Welch ein Tiefsinn bedeckt' itzt mit den Fittichen der Mitternacht das Cabinet der schönen Clarisse! Jhre erfindungsreiche Lie- be stritt immer mit der schwerfälligen Ein- sicht des Magisters: doch beyde mußten sich der Erfahrung eines grauen Kam- mermägdchens unterwerfen. Anschläge wur- den gefaßt, untersucht, und durch neue ver- drängt! Lange gieng das wichtige Project, wie ein Würfel im Kreislaufe herum, ehe die ältliche Zofe mit der verschmitzten hohen Mine eines versuchten Ministers, ihre Gedanken in folgenden klugen Wor- ten entdeckte! "Jtzt, ehrwürdiger Herr, da "sich Jhre Augen nach Ruhe sehnen, so "hören Sie kürzlich meinen unmaßgeblichen "Vorschlag: Meine willige Stimme soll itzt "dem Wächter des Hofes befehlen, daß sein "sicheres Geleite Sie, den Windhunden vor- "bey, in die Stube führe, die unser Haus- "hofmeister bewohnet. Dieser wird gern ei-
"ne
Welch ein Tiefſinn bedeckt’ itzt mit den Fittichen der Mitternacht das Cabinet der ſchoͤnen Clariſſe! Jhre erfindungsreiche Lie- be ſtritt immer mit der ſchwerfaͤlligen Ein- ſicht des Magiſters: doch beyde mußten ſich der Erfahrung eines grauen Kam- mermaͤgdchens unterwerfen. Anſchlaͤge wur- den gefaßt, unterſucht, und durch neue ver- draͤngt! Lange gieng das wichtige Project, wie ein Wuͤrfel im Kreislaufe herum, ehe die aͤltliche Zofe mit der verſchmitzten hohen Mine eines verſuchten Miniſters, ihre Gedanken in folgenden klugen Wor- ten entdeckte! „Jtzt, ehrwuͤrdiger Herr, da ”ſich Jhre Augen nach Ruhe ſehnen, ſo ”hoͤren Sie kuͤrzlich meinen unmaßgeblichen ”Vorſchlag: Meine willige Stimme ſoll itzt ”dem Waͤchter des Hofes befehlen, daß ſein ”ſicheres Geleite Sie, den Windhunden vor- ”bey, in die Stube fuͤhre, die unſer Haus- ”hofmeiſter bewohnet. Dieſer wird gern ei-
”ne
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0062"n="58"/><p>Welch ein Tiefſinn bedeckt’ itzt mit den<lb/>
Fittichen der Mitternacht das Cabinet der<lb/>ſchoͤnen Clariſſe! Jhre erfindungsreiche Lie-<lb/>
be ſtritt immer mit der ſchwerfaͤlligen Ein-<lb/>ſicht des Magiſters: doch beyde mußten<lb/>ſich der Erfahrung eines grauen Kam-<lb/>
mermaͤgdchens unterwerfen. Anſchlaͤge wur-<lb/>
den gefaßt, unterſucht, und durch neue ver-<lb/>
draͤngt! Lange gieng das wichtige Project,<lb/>
wie ein Wuͤrfel im Kreislaufe herum,<lb/>
ehe die aͤltliche Zofe mit der verſchmitzten<lb/>
hohen Mine eines verſuchten Miniſters,<lb/>
ihre Gedanken in folgenden klugen Wor-<lb/>
ten entdeckte! „Jtzt, ehrwuͤrdiger Herr, da<lb/>”ſich Jhre Augen nach Ruhe ſehnen, ſo<lb/>”hoͤren Sie kuͤrzlich meinen unmaßgeblichen<lb/>”Vorſchlag: Meine willige Stimme ſoll itzt<lb/>”dem Waͤchter des Hofes befehlen, daß ſein<lb/>”ſicheres Geleite Sie, den Windhunden vor-<lb/>”bey, in die Stube fuͤhre, die unſer Haus-<lb/>”hofmeiſter bewohnet. Dieſer wird gern ei-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">”ne</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[58/0062]
Welch ein Tiefſinn bedeckt’ itzt mit den
Fittichen der Mitternacht das Cabinet der
ſchoͤnen Clariſſe! Jhre erfindungsreiche Lie-
be ſtritt immer mit der ſchwerfaͤlligen Ein-
ſicht des Magiſters: doch beyde mußten
ſich der Erfahrung eines grauen Kam-
mermaͤgdchens unterwerfen. Anſchlaͤge wur-
den gefaßt, unterſucht, und durch neue ver-
draͤngt! Lange gieng das wichtige Project,
wie ein Wuͤrfel im Kreislaufe herum,
ehe die aͤltliche Zofe mit der verſchmitzten
hohen Mine eines verſuchten Miniſters,
ihre Gedanken in folgenden klugen Wor-
ten entdeckte! „Jtzt, ehrwuͤrdiger Herr, da
”ſich Jhre Augen nach Ruhe ſehnen, ſo
”hoͤren Sie kuͤrzlich meinen unmaßgeblichen
”Vorſchlag: Meine willige Stimme ſoll itzt
”dem Waͤchter des Hofes befehlen, daß ſein
”ſicheres Geleite Sie, den Windhunden vor-
”bey, in die Stube fuͤhre, die unſer Haus-
”hofmeiſter bewohnet. Dieſer wird gern ei-
”ne
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/62>, abgerufen am 08.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.