Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

In die zweite Klasse kommen: das Einfahren des
Korns, das Dungfahren, das Dreschen u. m. a. Das
Einfahren und Dreschen richtet sich augenscheinlich nach
der Größe der Ernte, aber dies ist nicht minder bei den
Dungfuhren der Fall; denn der Boden wird im Verhält-
niß der Größe der Ernten erschöpft und bedarf in dem
Maße, wie die Aussaugung größer wird, auch einen grö-
ßern Dungersatz. Die Kosten dieser Arbeiten fasse ich un-
ter der gemeinschaftlichen Benennung, der Erntekosten,
zusammen.

Für einen und denselben Boden hängt der größere
oder geringere Kornertrag -- wenn die Wirthschaft und
alle andere einwirkende Potenzen dieselben bleiben -- al-
lein von dem Reichthum des Bodens an Pflanzennah-
rung ab 3).


3) Es ist hier immer nur von einer und derselben Bodenart die
Rede, die aber auf verschiedenen Stufen des Reichthums steht.
Man kann unstreitig durch eine aussaugende Wirthschaft einen
Boden von 10 Körnern Ertrag bis zu 4 Körnern herunter-
bringen, und bei diesem niedern Ertrag erspart man zwar an
Erntekosten, aber der Boden erfordert dennoch dieselben Bestel-
lungskosten, wie früher bei dem höhern Ertrage.
Boden von verschiedener physischer Beschaffenheit können bei
gleichem Reichthum ebenfalls einen sehr verschiedenen Er-
trag geben, -- der Thonboden vielleicht 10, der Sandboden nur
4 Körner, und ersterer erfordert denn weit größere Bestellungs-
kosten als letzterer. In diesem Werke aber ist die Einwirkung
verschiedener Bodenarten auf den Ertrag und auf die Bearbei-
tungskosten nirgends Gegenstand der Untersuchung. Ich muß
bei dieser Gelegenheit auf die bereits ausgesprochene Bemerkung
verweisen: daß nämlich die hier vorkommenden Zahlenverhält-
nisse, von einem einzelnen Punkte der Erfahrung entnommen, auch
nur für diesen einzelnen Fall zutreffend sind, daß von jedem an-
dern Standpunkte aus die Berechnung mit andern Zahlen be-
ginnen, und andere Resultate in Zahlen liefern muß; daß dage-
gen die hier beobachtete Methode allgemein anwendbar sey, und
daß das von jedem einzelnen Standpunkte aus Betrachtete im-
mer dieselben Folgerungen zulasse. Hier z. B., daß die Land-
2

In die zweite Klaſſe kommen: das Einfahren des
Korns, das Dungfahren, das Dreſchen u. m. a. Das
Einfahren und Dreſchen richtet ſich augenſcheinlich nach
der Groͤße der Ernte, aber dies iſt nicht minder bei den
Dungfuhren der Fall; denn der Boden wird im Verhaͤlt-
niß der Groͤße der Ernten erſchoͤpft und bedarf in dem
Maße, wie die Ausſaugung groͤßer wird, auch einen groͤ-
ßern Dungerſatz. Die Koſten dieſer Arbeiten faſſe ich un-
ter der gemeinſchaftlichen Benennung, der Erntekoſten,
zuſammen.

Fuͤr einen und denſelben Boden haͤngt der groͤßere
oder geringere Kornertrag — wenn die Wirthſchaft und
alle andere einwirkende Potenzen dieſelben bleiben — al-
lein von dem Reichthum des Bodens an Pflanzennah-
rung ab 3).


