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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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manche vertraute Erzählung, bald von den
Freuden des Hofs, von englischen Tänzen
und überirdischen Opern und von den unnü-
tzen Verfolgungen ihrer Amanten; bald aber
auch bejammerte sie mit nachdenkender Stirne
den steten Wechsel des Hofs und den Ekel,
der, ein unermüdeter Verfolger aller rau-
schenden Ergetzungen, hinterlistig dem tau-
melnden Höflinge nachschleicht -- und da
wünschte sie sich -- Welch ein Vergnügen
für den horchenden Priester! einst wieder
mit Ehren zur glücklichen Stille des Landes
zurück. Unter diesen anmuthigen Gesprä-
chen, wovon meine Muse nicht die Hälfte
verräth, setzte sich diese liebe Gesellschaft ver-
traulich und ohne Gebethe zu Tische. Er-
schrocken dachte zwar der Magister daran,
doch durft' er es itzo nicht wagen, sich wider
die Gewohnheiten des Hofs zu empören.
Um das Mittagsmahl zu verherrlichen, hatte
die schöne Tochter des Hauses vier Flaschen

köst-

manche vertraute Erzaͤhlung, bald von den
Freuden des Hofs, von engliſchen Taͤnzen
und uͤberirdiſchen Opern und von den unnuͤ-
tzen Verfolgungen ihrer Amanten; bald aber
auch bejammerte ſie mit nachdenkender Stirne
den ſteten Wechſel des Hofs und den Ekel,
der, ein unermuͤdeter Verfolger aller rau-
ſchenden Ergetzungen, hinterliſtig dem tau-
melnden Hoͤflinge nachſchleicht — und da
wuͤnſchte ſie ſich — Welch ein Vergnuͤgen
fuͤr den horchenden Prieſter! einſt wieder
mit Ehren zur gluͤcklichen Stille des Landes
zuruͤck. Unter dieſen anmuthigen Geſpraͤ-
chen, wovon meine Muſe nicht die Haͤlfte
verraͤth, ſetzte ſich dieſe liebe Geſellſchaft ver-
traulich und ohne Gebethe zu Tiſche. Er-
ſchrocken dachte zwar der Magiſter daran,
doch durft’ er es itzo nicht wagen, ſich wider
die Gewohnheiten des Hofs zu empoͤren.
Um das Mittagsmahl zu verherrlichen, hatte
die ſchoͤne Tochter des Hauſes vier Flaſchen

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[29/0033] manche vertraute Erzaͤhlung, bald von den Freuden des Hofs, von engliſchen Taͤnzen und uͤberirdiſchen Opern und von den unnuͤ- tzen Verfolgungen ihrer Amanten; bald aber auch bejammerte ſie mit nachdenkender Stirne den ſteten Wechſel des Hofs und den Ekel, der, ein unermuͤdeter Verfolger aller rau- ſchenden Ergetzungen, hinterliſtig dem tau- melnden Hoͤflinge nachſchleicht — und da wuͤnſchte ſie ſich — Welch ein Vergnuͤgen fuͤr den horchenden Prieſter! einſt wieder mit Ehren zur gluͤcklichen Stille des Landes zuruͤck. Unter dieſen anmuthigen Geſpraͤ- chen, wovon meine Muſe nicht die Haͤlfte verraͤth, ſetzte ſich dieſe liebe Geſellſchaft ver- traulich und ohne Gebethe zu Tiſche. Er- ſchrocken dachte zwar der Magiſter daran, doch durft’ er es itzo nicht wagen, ſich wider die Gewohnheiten des Hofs zu empoͤren. Um das Mittagsmahl zu verherrlichen, hatte die ſchoͤne Tochter des Hauſes vier Flaſchen koͤſt-

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/33>, abgerufen am 29.11.2024.