Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.mastung bestimmten Kartoffeln direkt zur menschlichen Vermehrt sich dagegen in einem Staat durch die Die Kartoffeln können nicht wie das Getreide von Mißrathen nun aber die Kartoffeln, so ist keine Ret- In diesem Fall wird also, so paradox dies auch schei- So hat also auch hier die Natur es der Willkühr maſtung beſtimmten Kartoffeln direkt zur menſchlichen Vermehrt ſich dagegen in einem Staat durch die Die Kartoffeln koͤnnen nicht wie das Getreide von Mißrathen nun aber die Kartoffeln, ſo iſt keine Ret- In dieſem Fall wird alſo, ſo paradox dies auch ſchei- So hat alſo auch hier die Natur es der Willkuͤhr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0213" n="199"/> maſtung beſtimmten Kartoffeln direkt zur menſchlichen<lb/> Nahrung verwandt, das Vieh aber mager geſchlachtet wer-<lb/> den, und da hiedurch die ſonſt in Fleiſch verwandelte Nah-<lb/> rungsmaſſe faſt verfuͤnffacht wird: ſo iſt es faſt unmoͤglich,<lb/> daß eine Nation die dieſe Stuffe des Wohlſtandes ein-<lb/> mal erſtiegen hat, jemals von einer Hungersnoth heimge-<lb/> ſucht werden koͤnne.</p><lb/> <p>Vermehrt ſich dagegen in einem Staat durch die<lb/> Einfuͤhrung des Kartoffelnbaues die Volksmenge ſo ſehr,<lb/> und ſinkt in Folge dieſer Vermehrung der Arbeitslohn ſo<lb/> tief, daß der Arbeiter fuͤr ſeinen Lohn nur Kartoffeln er-<lb/> kaufen kann, und ohne Beihuͤlfe animaliſcher Speiſen<lb/> ganz oder groͤßtentheils von Kartoffeln leben muß: ſo iſt<lb/> dieſer Zuſtand des Staats einer der bejammernswuͤrdigſten.</p><lb/> <p>Die Kartoffeln koͤnnen nicht wie das Getreide von<lb/> einem Jahr zum andern aufgehoben werden: es kann der<lb/> Ueberfluß des einen Jahrs nicht den Mangel des andern<lb/> erſetzen.</p><lb/> <p>Mißrathen nun aber die Kartoffeln, ſo iſt keine Ret-<lb/> tung durch den Uebergang von einem theuern zu einem<lb/> wohlfeilen Nahrungsmittel — wie der vom Fleiſch zu<lb/> Kartoffeln — moͤglich, und es tritt der Zuſtand ein, wo-<lb/> von Malthus ſagt: «wenn aber das Volk in der Regel<lb/> «vom allerniedrigſten Nahrungsmittel lebt, dann bleibt<lb/> «gar keine Zuflucht uͤbrig, als vielleicht etwas Baum-<lb/> «rinde, viele aber muͤſſen nothwendig des eigentlichen<lb/> «Hungertodes ſterben.»</p><lb/> <p>In dieſem Fall wird alſo, ſo paradox dies auch ſchei-<lb/> nen mag, grade durch die Kartoffel die Geißel einer oͤf-<lb/> ters wiederkehrenden Hungersnoth herbeigefuͤhrt. Irland<lb/> bietet vielleicht ſchon jetzt das Beiſpiel eines ſolchen Zu-<lb/> ſtandes dar.</p><lb/> <p>So hat alſo auch hier die Natur es der Willkuͤhr<lb/> des Menſchen uͤberlaſſen, ob er das herrliche Geſchenk, was<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0213]
maſtung beſtimmten Kartoffeln direkt zur menſchlichen
Nahrung verwandt, das Vieh aber mager geſchlachtet wer-
den, und da hiedurch die ſonſt in Fleiſch verwandelte Nah-
rungsmaſſe faſt verfuͤnffacht wird: ſo iſt es faſt unmoͤglich,
daß eine Nation die dieſe Stuffe des Wohlſtandes ein-
mal erſtiegen hat, jemals von einer Hungersnoth heimge-
ſucht werden koͤnne.
Vermehrt ſich dagegen in einem Staat durch die
Einfuͤhrung des Kartoffelnbaues die Volksmenge ſo ſehr,
und ſinkt in Folge dieſer Vermehrung der Arbeitslohn ſo
tief, daß der Arbeiter fuͤr ſeinen Lohn nur Kartoffeln er-
kaufen kann, und ohne Beihuͤlfe animaliſcher Speiſen
ganz oder groͤßtentheils von Kartoffeln leben muß: ſo iſt
dieſer Zuſtand des Staats einer der bejammernswuͤrdigſten.
Die Kartoffeln koͤnnen nicht wie das Getreide von
einem Jahr zum andern aufgehoben werden: es kann der
Ueberfluß des einen Jahrs nicht den Mangel des andern
erſetzen.
Mißrathen nun aber die Kartoffeln, ſo iſt keine Ret-
tung durch den Uebergang von einem theuern zu einem
wohlfeilen Nahrungsmittel — wie der vom Fleiſch zu
Kartoffeln — moͤglich, und es tritt der Zuſtand ein, wo-
von Malthus ſagt: «wenn aber das Volk in der Regel
«vom allerniedrigſten Nahrungsmittel lebt, dann bleibt
«gar keine Zuflucht uͤbrig, als vielleicht etwas Baum-
«rinde, viele aber muͤſſen nothwendig des eigentlichen
«Hungertodes ſterben.»
In dieſem Fall wird alſo, ſo paradox dies auch ſchei-
nen mag, grade durch die Kartoffel die Geißel einer oͤf-
ters wiederkehrenden Hungersnoth herbeigefuͤhrt. Irland
bietet vielleicht ſchon jetzt das Beiſpiel eines ſolchen Zu-
ſtandes dar.
So hat alſo auch hier die Natur es der Willkuͤhr
des Menſchen uͤberlaſſen, ob er das herrliche Geſchenk, was
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