Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Erste Abtheilung. Erster Abschnitt.
werfen. Sie essen fast lauter sehr nahrhafte Speisen:
Türkische Bohnen mir süßsaurer Brühe, Stockfisch mit
Senf und Kartoffeln; gestobte braune, und gekochte
gelbe Erbsen; steife dicke Grütze mit etwas Fett, Mehl-
klümpe mit geschmolznem Fett und Syrup, nebst gro-
bem Holländischem gesäuertem Brot mit Butter und ei-
nem Stück Käse. Thee und Kaffee wird mehreremahl
am Tage getrunken: der Thee gewöhnlich stark, und bis-
weilen mit etwas Safran, besonders bey schlechtem
Wetter, der Kaffee hingegen schwach, gemeiniglich oh-
ne Zucker, nie mit Milch oder Rohm; übrigens beydes
sehr reichlich: zehn bis zwölf Tassen jedesmahl. Nur
der Schiffer und ich hatten das Glück, den Kaffee mit
etwas Kandiszucker zu trinken, und Englisches Weiß-
brot mit Butter, auch Reiß mit Rosinen und Butter,
zu essen. Fleisch und Speck essen sie allemahl mit Senf.
Branntwein trinken sie selten, höchstens wenn ein Lootse
an Bord kommt, oder die Witterung sehr übel ist;
Wein noch seltner. Bier haben sie in Kruken bey sich,
trinken aber nicht oft davon. Trockne und starke Spei-
sen mit vielem Fett zubereitet sind also ihre vorzüglichste
Kost. Auf Reinlichkeit und Sauberkeit im Schiffe se-
hen sie mit beynahe übertriebner Pünktlichkeit; sie
scheuern und mahlen fast beständig.

Den 1. October kamen wir in Holland an. Zuerst
zeigte sich uns die Insel Texel. Wir bekamen einen
Lootsen an Bord, der uns nach Amsterdam führen mußte.
Auf der See sahen wir eine unzählbare Menge Fahr-
zeuge: West- und Ostindienfahrer, Kriegsschiffe, man-
cherley Arten mittelmäßiger und kleiner Schiffe; alle von
so mannigfaltiger Gestalt und Bauart; einige lagen still,
andre segelten, einige hiehin, andre dorthin: ein wahrhaftig
bezaubernder Anblick für ein daran nicht gewöhntes Auge.


Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt.
werfen. Sie eſſen faſt lauter ſehr nahrhafte Speiſen:
Tuͤrkiſche Bohnen mir ſuͤßſaurer Bruͤhe, Stockfiſch mit
Senf und Kartoffeln; geſtobte braune, und gekochte
gelbe Erbſen; ſteife dicke Gruͤtze mit etwas Fett, Mehl-
kluͤmpe mit geſchmolznem Fett und Syrup, nebſt gro-
bem Hollaͤndiſchem geſaͤuertem Brot mit Butter und ei-
nem Stuͤck Kaͤſe. Thee und Kaffee wird mehreremahl
am Tage getrunken: der Thee gewoͤhnlich ſtark, und bis-
weilen mit etwas Safran, beſonders bey ſchlechtem
Wetter, der Kaffee hingegen ſchwach, gemeiniglich oh-
ne Zucker, nie mit Milch oder Rohm; uͤbrigens beydes
ſehr reichlich: zehn bis zwoͤlf Taſſen jedesmahl. Nur
der Schiffer und ich hatten das Gluͤck, den Kaffee mit
etwas Kandiszucker zu trinken, und Engliſches Weiß-
brot mit Butter, auch Reiß mit Roſinen und Butter,
zu eſſen. Fleiſch und Speck eſſen ſie allemahl mit Senf.