3) Es iſt hier immer nur von einer und derſelben Bodenart die
Rede, die aber auf verſchiedenen Stufen des Reichthums ſteht.
Man kann unſtreitig durch eine ausſaugende Wirthſchaft einen
Boden von 10 Koͤrnern Ertrag bis zu 4 Koͤrnern herunter-
bringen, und bei dieſem niedern Ertrag erſpart man zwar an
Erntekoſten, aber der Boden erfordert dennoch dieſelben Beſtel-
lungskoſten, wie fruͤher bei dem hoͤhern Ertrage.
Boden von verſchiedener phyſiſcher Beſchaffenheit koͤnnen bei
gleichem Reichthum ebenfalls einen ſehr verſchiedenen Er-
trag geben, — der Thonboden vielleicht 10, der Sandboden nur
4 Koͤrner, und erſterer erfordert denn weit groͤßere Beſtellungs-
koſten als letzterer. In dieſem Werke aber iſt die Einwirkung
verſchiedener Bodenarten auf den Ertrag und auf die Bearbei-
tungskoſten nirgends Gegenſtand der Unterſuchung. Ich muß
bei dieſer Gelegenheit auf die bereits ausgeſprochene Bemerkung
verweiſen: daß naͤmlich die hier vorkommenden Zahlenverhaͤlt-
niſſe, von einem einzelnen Punkte der Erfahrung entnommen, auch
nur fuͤr dieſen einzelnen Fall zutreffend ſind, daß von jedem an-
dern Standpunkte aus die Berechnung mit andern Zahlen be-
ginnen, und andere Reſultate in Zahlen liefern muß; daß dage-
gen die hier beobachtete Methode allgemein anwendbar ſey, und
daß das von jedem einzelnen Standpunkte aus Betrachtete im-
mer dieſelben Folgerungen zulaſſe. Hier z. B., daß die Land-
2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0031" n="17"/>
          <p>In die zweite Kla&#x017F;&#x017F;e kommen: das Einfahren des<lb/>
Korns, das Dungfahren, das Dre&#x017F;chen u. m. a. Das<lb/>
Einfahren und Dre&#x017F;chen richtet &#x017F;ich augen&#x017F;cheinlich nach<lb/>
der Gro&#x0364;ße der Ernte, aber dies i&#x017F;t nicht minder bei den<lb/>
Dungfuhren der Fall; denn der Boden wird im Verha&#x0364;lt-<lb/>
niß der Gro&#x0364;ße der Ernten er&#x017F;cho&#x0364;pft und bedarf in dem<lb/>
Maße, wie die Aus&#x017F;augung gro&#x0364;ßer wird, auch einen gro&#x0364;-<lb/>
ßern Dunger&#x017F;atz. Die Ko&#x017F;ten die&#x017F;er Arbeiten fa&#x017F;&#x017F;e ich un-<lb/>
ter der gemein&#x017F;chaftlichen Benennung, der Ernteko&#x017F;ten,<lb/>
zu&#x017F;ammen.</p><lb/>
          <p>Fu&#x0364;r einen und den&#x017F;elben Boden ha&#x0364;ngt der gro&#x0364;ßere<lb/>
oder geringere Kornertrag &#x2014; wenn die Wirth&#x017F;chaft und<lb/>
alle andere einwirkende Potenzen die&#x017F;elben bleiben &#x2014; al-<lb/>
lein von dem Reichthum des Bodens an Pflanzennah-<lb/>
rung ab <note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="3)">Es i&#x017F;t hier immer nur von einer und der&#x017F;elben Bodenart die<lb/>
Rede, die aber auf ver&#x017F;chiedenen Stufen des Reichthums &#x017F;teht.<lb/>
Man kann un&#x017F;treitig durch eine aus&#x017F;augende Wirth&#x017F;chaft einen<lb/>
Boden von 10 Ko&#x0364;rnern Ertrag bis zu 4 Ko&#x0364;rnern herunter-<lb/>
bringen, und bei die&#x017F;em niedern Ertrag er&#x017F;part man zwar an<lb/>
Ernteko&#x017F;ten, aber der Boden erfordert dennoch die&#x017F;elben Be&#x017F;tel-<lb/>
lungsko&#x017F;ten, wie fru&#x0364;her bei dem ho&#x0364;hern Ertrage.<lb/>
Boden von ver&#x017F;chiedener phy&#x017F;i&#x017F;cher Be&#x017F;chaffenheit ko&#x0364;nnen bei<lb/><hi rendition="#g">gleichem Reichthum</hi> ebenfalls einen &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenen Er-<lb/>
trag geben, &#x2014; der Thonboden vielleicht 10, der Sandboden nur<lb/>
