der Preis höher, so muß er den Verbrauch desselben auf- geben oder wenigstens einschränken. Der Reiche dagegen kann und wird für die wohlschmeckendere Fleischspeise ei- nen höhern Preis zahlen, als das Werthsverhältniß zum Getreide angibt. Indem nun der Reiche grade durch die- sen höhern Preis den Armen von dem Ankauf des Flei- sches abhält, kann sein Tisch noch eben so reichlich als früher mit Fleisch besetzt seyn; während die arbeitende Klasse sich nun mit den wohlfeilern, aber minder kräfti- gen vegetabilischen Speisen begnügen muß.
So führt also dieser Uebergang zur höhern Kultur zu einer für die Arbeiter sehr unerfreulichen Beschränkung der gewohnten Bedürfnisse.
Steigen nun aber bei weiterm Fortschreiten des Reich- thums der Nation die Preise der animalischen Produkte so hoch, daß Kartoffeln zum Viehfutter mit Vortheil ge- bauet werden können: so findet nun auf einmal eine große Vermehrung der Viehprodukte statt, und die Portion die auf jeden Einzelnen fällt, kann nun wieder beträchtlich vergrößert werden.
Nach meinen Berechnungen ernährt ein Morgen mit Kartoffeln 2 2/3 mal so viel Vieh, als ein Morgen Dreesch- weide auf Boden von gleichem Reichthum.
Ist nun der Arbeitslohn so hoch, daß der Arbeiter den höhern Preis für die animalischen Produkte bezahlen kann -- und dies muß man voraussetzen, weil ohne die Konkurrenz der arbeitenden Klasse der Preis schwerlich so hoch hätte steigen können -- so wird der Arbeiter nun den Verbrauch der Fleischspeisen vermehren und zu einer behaglichen Lebensweise übergehen können.
Ein solcher Zustand der bürgerlichen Gesellschaft bie- tet aber noch eine andre sehr erfreuliche Seite dar.
Wenn nämlich in einem Mißwachsjahr die Ernte für den Bedarf nicht ausreicht, so können nun die zur Vieh-
der Preis hoͤher, ſo muß er den Verbrauch deſſelben auf- geben oder wenigſtens einſchraͤnken. Der Reiche dagegen kann und wird fuͤr die wohlſchmeckendere Fleiſchſpeiſe ei- nen hoͤhern Preis zahlen, als das Werthsverhaͤltniß zum Getreide angibt. Indem nun der Reiche grade durch die- ſen hoͤhern Preis den Armen von dem Ankauf des Flei- ſches abhaͤlt, kann ſein Tiſch noch eben ſo reichlich als fruͤher mit Fleiſch beſetzt ſeyn; waͤhrend die arbeitende Klaſſe ſich nun mit den wohlfeilern, aber minder kraͤfti- gen vegetabiliſchen Speiſen begnuͤgen muß.
So fuͤhrt alſo dieſer Uebergang zur hoͤhern Kultur zu einer fuͤr die Arbeiter ſehr unerfreulichen Beſchraͤnkung der gewohnten Beduͤrfniſſe.
Steigen nun aber bei weiterm Fortſchreiten des Reich- thums der Nation die Preiſe der animaliſchen Produkte ſo hoch, daß Kartoffeln zum Viehfutter mit Vortheil ge- bauet werden koͤnnen: ſo findet nun auf einmal eine große Vermehrung der Viehprodukte ſtatt, und die Portion die auf jeden Einzelnen faͤllt, kann nun wieder betraͤchtlich vergroͤßert werden.
Nach meinen Berechnungen ernaͤhrt ein Morgen mit Kartoffeln 2 ⅔ mal ſo viel Vieh, als ein Morgen Dreeſch- weide auf Boden von gleichem Reichthum.
Iſt nun der Arbeitslohn ſo hoch, daß der Arbeiter den hoͤhern Preis fuͤr die animaliſchen Produkte bezahlen kann — und dies muß man vorausſetzen, weil ohne die Konkurrenz der arbeitenden Klaſſe der Preis ſchwerlich ſo hoch haͤtte ſteigen koͤnnen — ſo wird der Arbeiter nun den Verbrauch der Fleiſchſpeiſen vermehren und zu einer behaglichen Lebensweiſe uͤbergehen koͤnnen.
Ein ſolcher Zuſtand der buͤrgerlichen Geſellſchaft bie- tet aber noch eine andre ſehr erfreuliche Seite dar.
Wenn naͤmlich in einem Mißwachsjahr die Ernte fuͤr den Bedarf nicht ausreicht, ſo koͤnnen nun die zur Vieh-
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[198/0212]
der Preis hoͤher, ſo muß er den Verbrauch deſſelben auf-
geben oder wenigſtens einſchraͤnken. Der Reiche dagegen
kann und wird fuͤr die wohlſchmeckendere Fleiſchſpeiſe ei-
nen hoͤhern Preis zahlen, als das Werthsverhaͤltniß zum
Getreide angibt. Indem nun der Reiche grade durch die-
ſen hoͤhern Preis den Armen von dem Ankauf des Flei-
ſches abhaͤlt, kann ſein Tiſch noch eben ſo reichlich als
fruͤher mit Fleiſch beſetzt ſeyn; waͤhrend die arbeitende
Klaſſe ſich nun mit den wohlfeilern, aber minder kraͤfti-
gen vegetabiliſchen Speiſen begnuͤgen muß.
So fuͤhrt alſo dieſer Uebergang zur hoͤhern Kultur
zu einer fuͤr die Arbeiter ſehr unerfreulichen Beſchraͤnkung
der gewohnten Beduͤrfniſſe.
Steigen nun aber bei weiterm Fortſchreiten des Reich-
thums der Nation die Preiſe der animaliſchen Produkte
ſo hoch, daß Kartoffeln zum Viehfutter mit Vortheil ge-
bauet werden koͤnnen: ſo findet nun auf einmal eine große
Vermehrung der Viehprodukte ſtatt, und die Portion die
auf jeden Einzelnen faͤllt, kann nun wieder betraͤchtlich
vergroͤßert werden.
Nach meinen Berechnungen ernaͤhrt ein Morgen mit
Kartoffeln 2 ⅔ mal ſo viel Vieh, als ein Morgen Dreeſch-
weide auf Boden von gleichem Reichthum.
Iſt nun der Arbeitslohn ſo hoch, daß der Arbeiter
den hoͤhern Preis fuͤr die animaliſchen Produkte bezahlen
kann — und dies muß man vorausſetzen, weil ohne die
Konkurrenz der arbeitenden Klaſſe der Preis ſchwerlich
ſo hoch haͤtte ſteigen koͤnnen — ſo wird der Arbeiter nun
den Verbrauch der Fleiſchſpeiſen vermehren und zu einer
behaglichen Lebensweiſe uͤbergehen koͤnnen.
Ein ſolcher Zuſtand der buͤrgerlichen Geſellſchaft bie-
tet aber noch eine andre ſehr erfreuliche Seite dar.
Wenn naͤmlich in einem Mißwachsjahr die Ernte fuͤr
den Bedarf nicht ausreicht, ſo koͤnnen nun die zur Vieh-
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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/212>, abgerufen am 07.07.2024.
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