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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Reise von Upsala nach Holland.
Marktplätzen und in mehreren Straßen gehören zu den
vortrefflichsten und nützlichsten Einrichtungen in einer
Stadt, wo sonst die Theurung ihren Hauptwohnsitz auf-
geschlagen zu haben scheint. Man kann denn doch gutes
Wasser bequem und wohlfeil haben.

Nicht lange nach meiner Zurückkunft fand sich ein
Schiff, das nach Amsterdam gehen wollte: es war mit
Getraide von Pillau gekommen. Ich ging an Bord,
und segelte den 11. September ab. Wir verloren
zwar sowohl die Dänische als Schwedische Küste bald aus
den Augen; allein ein Sturm nöthigte uns nach eini-
gen Tagen, drey Meilen von Friedrichshafen in einen
Norwegischen Hafen einzulaufen, wo wir ebenfalls un-
ter andern ein Schwedisches Schiff vorfanden. Die
diesen kleinen Hafen umringenden Berge gewähren
einen fürchterlichen Anblick, und am Strande giebt es
viele steile Tiefen. Im Wasser umher sah ich eine
Menge Watt (Ulva) und Tang, wie auch viele Kreb-
se, Seesterne (Asteriae), Meereicheln (Lopades)
und andre Seethiere. Hummer werden hier nicht
geachtet. So theuer zu Helsingör alles ist, so wohlfeil
kann man hier alles haben. Auf den Klippen der Berge
sah man jetzt nur die Felsensilene (Silene rupestris),
und eine Art wilder Rosen, auch schwarze Rauschbeer
(Empetrum nigrum).

Am 24. gingen wir mit gutem Winde wieder un-
ter Segel. Bald aber bekamen wir abermahls anhal-
tenden widrigen Wind mit Sturm und Regenwetter.
Mehrere Tage lang sahen wir nichts anders, als dicke
Wolken und See.

Jetzt hatte ich Gelegenheit, die Lebensart des Hol-
ländischen Schiffsvolks zu bemerken. Ich kann mich
nicht enthalten, hier ein kleines Gemählde davon zu ent-

Reiſe von Upſala nach Holland.
Marktplaͤtzen und in mehreren Straßen gehoͤren zu den
vortrefflichſten und nuͤtzlichſten Einrichtungen in einer
Stadt, wo ſonſt die Theurung ihren Hauptwohnſitz auf-
geſchlagen zu haben ſcheint. Man kann denn doch gutes
Waſſer bequem und wohlfeil haben.

Nicht lange nach meiner Zuruͤckkunft fand ſich ein
Schiff, das nach Amſterdam gehen wollte: es war mit
Getraide von Pillau gekommen. Ich ging an Bord,
und ſegelte den 11. September ab. Wir verloren
zwar ſowohl die Daͤniſche als Schwediſche Kuͤſte bald aus
den Augen; allein ein Sturm noͤthigte uns nach eini-
gen Tagen, drey Meilen von Friedrichshafen in einen
Norwegiſchen Hafen einzulaufen, wo wir ebenfalls un-
ter andern ein Schwediſches Schiff vorfanden. Die
dieſen kleinen Hafen umringenden Berge gewaͤhren
einen fuͤrchterlichen Anblick, und am Strande giebt es
viele ſteile Tiefen. Im Waſſer umher ſah ich eine
Menge Watt (Ulva) und Tang, wie auch viele Kreb-
ſe, Seeſterne (Aſteriae), Meereicheln (Lopades)
und andre Seethiere. Hummer werden hier nicht
geachtet. So theuer zu Helſingoͤr alles iſt, ſo wohlfeil
kann man hier alles haben. Auf den Klippen der Berge
ſah man jetzt nur die Felſenſilene (Silene rupeſtris),
und eine Art wilder Roſen, auch ſchwarze Rauſchbeer
(Empetrum nigrum).

Am 24. gingen wir mit gutem Winde wieder un-
ter Segel. Bald aber bekamen wir abermahls anhal-
tenden widrigen Wind mit Sturm und Regenwetter.
Mehrere Tage lang ſahen wir nichts anders, als dicke
Wolken und See.

Jetzt hatte ich Gelegenheit, die Lebensart des Hol-
laͤndiſchen Schiffsvolks zu bemerken. Ich kann mich
nicht enthalten, hier ein kleines Gemaͤhlde davon zu ent-

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[5/0033] Reiſe von Upſala nach Holland. Marktplaͤtzen und in mehreren Straßen gehoͤren zu den vortrefflichſten und nuͤtzlichſten Einrichtungen in einer Stadt, wo ſonſt die Theurung ihren Hauptwohnſitz auf- geſchlagen zu haben ſcheint. Man kann denn doch gutes Waſſer bequem und wohlfeil haben. Nicht lange nach meiner Zuruͤckkunft fand ſich ein Schiff, das nach Amſterdam gehen wollte: es war mit Getraide von Pillau gekommen. Ich ging an Bord, und ſegelte den 11. September ab. Wir verloren zwar ſowohl die Daͤniſche als Schwediſche Kuͤſte bald aus den Augen; allein ein Sturm noͤthigte uns nach eini- gen Tagen, drey Meilen von Friedrichshafen in einen Norwegiſchen Hafen einzulaufen, wo wir ebenfalls un- ter andern ein Schwediſches Schiff vorfanden. Die dieſen kleinen Hafen umringenden Berge gewaͤhren einen fuͤrchterlichen Anblick, und am Strande giebt es viele ſteile Tiefen. Im Waſſer umher ſah ich eine Menge Watt (Ulva) und Tang, wie auch viele Kreb- ſe, Seeſterne (Aſteriae), Meereicheln (Lopades) und andre Seethiere. Hummer werden hier nicht geachtet. So theuer zu Helſingoͤr alles iſt, ſo wohlfeil kann man hier alles haben. Auf den Klippen der Berge ſah man jetzt nur die Felſenſilene (Silene rupeſtris), und eine Art wilder Roſen, auch ſchwarze Rauſchbeer (Empetrum nigrum). Am 24. gingen wir mit gutem Winde wieder un- ter Segel. Bald aber bekamen wir abermahls anhal- tenden widrigen Wind mit Sturm und Regenwetter. Mehrere Tage lang ſahen wir nichts anders, als dicke Wolken und See. Jetzt hatte ich Gelegenheit, die Lebensart des Hol- laͤndiſchen Schiffsvolks zu bemerken. Ich kann mich nicht enthalten, hier ein kleines Gemaͤhlde davon zu ent-

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/33>, abgerufen am 27.11.2024.