4 Ko&#x0364;rner, und er&#x017F;terer erfordert denn weit gro&#x0364;ßere Be&#x017F;tellungs-<lb/>
ko&#x017F;ten als letzterer. In die&#x017F;em Werke aber i&#x017F;t die Einwirkung<lb/>
ver&#x017F;chiedener Bodenarten auf den Ertrag und auf die Bearbei-<lb/>
tungsko&#x017F;ten nirgends Gegen&#x017F;tand der Unter&#x017F;uchung. Ich muß<lb/>
bei die&#x017F;er Gelegenheit auf die bereits ausge&#x017F;prochene Bemerkung<lb/>
verwei&#x017F;en: daß na&#x0364;mlich die hier vorkommenden Zahlenverha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e, von einem einzelnen Punkte der Erfahrung entnommen, auch<lb/>
nur fu&#x0364;r die&#x017F;en einzelnen Fall zutreffend &#x017F;ind, daß von jedem an-<lb/>
dern Standpunkte aus die Berechnung mit andern Zahlen be-<lb/>
ginnen, und andere Re&#x017F;ultate in Zahlen liefern muß; daß dage-<lb/>
gen die hier beobachtete Methode allgemein anwendbar &#x017F;ey, und<lb/>
daß das von jedem einzelnen Standpunkte aus Betrachtete im-<lb/>
mer die&#x017F;elben Folgerungen zula&#x017F;&#x017F;e. Hier z. B., daß die Land-</note>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">2</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0031] In die zweite Klaſſe kommen: das Einfahren des Korns, das Dungfahren, das Dreſchen u. m. a. Das Einfahren und Dreſchen richtet ſich augenſcheinlich nach der Groͤße der Ernte, aber dies iſt nicht minder bei den Dungfuhren der Fall; denn der Boden wird im Verhaͤlt- niß der Groͤße der Ernten erſchoͤpft und bedarf in dem Maße, wie die Ausſaugung groͤßer wird, auch einen groͤ- ßern Dungerſatz. Die Koſten dieſer Arbeiten faſſe ich un- ter der gemeinſchaftlichen Benennung, der Erntekoſten, zuſammen. Fuͤr einen und denſelben Boden haͤngt der groͤßere oder geringere Kornertrag — wenn die Wirthſchaft und alle andere einwirkende Potenzen dieſelben bleiben — al- lein von dem Reichthum des Bodens an Pflanzennah- rung ab 3). 3) Es iſt hier immer nur von einer und derſelben Bodenart die Rede, die aber auf verſchiedenen Stufen des Reichthums ſteht. Man kann unſtreitig durch eine ausſaugende Wirthſchaft einen Boden von 10 Koͤrnern Ertrag bis zu 4 Koͤrnern herunter- bringen, und bei dieſem niedern Ertrag erſpart man zwar an Erntekoſten, aber der Boden erfordert dennoch dieſelben Beſtel- lungskoſten, wie fruͤher bei dem hoͤhern Ertrage. Boden von verſchiedener phyſiſcher Beſchaffenheit koͤnnen bei gleichem Reichthum ebenfalls einen ſehr verſchiedenen Er- trag geben, — der Thonboden vielleicht 10, der Sandboden nur 4 Koͤrner, und erſterer erfordert denn weit groͤßere Beſtellungs- koſten als letzterer. In dieſem Werke aber iſt die Einwirkung verſchiedener Bodenarten auf den Ertrag und auf die Bearbei- tungskoſten nirgends Gegenſtand der Unterſuchung. Ich muß bei dieſer Gelegenheit auf die bereits ausgeſprochene Bemerkung verweiſen: daß naͤmlich die hier vorkommenden Zahlenverhaͤlt- niſſe, von einem einzelnen Punkte der Erfahrung entnommen, auch nur fuͤr dieſen einzelnen Fall zutreffend ſind, daß von jedem an- dern Standpunkte aus die Berechnung mit andern Zahlen be- ginnen, und andere Reſultate in Zahlen liefern muß; daß dage- gen die hier beobachtete Methode allgemein anwendbar ſey, und daß das von jedem einzelnen Standpunkte aus Betrachtete im- mer dieſelben Folgerungen zulaſſe. Hier z. B., daß die Land- 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/31
Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/31>, abgerufen am 22.12.2024.