Staat aber, wo wir für alle Landwirthe gleiche Intelli- genz und also auch gleiche Kenntniß der guten Viehracen annehmen, entscheidet die Lage des Guts allein über die Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit der Aufzucht.
Wenn der Bedarf der Stadt an animalischen Pro- dukten eine Ausdehnung der Viehzucht bis 50 Meilen um die Stadt herum erfordert, so ist, wie wir oben gesehen haben, der Mittelpreis der Butter in der Stadt = 5 2/3 ß N 2/3 für das Pfund, und mit diesem Preise der Butter wird der Preis der andern thierischen Erzeugnisse, als Wolle, fettes Fleisch u. s. w. im Verhältniß stehen.
Der Reinertrag einer Kuh beträgt nach unsern obi- gen Untersuchungen für die Gegend, welche von der Stadt entfernt ist: 30 Meilen 0,96 Thlr. N 2/3 40 " 0,56 " 50 " 0 " Die Landrente ist also in diesem ganzen Kreise äußerst geringe, und der Ertrag der Güter besteht fast nur aus den Zinsen des Kapitals, welches auf die Errichtung der Gebäude, auf die Anschaffung des Inventarii u. s. w. verwandt ist.
In diesem Kreise wird nicht mehr Korn gebauet, als zur Ernährung der mit der Viehzucht beschäftigten Men- schen erforderlich ist. Der Gewinn an Stroh ist also äu- ßerst gering, und es darf nicht mehr Vieh gehalten wer- den, als mit diesem wenigen Stroh und mit dem Heu von den natürlichen Wiesen im Winter durchgefüttert werden kann.
Die Sommerweide für das Vieh ist hingegen, da fast der sämmtliche Acker der Güter zur Weide liegt, so reichlich, daß das Vieh nicht alles Gras verzehren kann, und daß ein Theil des Grases ungenutzt verfault.
Staat aber, wo wir fuͤr alle Landwirthe gleiche Intelli- genz und alſo auch gleiche Kenntniß der guten Viehracen annehmen, entſcheidet die Lage des Guts allein uͤber die Zweckmaͤßigkeit oder Unzweckmaͤßigkeit der Aufzucht.
Wenn der Bedarf der Stadt an animaliſchen Pro- dukten eine Ausdehnung der Viehzucht bis 50 Meilen um die Stadt herum erfordert, ſo iſt, wie wir oben geſehen haben, der Mittelpreis der Butter in der Stadt = 5 ⅔ ß N ⅔ fuͤr das Pfund, und mit dieſem Preiſe der Butter wird der Preis der andern thieriſchen Erzeugniſſe, als Wolle, fettes Fleiſch u. ſ. w. im Verhaͤltniß ſtehen.
Der Reinertrag einer Kuh betraͤgt nach unſern obi- gen Unterſuchungen fuͤr die Gegend, welche von der Stadt entfernt iſt: 30 Meilen 0,96 Thlr. N ⅔ 40 » 0,56 » 50 » 0 » Die Landrente iſt alſo in dieſem ganzen Kreiſe aͤußerſt geringe, und der Ertrag der Guͤter beſteht faſt nur aus den Zinſen des Kapitals, welches auf die Errichtung der Gebaͤude, auf die Anſchaffung des Inventarii u. ſ. w. verwandt iſt.
In dieſem Kreiſe wird nicht mehr Korn gebauet, als zur Ernaͤhrung der mit der Viehzucht beſchaͤftigten Men- ſchen erforderlich iſt. Der Gewinn an Stroh iſt alſo aͤu- ßerſt gering, und es darf nicht mehr Vieh gehalten wer- den, als mit dieſem wenigen Stroh und mit dem Heu von den natuͤrlichen Wieſen im Winter durchgefuͤttert werden kann.
