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Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

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Kaveln zusammen zu 15000 Faden angenommen. Hier-
nach verhält sich der Zuwachs zu dem Bestande wie 1 zu
15; oder der jährliche Holzzuwachs beträgt 1/15 des Holz-
bestandes.

Die Erfahrung hat aber vielfach gelehrt, daß es beim
Ankauf eines Guts höchst gefährlich ist, die mit dem Gute
verbundene Waldung nach der Quantität des Holzbestan-
des abzuschätzen, und dann nach dieser Schätzung zu kau-
fen. Manche Käufer haben dadurch großen Schaden ge-
litten, Einige sogar ihr ganzes Vermögen verloren. Es
zeigte sich nämlich später, daß das Holz keine volle Zin-
sen trug, d. h. daß der jährliche Holzertrag nicht 1/20, son-
dern oft nur 1/30, oder gar nur 1/40 des Holzbestandes
ausmachte, daß also auch das auf den Ankauf der Wal-
dung verwandte Kapital nur 3 1/3 oder gar nur 21/2 prct.
Zinsen brachte.

Auch besitzen wir Abschätzungen von Waldungen, in
welchen der jährliche Zuwachs, von Forstkundigen selbst,
nur zu 1/40 des Holzbestandes angenommen wird.

Nehmen wir nun an, daß das was die Erfahrung
lehrt, in der Natur des Baumes selbst begründet sey,
daß vermöge dieser Natur der Bäume die Waldungen
nicht mehr als um 1/40 ihres Bestandes jährlich zu-
nehmen können, und entwickeln wir dann die hierin lie-
genden Folgen: so gelangen wir zu sehr merkwürdigen
Resultaten.

1) Der mit Holz bestandene Boden bringt nicht bloß
keine Landrente, sondern der Ertrag des Bodens ist
sogar negativ, indem die Zinsen des im Holzbestande
steckenden Kapitals schon das Doppelte des jährlichen
Ertrags ausmachen.
2) Jeder Waldbesitzer, der sein eigenes Interesse kennt,
muß das sämmtliche Holz auf einmal niederschlagen
und verkaufen, indem er durch das, aus dem Holz-
10

Kaveln zuſammen zu 15000 Faden angenommen. Hier-
nach verhaͤlt ſich der Zuwachs zu dem Beſtande wie 1 zu
15; oder der jaͤhrliche Holzzuwachs betraͤgt 1/15 des Holz-
beſtandes.

Die Erfahrung hat aber vielfach gelehrt, daß es beim
Ankauf eines Guts hoͤchſt gefaͤhrlich iſt, die mit dem Gute
verbundene Waldung nach der Quantitaͤt des Holzbeſtan-
des abzuſchaͤtzen, und dann nach dieſer Schaͤtzung zu kau-
fen. Manche Kaͤufer haben dadurch großen Schaden ge-
litten, Einige ſogar ihr ganzes Vermoͤgen verloren. Es
zeigte ſich naͤmlich ſpaͤter, daß das Holz keine volle Zin-
ſen trug, d. h. daß der jaͤhrliche Holzertrag nicht 1/20, ſon-
dern oft nur 1/30, oder gar nur 1/40 des Holzbeſtandes
ausmachte, daß alſo auch das auf den Ankauf der Wal-
dung verwandte Kapital nur 3⅓ oder gar nur 2½ prct.
Zinſen brachte.

Auch beſitzen wir Abſchaͤtzungen von Waldungen, in
welchen der jaͤhrliche Zuwachs, von Forſtkundigen ſelbſt,
nur zu 1/40 des Holzbeſtandes angenommen wird.

Nehmen wir nun an, daß das was die Erfahrung
lehrt, in der Natur des Baumes ſelbſt begruͤndet ſey,
daß vermoͤge dieſer Natur der Baͤume die Waldungen
nicht mehr als um 1/40 ihres Beſtandes jaͤhrlich zu-
nehmen koͤnnen, und entwickeln wir dann die hierin lie-
genden Folgen: ſo gelangen wir zu ſehr merkwuͤrdigen
Reſultaten.

1) Der mit Holz beſtandene Boden bringt nicht bloß
keine Landrente, ſondern der Ertrag des Bodens iſt
ſogar negativ, indem die Zinſen des im Holzbeſtande
ſteckenden Kapitals ſchon das Doppelte des jaͤhrlichen
Ertrags ausmachen.
2) Jeder Waldbeſitzer, der ſein eigenes Intereſſe kennt,
muß das ſaͤmmtliche Holz auf einmal niederſchlagen
und verkaufen, indem er durch das, aus dem Holz-
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[145/0159] Kaveln zuſammen zu 15000 Faden angenommen. Hier- nach verhaͤlt ſich der Zuwachs zu dem Beſtande wie 1 zu 15; oder der jaͤhrliche Holzzuwachs betraͤgt 1/15 des Holz- beſtandes. Die Erfahrung hat aber vielfach gelehrt, daß es beim Ankauf eines Guts hoͤchſt gefaͤhrlich iſt, die mit dem Gute verbundene Waldung nach der Quantitaͤt des Holzbeſtan- des abzuſchaͤtzen, und dann nach dieſer Schaͤtzung zu kau- fen. Manche Kaͤufer haben dadurch großen Schaden ge- litten, Einige ſogar ihr ganzes Vermoͤgen verloren. Es zeigte ſich naͤmlich ſpaͤter, daß das Holz keine volle Zin- ſen trug, d. h. daß der jaͤhrliche Holzertrag nicht 1/20, ſon- dern oft nur 1/30, oder gar nur 1/40 des Holzbeſtandes ausmachte, daß alſo auch das auf den Ankauf der Wal- dung verwandte Kapital nur 3⅓ oder gar nur 2½ prct. Zinſen brachte. Auch beſitzen wir Abſchaͤtzungen von Waldungen, in welchen der jaͤhrliche Zuwachs, von Forſtkundigen ſelbſt, nur zu 1/40 des Holzbeſtandes angenommen wird. Nehmen wir nun an, daß das was die Erfahrung lehrt, in der Natur des Baumes ſelbſt begruͤndet ſey, daß vermoͤge dieſer Natur der Baͤume die Waldungen nicht mehr als um 1/40 ihres Beſtandes jaͤhrlich zu- nehmen koͤnnen, und entwickeln wir dann die hierin lie- genden Folgen: ſo gelangen wir zu ſehr merkwuͤrdigen Reſultaten. 1) Der mit Holz beſtandene Boden bringt nicht bloß keine Landrente, ſondern der Ertrag des Bodens iſt ſogar negativ, indem die Zinſen des im Holzbeſtande ſteckenden Kapitals ſchon das Doppelte des jaͤhrlichen Ertrags ausmachen. 2) Jeder Waldbeſitzer, der ſein eigenes Intereſſe kennt, muß das ſaͤmmtliche Holz auf einmal niederſchlagen und verkaufen, indem er durch das, aus dem Holz- 10

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Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/159>, abgerufen am 22.12.2024.