Branntwein trinken ſie ſelten, hoͤchſtens wenn ein Lootſe
an Bord kommt, oder die Witterung ſehr uͤbel iſt;
Wein noch ſeltner. Bier haben ſie in Kruken bey ſich,
trinken aber nicht oft davon. Trockne und ſtarke Spei-
ſen mit vielem Fett zubereitet ſind alſo ihre vorzuͤglichſte
Koſt. Auf Reinlichkeit und Sauberkeit im Schiffe ſe-
hen ſie mit beynahe uͤbertriebner Puͤnktlichkeit; ſie
ſcheuern und mahlen faſt beſtaͤndig.

Den 1. October kamen wir in Holland an. Zuerſt
zeigte ſich uns die Inſel Texel. Wir bekamen einen
Lootſen an Bord, der uns nach Amſterdam fuͤhren mußte.
Auf der See ſahen wir eine unzaͤhlbare Menge Fahr-
zeuge: Weſt- und Oſtindienfahrer, Kriegsſchiffe, man-
cherley Arten mittelmaͤßiger und kleiner Schiffe; alle von
ſo mannigfaltiger Geſtalt und Bauart; einige lagen ſtill,
andre ſegelten, einige hiehin, andre dorthin: ein wahrhaftig
bezaubernder Anblick fuͤr ein daran nicht gewoͤhntes Auge.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0034" n="6"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Er&#x017F;te Abtheilung. Er&#x017F;ter Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
werfen. Sie e&#x017F;&#x017F;en fa&#x017F;t lauter &#x017F;ehr nahrhafte Spei&#x017F;en:<lb/>
Tu&#x0364;rki&#x017F;che Bohnen mir &#x017F;u&#x0364;ß&#x017F;aurer Bru&#x0364;he, Stockfi&#x017F;ch mit<lb/>
Senf und Kartoffeln; ge&#x017F;tobte braune, und gekochte<lb/>
gelbe Erb&#x017F;en; &#x017F;teife dicke Gru&#x0364;tze mit etwas Fett, Mehl-<lb/>
klu&#x0364;mpe mit ge&#x017F;chmolznem Fett und Syrup, neb&#x017F;t gro-<lb/>
bem Holla&#x0364;ndi&#x017F;chem ge&#x017F;a&#x0364;uertem Brot mit Butter und ei-<lb/>
nem Stu&#x0364;ck Ka&#x0364;&#x017F;e. Thee und Kaffee wird mehreremahl<lb/>
am Tage getrunken: der Thee gewo&#x0364;hnlich &#x017F;tark, und bis-<lb/>
weilen mit etwas Safran, be&#x017F;onders bey &#x017F;chlechtem<lb/>
Wetter, der Kaffee hingegen &#x017F;chwach, gemeiniglich oh-<lb/>
ne Zucker, nie mit Milch oder Rohm; u&#x0364;brigens beydes<lb/>
&#x017F;ehr reichlich: zehn bis zwo&#x0364;lf Ta&#x017F;&#x017F;en jedesmahl. Nur<lb/>
der Schiffer und ich hatten das Glu&#x0364;ck, den Kaffee mit<lb/>
etwas Kandiszucker zu trinken, und Engli&#x017F;ches Weiß-<lb/>
brot mit Butter, auch Reiß mit Ro&#x017F;inen und Butter,<lb/>
zu e&#x017F;&#x017F;en. Flei&#x017F;ch und Speck e&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie allemahl mit Senf.<lb/>
Branntwein trinken &#x017F;ie &#x017F;elten, ho&#x0364;ch&#x017F;tens wenn ein Loot&#x017F;e<lb/>
an Bord kommt, oder die Witterung &#x017F;ehr u&#x0364;bel i&#x017F;t;<lb/>
Wein noch &#x017F;eltner. Bier haben &#x017F;ie in Kruken bey &#x017F;ich,<lb/>
trinken aber nicht oft davon. Trockne und &#x017F;tarke Spei-<lb/>
&#x017F;en mit vielem Fett zubereitet &#x017F;ind al&#x017F;o ihre vorzu&#x0364;glich&#x017F;te<lb/>
Ko&#x017F;t. Auf Reinlichkeit und Sauberkeit im Schiffe &#x017F;e-<lb/>
