den Titel des Besitzers führen, aber wenn sie einiger- maßen verschuldet sind, den größern Theil der Landrente als Zinsen an die Kapitalisten abgeben müssen.
Ob nun der Kapitalist und der reiche Landeigenthü- mer durch die Unterhaltung vieler Bedienten und Luxus- pferde, und durch den Verbrauch von Luxuswaaren die Landrente verzehren, oder ob der Staat, wenn derselbe im Besitz der Landrente ist, diese auf die Unterhaltung des Militairs verwendet, mag auf den Nationalreichthum keinen wesentlichen Unterschied machen.
So wie die Landrente nicht durch Verwendung von Arbeit und Kapital, sondern durch den zufälligen Vor- zug in der Lage des Guts, oder der Beschaffenheit des Bodens entstanden ist, so kann sie auch wieder hinweg- genommen werden, ohne daß dadurch die Verwendung von Kapital und Arbeit gestört oder vermindert wird.
In dem isolirten Staat betrachten wir die Land- wirthschaft in einem beharrenden oder gleichbleibenden Zu- stande, und setzen voraus, daß die Wirthschaft auf allen Gütern mit gleicher Kenntniß und gleicher Konsequenz betrieben werde.
Beides ist in der Wirklichkeit nicht der Fall, und es entsteht die Frage, was man hier Landrente nennen könne, und wie ihre Größe auszumitteln sey.
Bei der Verschiedenheit von Thätigkeit und Kennt- niß, womit die Landwirthschaft betrieben wird, können zwei Güter von gleicher Lage und gleichem Boden doch einen sehr verschiedenen Reinertrag geben; aber man kann deshalb dem schlecht bewirthschafteten Gut keinen ge- ringern Werth und keine geringere Landrente beimessen, als dem andern Gut. Der Unterschied rührt bloß von der Persönlichkeit des Bewirthschafters her, und verschwindet wieder, sobald der Bewirthschafter durch einen andern ersetzt wird. Nur das Dauernde an einem Gute, die
den Titel des Beſitzers fuͤhren, aber wenn ſie einiger- maßen verſchuldet ſind, den groͤßern Theil der Landrente als Zinſen an die Kapitaliſten abgeben muͤſſen.
Ob nun der Kapitaliſt und der reiche Landeigenthuͤ- mer durch die Unterhaltung vieler Bedienten und Luxus- pferde, und durch den Verbrauch von Luxuswaaren die Landrente verzehren, oder ob der Staat, wenn derſelbe im Beſitz der Landrente iſt, dieſe auf die Unterhaltung des Militairs verwendet, mag auf den Nationalreichthum keinen weſentlichen Unterſchied machen.
So wie die Landrente nicht durch Verwendung von Arbeit und Kapital, ſondern durch den zufaͤlligen Vor- zug in der Lage des Guts, oder der Beſchaffenheit des Bodens entſtanden iſt, ſo kann ſie auch wieder hinweg- genommen werden, ohne daß dadurch die Verwendung von Kapital und Arbeit geſtoͤrt oder vermindert wird.
In dem iſolirten Staat betrachten wir die Land- wirthſchaft in einem beharrenden oder gleichbleibenden Zu- ſtande, und ſetzen voraus, daß die Wirthſchaft auf allen Guͤtern mit gleicher Kenntniß und gleicher Konſequenz betrieben werde.
Beides iſt in der Wirklichkeit nicht der Fall, und es entſteht die Frage, was man hier Landrente nennen koͤnne, und wie ihre Groͤße auszumitteln ſey.
Bei der Verſchiedenheit von Thaͤtigkeit und Kennt- niß, womit die Landwirthſchaft betrieben wird, koͤnnen zwei Guͤter von gleicher Lage und gleichem Boden doch einen ſehr verſchiedenen Reinertrag geben; aber man kann deshalb dem ſchlecht bewirthſchafteten Gut keinen ge- ringern Werth und keine geringere Landrente beimeſſen, als dem andern Gut. Der Unterſchied ruͤhrt bloß von der Perſoͤnlichkeit des Bewirthſchafters her, und verſchwindet wieder, ſobald der Bewirthſchafter durch einen andern erſetzt wird. Nur das Dauernde an einem Gute, die
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den Titel des Beſitzers fuͤhren, aber wenn ſie einiger-
maßen verſchuldet ſind, den groͤßern Theil der Landrente
als Zinſen an die Kapitaliſten abgeben muͤſſen.
Ob nun der Kapitaliſt und der reiche Landeigenthuͤ-
mer durch die Unterhaltung vieler Bedienten und Luxus-
pferde, und durch den Verbrauch von Luxuswaaren die
Landrente verzehren, oder ob der Staat, wenn derſelbe
im Beſitz der Landrente iſt, dieſe auf die Unterhaltung
des Militairs verwendet, mag auf den Nationalreichthum
keinen weſentlichen Unterſchied machen.
So wie die Landrente nicht durch Verwendung von
Arbeit und Kapital, ſondern durch den zufaͤlligen Vor-
zug in der Lage des Guts, oder der Beſchaffenheit des
Bodens entſtanden iſt, ſo kann ſie auch wieder hinweg-
genommen werden, ohne daß dadurch die Verwendung
von Kapital und Arbeit geſtoͤrt oder vermindert wird.
In dem iſolirten Staat betrachten wir die Land-
wirthſchaft in einem beharrenden oder gleichbleibenden Zu-
ſtande, und ſetzen voraus, daß die Wirthſchaft auf allen
Guͤtern mit gleicher Kenntniß und gleicher Konſequenz
betrieben werde.
Beides iſt in der Wirklichkeit nicht der Fall, und
es entſteht die Frage, was man hier Landrente nennen
koͤnne, und wie ihre Groͤße auszumitteln ſey.
Bei der Verſchiedenheit von Thaͤtigkeit und Kennt-
niß, womit die Landwirthſchaft betrieben wird, koͤnnen
zwei Guͤter von gleicher Lage und gleichem Boden doch
einen ſehr verſchiedenen Reinertrag geben; aber man
kann deshalb dem ſchlecht bewirthſchafteten Gut keinen ge-
ringern Werth und keine geringere Landrente beimeſſen,
als dem andern Gut. Der Unterſchied ruͤhrt bloß von der
Perſoͤnlichkeit des Bewirthſchafters her, und verſchwindet
wieder, ſobald der Bewirthſchafter durch einen andern
erſetzt wird. Nur das Dauernde an einem Gute, die
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/291>, abgerufen am 07.07.2024.
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