Die Sommerweide fuͤr das Vieh iſt hingegen, da faſt der ſaͤmmtliche Acker der Guͤter zur Weide liegt, ſo reichlich, daß das Vieh nicht alles Gras verzehren kann, und daß ein Theil des Graſes ungenutzt verfault.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0215"n="201"/>
Staat aber, wo wir fuͤr alle Landwirthe gleiche Intelli-<lb/>
genz und alſo auch gleiche Kenntniß der guten Viehracen<lb/>
annehmen, entſcheidet die Lage des Guts allein uͤber die<lb/>
Zweckmaͤßigkeit oder Unzweckmaͤßigkeit der Aufzucht.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Wenn der Bedarf der Stadt an animaliſchen Pro-<lb/>
dukten eine Ausdehnung der Viehzucht bis 50 Meilen um<lb/>
die Stadt herum erfordert, ſo iſt, wie wir oben geſehen<lb/>
haben, der Mittelpreis der Butter in der Stadt = 5 ⅔ ß<lb/>
N ⅔ fuͤr das Pfund, und mit dieſem Preiſe der Butter<lb/>
wird der Preis der andern thieriſchen Erzeugniſſe, als<lb/>
Wolle, fettes Fleiſch u. ſ. w. im Verhaͤltniß ſtehen.</p><lb/><p>Der Reinertrag einer Kuh betraͤgt nach unſern obi-<lb/>
gen Unterſuchungen fuͤr die Gegend, welche von der Stadt<lb/>
entfernt iſt: 30 Meilen 0,96 Thlr. N ⅔<lb/><hirendition="#et">40 » 0,56 »<lb/>
50 » 0 »</hi><lb/>
Die Landrente iſt alſo in dieſem ganzen Kreiſe aͤußerſt<lb/>
geringe, und der Ertrag der Guͤter beſteht faſt nur aus<lb/>
den Zinſen des Kapitals, welches auf die Errichtung der<lb/>
Gebaͤude, auf die Anſchaffung des Inventarii u. ſ. w.<lb/>
verwandt iſt.</p><lb/><p>In dieſem Kreiſe wird nicht mehr Korn gebauet, als<lb/>
zur Ernaͤhrung der mit der Viehzucht beſchaͤftigten Men-<lb/>ſchen erforderlich iſt. Der Gewinn an Stroh iſt alſo aͤu-<lb/>
ßerſt gering, und es darf nicht mehr Vieh gehalten wer-<lb/>
den, als mit dieſem wenigen Stroh und mit dem Heu<lb/>
von den natuͤrlichen Wieſen im Winter durchgefuͤttert<lb/>
werden kann.</p><lb/><p>Die Sommerweide fuͤr das Vieh iſt hingegen, da<lb/>
faſt der ſaͤmmtliche Acker der Guͤter zur Weide liegt, ſo<lb/>
reichlich, daß das Vieh nicht alles Gras verzehren kann,<lb/>
und daß ein Theil des Graſes ungenutzt verfault.</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[201/0215]
Staat aber, wo wir fuͤr alle Landwirthe gleiche Intelli-
genz und alſo auch gleiche Kenntniß der guten Viehracen
annehmen, entſcheidet die Lage des Guts allein uͤber die
Zweckmaͤßigkeit oder Unzweckmaͤßigkeit der Aufzucht.
Wenn der Bedarf der Stadt an animaliſchen Pro-
dukten eine Ausdehnung der Viehzucht bis 50 Meilen um
die Stadt herum erfordert, ſo iſt, wie wir oben geſehen
haben, der Mittelpreis der Butter in der Stadt = 5 ⅔ ß
N ⅔ fuͤr das Pfund, und mit dieſem Preiſe der Butter
wird der Preis der andern thieriſchen Erzeugniſſe, als
Wolle, fettes Fleiſch u. ſ. w. im Verhaͤltniß ſtehen.
Der Reinertrag einer Kuh betraͤgt nach unſern obi-
gen Unterſuchungen fuͤr die Gegend, welche von der Stadt
entfernt iſt: 30 Meilen 0,96 Thlr. N ⅔
40 » 0,56 »
50 » 0 »
Die Landrente iſt alſo in dieſem ganzen Kreiſe aͤußerſt
geringe, und der Ertrag der Guͤter beſteht faſt nur aus
den Zinſen des Kapitals, welches auf die Errichtung der
Gebaͤude, auf die Anſchaffung des Inventarii u. ſ. w.
verwandt iſt.
In dieſem Kreiſe wird nicht mehr Korn gebauet, als
zur Ernaͤhrung der mit der Viehzucht beſchaͤftigten Men-
ſchen erforderlich iſt. Der Gewinn an Stroh iſt alſo aͤu-
ßerſt gering, und es darf nicht mehr Vieh gehalten wer-
den, als mit dieſem wenigen Stroh und mit dem Heu
von den natuͤrlichen Wieſen im Winter durchgefuͤttert
werden kann.
Die Sommerweide fuͤr das Vieh iſt hingegen, da
faſt der ſaͤmmtliche Acker der Guͤter zur Weide liegt, ſo
reichlich, daß das Vieh nicht alles Gras verzehren kann,
und daß ein Theil des Graſes ungenutzt verfault.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/215>, abgerufen am 30.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.