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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Lage und der Boden, nicht das Zufällige und Vergäng-
liche, die Person des Landwirths, kann den Werth und
die Landrente eines Guts bestimmen.

Die Landrente des einzelnen Guts, kann also nicht
durch den Reinertrag desselben bestimmt werden; aber die
Landrente entspringt wiederum nur aus dem Reinertrag,
weil die Landrente nichts anders ist, als der Reinertrag
nach Abzug der Zinsen des in den Gebäuden und andern
sich auf dem Gute befindenden Werthsgegenständen stecken-
den Kapitals.

Derjenige Reinertrag nun, den ein Gut in der
landüblichen Wirthschaft, bei einer gewöhnlichen, weder
ausgezeichnet großen noch geringen Thätigkeit und Kennt-
niß des Bewirthschafters gibt oder geben kann, dient
zur Norm für die Bestimmung der Landrente.

Die Wirkung einer gewöhnlichen Thätigkeit und
Kenntniß ist aber nur zu bestimmen aus der Größe des
Produkts, welches durch die Bemühung aller Landwirthe
eines ganzen Landes oder einer Provinz hervorgebracht
wird.

Die Totalsumme des Reinertrags aller Güter eines
ganzen Landes nach Abzug der Zinsen vom Werth der
Gebäude u. s. w. gibt die Summe der Landrente, und
diese, nach Verhältniß der Güte des Bodens und der Lage
auf die einzelnen Güter vertheilt, gibt die Landrente
des einzelnen Guts.

Es ergibt sich hieraus, wie schwierig es seyn muß,
die wirkliche Landrente eines Guts auszumitteln, und
es wäre schon deshalb nicht zu verwundern, wenn wir fin-
den, daß in der Praxis fast alle Versuche dieser Art
höchst verfehlt sind; aber gar sehr verschlimmert ist die
Sache dadurch, daß man in der Regel bei den Abschätzun-
gen von ganz falschen Grundsätzen ausgegangen ist. Man
kann sich nicht überzeugen, daß es kultivirten Acker gibt,

Lage und der Boden, nicht das Zufaͤllige und Vergaͤng-
liche, die Perſon des Landwirths, kann den Werth und
die Landrente eines Guts beſtimmen.

Die Landrente des einzelnen Guts, kann alſo nicht
durch den Reinertrag deſſelben beſtimmt werden; aber die
Landrente entſpringt wiederum nur aus dem Reinertrag,
weil die Landrente nichts anders iſt, als der Reinertrag
nach Abzug der Zinſen des in den Gebaͤuden und andern
ſich auf dem Gute befindenden Werthsgegenſtaͤnden ſtecken-
den Kapitals.

Derjenige Reinertrag nun, den ein Gut in der
landuͤblichen Wirthſchaft, bei einer gewoͤhnlichen, weder
ausgezeichnet großen noch geringen Thaͤtigkeit und Kennt-
niß des Bewirthſchafters gibt oder geben kann, dient
zur Norm fuͤr die Beſtimmung der Landrente.

Die Wirkung einer gewoͤhnlichen Thaͤtigkeit und
Kenntniß iſt aber nur zu beſtimmen aus der Groͤße des
Produkts, welches durch die Bemuͤhung aller Landwirthe
eines ganzen Landes oder einer Provinz hervorgebracht
wird.

Die Totalſumme des Reinertrags aller Guͤter eines
ganzen Landes nach Abzug der Zinſen vom Werth der
Gebaͤude u. ſ. w. gibt die Summe der Landrente, und
dieſe, nach Verhaͤltniß der Guͤte des Bodens und der Lage
auf die einzelnen Guͤter vertheilt, gibt die Landrente
des einzelnen Guts.

Es ergibt ſich hieraus, wie ſchwierig es ſeyn muß,
die wirkliche Landrente eines Guts auszumitteln, und
es waͤre ſchon deshalb nicht zu verwundern, wenn wir fin-
den, daß in der Praxis faſt alle Verſuche dieſer Art
hoͤchſt verfehlt ſind; aber gar ſehr verſchlimmert iſt die
Sache dadurch, daß man in der Regel bei den Abſchaͤtzun-
gen von ganz falſchen Grundſaͤtzen ausgegangen iſt. Man
kann ſich nicht uͤberzeugen, daß es kultivirten Acker gibt,

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[278/0292] Lage und der Boden, nicht das Zufaͤllige und Vergaͤng- liche, die Perſon des Landwirths, kann den Werth und die Landrente eines Guts beſtimmen. Die Landrente des einzelnen Guts, kann alſo nicht durch den Reinertrag deſſelben beſtimmt werden; aber die Landrente entſpringt wiederum nur aus dem Reinertrag, weil die Landrente nichts anders iſt, als der Reinertrag nach Abzug der Zinſen des in den Gebaͤuden und andern ſich auf dem Gute befindenden Werthsgegenſtaͤnden ſtecken- den Kapitals. Derjenige Reinertrag nun, den ein Gut in der landuͤblichen Wirthſchaft, bei einer gewoͤhnlichen, weder ausgezeichnet großen noch geringen Thaͤtigkeit und Kennt- niß des Bewirthſchafters gibt oder geben kann, dient zur Norm fuͤr die Beſtimmung der Landrente. Die Wirkung einer gewoͤhnlichen Thaͤtigkeit und Kenntniß iſt aber nur zu beſtimmen aus der Groͤße des Produkts, welches durch die Bemuͤhung aller Landwirthe eines ganzen Landes oder einer Provinz hervorgebracht wird. Die Totalſumme des Reinertrags aller Guͤter eines ganzen Landes nach Abzug der Zinſen vom Werth der Gebaͤude u. ſ. w. gibt die Summe der Landrente, und dieſe, nach Verhaͤltniß der Guͤte des Bodens und der Lage auf die einzelnen Guͤter vertheilt, gibt die Landrente des einzelnen Guts. Es ergibt ſich hieraus, wie ſchwierig es ſeyn muß, die wirkliche Landrente eines Guts auszumitteln, und es waͤre ſchon deshalb nicht zu verwundern, wenn wir fin- den, daß in der Praxis faſt alle Verſuche dieſer Art hoͤchſt verfehlt ſind; aber gar ſehr verſchlimmert iſt die Sache dadurch, daß man in der Regel bei den Abſchaͤtzun- gen von ganz falſchen Grundſaͤtzen ausgegangen iſt. Man kann ſich nicht uͤberzeugen, daß es kultivirten Acker gibt,

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/292>, abgerufen am 22.11.2024.