/>
          <p>Hier &#x017F;owohl als an mehreren Orten fand ich eine<lb/>
Art Vo&#x0364;gel aus dem Rabenge&#x017F;chlechte, die kleiner als<lb/>
Dohlen &#x017F;ind, und &#x017F;chwarze Federn, aber einen weißen<lb/>
Steiß haben. Sie halten &#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;ndig in der Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft des Rindviehes und der Schafe auf, be&#x017F;onders<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0380] Erſte Abtheilung. Zweyter Abſchnitt. uͤber den Rand deſſelben wohlbehalten wegzukommen, obgleich der Rand ſolcher Loͤcher ſehr ſteil zu ſeyn pflegt, und man da nicht leicht feſten Fuß faſſen kann. Loͤcher dieſer Art, welche die Nilpferde (Hippopotamus) zu ihren Lagerplaͤtzen durch Treten mit den Fuͤßen ſich zube- reitet haben, finden ſich in ſehr vielen Fluͤſſen, obgleich dieſe Thiere ſelbſt gar nicht mehr anzutreffen, ſondern alle ohne Ausnahme theils todtgeſchoſſen, theils in ent- ferntere Gegenden verjagt ſind. Meine erſchrocknen Kameraden ſtanden noch zitternd und bebend am andern Ufer, und wollten es lange Zeit gar nicht wagen, ſich dem Fluſſe anzuvertrauen. Ich befahl daher, nachdem ich abgeſtiegen war, und das Waſſer etwas von meinem Pferde hatte ablaufen laſſen, eine beſſere Furth aufzu- ſuchen, und durch den Fluß zu fahren, worauf die an- dern nachkamen. Nun dankte ich der Vorſehung mit inniger Empfindung meines Herzens, daß ſie mich aus einer ſo augenſcheinlichen, und faſt unvermeidlichen Ge- fahr gerettet hatte; und fuͤhlte mich deſto geruͤhrter, da heute gerade mein dreyßigſter Geburtstag war. Ich ließ mir keine Zeit, mich trocken anzuziehen, weil dies ohne vieles Umpacken und ohne Zeitverluſt nicht geſchehen konnte; ſondern, ſobald nur unſer Fuhrwerk gluͤcklich hindurch war, ſetzten wir unſre Reiſe den gan- zen Tag ununterbrochen fort, und kamen Chriſtoph Lom- bards Hof vorbey, zu dem Koloniſten Daniel Plaiſir, wo wir noch vor Abend eintrafen, und liebreich aufge- nommen wurden. Hier ſowohl als an mehreren Orten fand ich eine Art Voͤgel aus dem Rabengeſchlechte, die kleiner als Dohlen ſind, und ſchwarze Federn, aber einen weißen Steiß haben. Sie halten ſich beſtaͤndig in der Geſell- ſchaft des Rindviehes und der Schafe auf, beſonders

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/380
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/380>, abgerufen am 17.06.2024.