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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792.

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Siebenter Abschnitt.
Noch einige Nachrichten von den
Hottentotten
.

So weithin ich auch auf meiner Reise, sowohl gegen
Norden als Osten, in dieses weitläuftige Land eindrang,
fand ich doch wenig Ueberbleibsel der Hottentottischen
Völker, welche, einige zahlreicher, andre weniger zahl-
reich, noch im Anfange des jetzigen Jahrhunderts dassel-
be bewohnten. So wie die Kolonisten sich mehr und
mehr ausgebreitet haben, sind die Hottentotten genöthigt
worden, sich wegzubegeben, und jenen, sowohl für ihre
Wohnungen, als für ihre Herden, Platz zu machen.
Noch mehr aber, als das Vordringen der Europäer, sind
die Pocken, diese vorhin ihnen ganz unbekannte Krankheit,
Schuld an ihrer Verminderung, denn es ist nicht zu be-
schreiben, welche Verheerungen diese unter ihnen ange-
richtet haben: durch sie sind die meisten von ihnen getöd-
tet. Gegenwärtig findet man nur hie und da noch zer-
streut, einige Dörfer oder Kraale von ihnen, die gleich-
sam eben so viele kleine bürgerliche Gesellschaften ausma-
chen. In diesen leben sie entweder unabhängig und für
sich, oder so, daß sie, theils auf den der Compagnie ge-
hörigen Höfen und Plätzen, oder wie man es hier nennt,
Posten, theils bey den Kolonisten im Dienste stehen.
Oft, besonders dem Cap näher, sind diese Kraale gar nicht
zahlreich bewohnt; weiter ins Land hinein aber trifft man
sie zum Theil ziemlich groß und volkreich, und die Einwoh-
ner nach ihrer Art in guten Umständen, an. Die weni-
gen von den Hottentotten noch vorhandnen Ueberreste be-
halten zum Theil ihre alten Stammnahmen. Gewöhn-
lich aber bezeichnen diese Nahmen, die ehemahls jede be-

Siebenter Abſchnitt.
Noch einige Nachrichten von den
Hottentotten
.

So weithin ich auch auf meiner Reiſe, ſowohl gegen
Norden als Oſten, in dieſes weitlaͤuftige Land eindrang,
fand ich doch wenig Ueberbleibſel der Hottentottiſchen
Voͤlker, welche, einige zahlreicher, andre weniger zahl-
reich, noch im Anfange des jetzigen Jahrhunderts daſſel-
be bewohnten. So wie die Koloniſten ſich mehr und
mehr ausgebreitet haben, ſind die Hottentotten genoͤthigt
worden, ſich wegzubegeben, und jenen, ſowohl fuͤr ihre
Wohnungen, als fuͤr ihre Herden, Platz zu machen.
Noch mehr aber, als das Vordringen der Europaͤer, ſind
die Pocken, dieſe vorhin ihnen ganz unbekannte Krankheit,
Schuld an ihrer Verminderung, denn es iſt nicht zu be-
ſchreiben, welche Verheerungen dieſe unter ihnen ange-
richtet haben: durch ſie ſind die meiſten von ihnen getoͤd-
tet. Gegenwaͤrtig findet man nur hie und da noch zer-
ſtreut, einige Doͤrfer oder Kraale von ihnen, die gleich-
ſam eben ſo viele kleine buͤrgerliche Geſellſchaften ausma-
chen. In dieſen leben ſie entweder unabhaͤngig und fuͤr
ſich, oder ſo, daß ſie, theils auf den der Compagnie ge-
hoͤrigen Hoͤfen und Plaͤtzen, oder wie man es hier nennt,
Poſten, theils bey den Koloniſten im Dienſte ſtehen.
Oft, beſonders dem Cap naͤher, ſind dieſe Kraale gar nicht
zahlreich bewohnt; weiter ins Land hinein aber trifft man
ſie zum Theil ziemlich groß und volkreich, und die Einwoh-
ner nach ihrer Art in guten Umſtaͤnden, an. Die weni-
gen von den Hottentotten noch vorhandnen Ueberreſte be-
halten zum Theil ihre alten Stammnahmen. Gewoͤhn-
lich aber bezeichnen dieſe Nahmen, die ehemahls jede be-

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[271/0299] Siebenter Abſchnitt. Noch einige Nachrichten von den Hottentotten. So weithin ich auch auf meiner Reiſe, ſowohl gegen Norden als Oſten, in dieſes weitlaͤuftige Land eindrang, fand ich doch wenig Ueberbleibſel der Hottentottiſchen Voͤlker, welche, einige zahlreicher, andre weniger zahl- reich, noch im Anfange des jetzigen Jahrhunderts daſſel- be bewohnten. So wie die Koloniſten ſich mehr und mehr ausgebreitet haben, ſind die Hottentotten genoͤthigt worden, ſich wegzubegeben, und jenen, ſowohl fuͤr ihre Wohnungen, als fuͤr ihre Herden, Platz zu machen. Noch mehr aber, als das Vordringen der Europaͤer, ſind die Pocken, dieſe vorhin ihnen ganz unbekannte Krankheit, Schuld an ihrer Verminderung, denn es iſt nicht zu be- ſchreiben, welche Verheerungen dieſe unter ihnen ange- richtet haben: durch ſie ſind die meiſten von ihnen getoͤd- tet. Gegenwaͤrtig findet man nur hie und da noch zer- ſtreut, einige Doͤrfer oder Kraale von ihnen, die gleich- ſam eben ſo viele kleine buͤrgerliche Geſellſchaften ausma- chen. In dieſen leben ſie entweder unabhaͤngig und fuͤr ſich, oder ſo, daß ſie, theils auf den der Compagnie ge- hoͤrigen Hoͤfen und Plaͤtzen, oder wie man es hier nennt, Poſten, theils bey den Koloniſten im Dienſte ſtehen. Oft, beſonders dem Cap naͤher, ſind dieſe Kraale gar nicht zahlreich bewohnt; weiter ins Land hinein aber trifft man ſie zum Theil ziemlich groß und volkreich, und die Einwoh- ner nach ihrer Art in guten Umſtaͤnden, an. Die weni- gen von den Hottentotten noch vorhandnen Ueberreſte be- halten zum Theil ihre alten Stammnahmen. Gewoͤhn- lich aber bezeichnen dieſe Nahmen, die ehemahls jede be-

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Zitationshilfe: Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/299>, abgerufen am 27.11.2024.