fen verwitterten Lamellen. Auf diese Art erstrecken sie sich sogar in die See hinein, wie man an den Klippen, sowohl an denen, die hervorragen, als an denjenigen, wel- che vom Wasser bedeckt sind, deutlich sehen kann.
Den Löwenkopf besuchte ich ebenfalls unterschied- lichemahl. Dieser liegt eigentlich an der West-Seite des Tafelberges, und endigt sich oben in einer fast unzu- gänglichen Spitze. Von dieser Spitze erstreckt er sich in einem langen allmählig sich [n]eigenden Rücken weiter, und schließt sich endlich in einem aufs neue in die Höhe gehenden Hügel, der den Nahmen Löwenschwanz (Leeu- we-Staert) führt. Nicht weit vom Gipfel ist der Löwen- kopf an einer Stelle so jäh, daß man an einer Klippe ein starkes Seil hat befestigen müssen, durch dessen Hülfe man eine beynahe senkrechte Wand hinanklettert. Oben auf der Spitze hält sich beständig eine Wache auf, um die Schiffe, welche beym Cap zu landen gedenken, zu entdecken und zu beobachten. Zu diesem Endzwecke ist da ein kleines Häuschen mit einem Kamine, um Es- sen zu kochen, gebauet. Auch stehen da drey Kanonen, von denen, so oft man ein Schiff ankommen sieht, eine abgefeuert wird, und eine hohe Stange, um die Flagge aufzuziehen. Aus der Anzahl der Schüsse weiß die Re- gierung sogleich, ob einzelne Schiffe oder eine Flotte ankommen. Des Abends geht der Mann, welcher das Amt hat, die Flagge auf- und niederzulassen, herun- ter und begiebt sich in sein Haus, das in dem tiefen Grun- de zwischen dem Tafelberge und der Löwenkuppe steht. Wenn die entdeckten Schiffe näher kommen, wird die Flagge auf dem sogenannten Löwenrücken (Leeuwe-Rug), und wenn sie in den Hafen einlaufen, auf der Citadelle aufgezogen, wo man sie nicht eher niederläßt, als bis sie salutirt haben. Kommt ein Schiff zwar zum Vor-
Kleine Nebenreiſen in der Naͤhe der Capſtadt.
fen verwitterten Lamellen. Auf dieſe Art erſtrecken ſie ſich ſogar in die See hinein, wie man an den Klippen, ſowohl an denen, die hervorragen, als an denjenigen, wel- che vom Waſſer bedeckt ſind, deutlich ſehen kann.
Den Loͤwenkopf beſuchte ich ebenfalls unterſchied- lichemahl. Dieſer liegt eigentlich an der Weſt-Seite des Tafelberges, und endigt ſich oben in einer faſt unzu- gaͤnglichen Spitze. Von dieſer Spitze erſtreckt er ſich in einem langen allmaͤhlig ſich [n]eigenden Ruͤcken weiter, und ſchließt ſich endlich in einem aufs neue in die Hoͤhe gehenden Huͤgel, der den Nahmen Loͤwenſchwanz (Leeu- we-Staert) fuͤhrt. Nicht weit vom Gipfel iſt der Loͤwen- kopf an einer Stelle ſo jaͤh, daß man an einer Klippe ein ſtarkes Seil hat befeſtigen muͤſſen, durch deſſen Huͤlfe man eine beynahe ſenkrechte Wand hinanklettert. Oben auf der Spitze haͤlt ſich beſtaͤndig eine Wache auf, um die Schiffe, welche beym Cap zu landen gedenken, zu entdecken und zu beobachten. Zu dieſem Endzwecke iſt da ein kleines Haͤuschen mit einem Kamine, um Eſ- ſen zu kochen, gebauet. Auch ſtehen da drey Kanonen, von denen, ſo oft man ein Schiff ankommen ſieht, eine abgefeuert wird, und eine hohe Stange, um die Flagge aufzuziehen. Aus der Anzahl der Schuͤſſe weiß die Re- gierung ſogleich, ob einzelne Schiffe oder eine Flotte ankommen. Des Abends geht der Mann, welcher das Amt hat, die Flagge auf- und niederzulaſſen, herun- ter und begiebt ſich in ſein Haus, das in dem tiefen Grun- de zwiſchen dem Tafelberge und der Loͤwenkuppe ſteht. Wenn die entdeckten Schiffe naͤher kommen, wird die Flagge auf dem ſogenannten Loͤwenruͤcken (Leeuwe-Rug), und wenn ſie in den Hafen einlaufen, auf der Citadelle aufgezogen, wo man ſie nicht eher niederlaͤßt, als bis ſie ſalutirt haben. Kommt ein Schiff zwar zum Vor-
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[205/0233]
Kleine Nebenreiſen in der Naͤhe der Capſtadt.
fen verwitterten Lamellen. Auf dieſe Art erſtrecken ſie
ſich ſogar in die See hinein, wie man an den Klippen,
ſowohl an denen, die hervorragen, als an denjenigen, wel-
che vom Waſſer bedeckt ſind, deutlich ſehen kann.
Den Loͤwenkopf beſuchte ich ebenfalls unterſchied-
lichemahl. Dieſer liegt eigentlich an der Weſt-Seite
des Tafelberges, und endigt ſich oben in einer faſt unzu-
gaͤnglichen Spitze. Von dieſer Spitze erſtreckt er ſich in
einem langen allmaͤhlig ſich neigenden Ruͤcken weiter,
und ſchließt ſich endlich in einem aufs neue in die Hoͤhe
gehenden Huͤgel, der den Nahmen Loͤwenſchwanz (Leeu-
we-Staert) fuͤhrt. Nicht weit vom Gipfel iſt der Loͤwen-
kopf an einer Stelle ſo jaͤh, daß man an einer Klippe
ein ſtarkes Seil hat befeſtigen muͤſſen, durch deſſen
Huͤlfe man eine beynahe ſenkrechte Wand hinanklettert.
Oben auf der Spitze haͤlt ſich beſtaͤndig eine Wache auf,
um die Schiffe, welche beym Cap zu landen gedenken,
zu entdecken und zu beobachten. Zu dieſem Endzwecke
iſt da ein kleines Haͤuschen mit einem Kamine, um Eſ-
ſen zu kochen, gebauet. Auch ſtehen da drey Kanonen,
von denen, ſo oft man ein Schiff ankommen ſieht, eine
abgefeuert wird, und eine hohe Stange, um die Flagge
aufzuziehen. Aus der Anzahl der Schuͤſſe weiß die Re-
gierung ſogleich, ob einzelne Schiffe oder eine Flotte
ankommen. Des Abends geht der Mann, welcher das
Amt hat, die Flagge auf- und niederzulaſſen, herun-
ter und begiebt ſich in ſein Haus, das in dem tiefen Grun-
de zwiſchen dem Tafelberge und der Loͤwenkuppe ſteht.
Wenn die entdeckten Schiffe naͤher kommen, wird die
Flagge auf dem ſogenannten Loͤwenruͤcken (Leeuwe-Rug),
und wenn ſie in den Hafen einlaufen, auf der Citadelle
aufgezogen, wo man ſie nicht eher niederlaͤßt, als bis
ſie ſalutirt haben. Kommt ein Schiff zwar zum Vor-
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Thunberg, Carl Peter: Reisen durch einen Theil von Europa, Afrika und Asien [...] in den Jahren 1770 bis 1779. Bd. 1. Übers. v. Christian Heinrich Groskurd. Berlin, 1792, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thunberg_reisen01_1792/233>, abgerufen am 24.11.2024.
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