hen &#x017F;ie mit beynahe u&#x0364;bertriebner Pu&#x0364;nktlichkeit; &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;cheuern und mahlen fa&#x017F;t be&#x017F;ta&#x0364;ndig.</p><lb/>
          <p>Den 1. October kamen wir in <placeName>Holland</placeName> an. Zuer&#x017F;t<lb/>
zeigte &#x017F;ich uns die In&#x017F;el <placeName>Texel</placeName>. Wir bekamen einen<lb/>
Loot&#x017F;en an Bord, der uns nach <placeName>Am&#x017F;terdam</placeName> fu&#x0364;hren mußte.<lb/>
Auf der See &#x017F;ahen wir eine unza&#x0364;hlbare Menge Fahr-<lb/>
zeuge: We&#x017F;t- und O&#x017F;tindienfahrer, Kriegs&#x017F;chiffe, man-<lb/>
cherley Arten mittelma&#x0364;ßiger und kleiner Schiffe; alle von<lb/>
&#x017F;o mannigfaltiger Ge&#x017F;talt und Bauart; einige lagen &#x017F;till,<lb/>
andre &#x017F;egelten, einige hiehin, andre dorthin: ein wahrhaftig<lb/>
bezaubernder Anblick fu&#x0364;r ein daran nicht gewo&#x0364;hntes Auge.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0034] Erſte Abtheilung. Erſter Abſchnitt. werfen. Sie eſſen faſt lauter ſehr nahrhafte Speiſen: Tuͤrkiſche Bohnen mir ſuͤßſaurer Bruͤhe, Stockfiſch mit Senf und Kartoffeln; geſtobte braune, und gekochte gelbe Erbſen; ſteife dicke Gruͤtze mit etwas Fett, Mehl- kluͤmpe mit geſchmolznem Fett und Syrup, nebſt gro- bem Hollaͤndiſchem geſaͤuertem Brot mit Butter und ei- nem Stuͤck Kaͤſe. Thee und Kaffee wird mehreremahl am Tage getrunken: der Thee gewoͤhnlich ſtark, und bis- weilen mit etwas Safran, beſonders bey ſchlechtem Wetter, der Kaffee hingegen ſchwach, gemeiniglich oh- ne Zucker, nie mit Milch oder Rohm; uͤbrigens beydes ſehr reichlich: zehn bis zwoͤlf Taſſen jedesmahl. Nur der Schiffer und ich hatten das Gluͤck, den Kaffee mit etwas Kandiszucker zu trinken, und Engliſches Weiß- brot mit Butter, auch Reiß mit Roſinen und Butter, zu eſſen. Fleiſch und Speck eſſen ſie allemahl mit Senf. Branntwein trinken ſie ſelten, hoͤchſtens wenn ein Lootſe an Bord kommt, oder die Witterung ſehr uͤbel iſt; Wein noch ſeltner. Bier haben ſie in Kruken bey ſich, trinken aber nicht oft davon. Trockne und ſtarke Spei- ſen mit vielem Fett zubereitet ſind alſo ihre vorzuͤglichſte Koſt. Auf Reinlichkeit und Sauberkeit im Schiffe ſe- hen ſie mit beynahe uͤbertriebner Puͤnktlichkeit; ſie ſcheuern und mahlen faſt beſtaͤndig. Den 1. October kamen wir in Holland an. Zuerſt zeigte ſich uns die Inſel Texel. Wir bekamen einen Lootſen an Bord, der uns nach Amſterdam fuͤhren mußte. Auf der See ſahen wir eine unzaͤhlbare Menge Fahr- zeuge: Weſt- und Oſtindienfahrer, Kriegsſchiffe, man- cherley Arten mittelmaͤßiger und kleiner Schiffe; alle von ſo mannigfaltiger Geſtalt und Bauart; einige lagen ſtill, andre ſegelten, einige hiehin, andre dorthin: ein wahrhaftig bezaubernder Anblick fuͤr ein daran nicht gewoͤhntes Auge.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/34
Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/34>, abgerufen am 27.11.2024.