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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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Das neunte Responsum, nebst etlichen nöthigen Anmerckungen von selbigen,

§. XIIX. So kurtz nun das achte Responfum ist, desto länger ist nunmehro das neunte, welches mir erst nach Erhaltung der vorstehenden Responsorum communiciret wurde, als wenn es erst nach diesen eingelauffen wäre. Wenn ich aber meine Gedancken drüber sagen soll, so wolte ich vielmehr dafür halten, daß es wo nicht das erste, doch eines mit von denen ersten gewesen sey, und daß eben deswegen der Herr Autor bey Ausstellung desselbigen sich so grosser Weitläufftigkeit als einer nöthigen Behutsamkeit bedienet. So bestärcket mich auch dieser Umstand in dieser meiner Vermuthung, weil dem Herrn Autori nur eine Frage vorgeleget worden, da doch bey allen denen andern Responsis zwey Fragen zu befinden waren, unter welchen die in dem gegenwärtigen Responso beantwortete Frage die andre war; es ist auch der bey denen andern Responsis befindliche Umstand von der sonderbahren Göttlichen Providenz bey der andern Frage, in der dem gegenwärtigen Responso vorgesetzten Frage nicht zu befinden, und demnach nicht unwahrscheinlich, daß eben von diesen Responso hernach Gelegenheit genommen worden aus einer Frage zwey zu machen, und dieselben etwas umständlicher zu formiren. (Jedoch wird diese Vermuthung wieder etwas zweiffelhafft durch dasjenige was der Autor beym Anfang der Beantwortung der dritten Special-Frage erinnert.) Was das Responsum selbst betrifft, so hat der Herr Autor dabey folgende Behutsamkeit gebraucht. Zuförderst erinnert er zum Voraus, daß man bey Beantwortung der Frage sich für zweyerley Extremis hüten müsse, nemlich daß man eines Theils in Theologischen Streitigkeiten sich nicht zu hefftig und zu hitzig, andern Theils aber auch nicht gar zu laulich und zu gelinde aufführen müsse; hernach setzte er gleichfalls noch 18. Theses zum Voraus, als gewisse Grundsätze, vermittelst welcher man die zweyerley unterschiedene Bedeutungen der Kirche, nicht weniger die Eintheilungen der Kirche in eine sichtbare und unsichtbahre, wahre und falsche, reine und unreine, allgemeine und absonderliche Kirche wohl verstehen und begreiffen, und sich disfalls für aller Confusion hüten müsse. Nachhero resolvirt er die ihm vorgelegte eine in fünff unterschiedene Fragen und beantwortet dieselben auch unterschiedlich. Bey der 1. will er behaupten daß die ietzige Römische Kirche nicht mehr das Apocalyptische Babel und ein Reich des Anti-Christs sey, weil nemlich nach der Weissagung in der Offenbahrung Johannis c. 16. vers. 19. durch den Westphälischen Friede aus der grossen Stadt Babel drey Theile (nemlich die Catholische, Lutherische und Reformirte Religion) worden, und also Babel gefallen, auch nach dem 18. Capitel das

Das neunte Responsum, nebst etlichen nöthigen Anmerckungen von selbigen,

§. XIIX. So kurtz nun das achte Responfum ist, desto länger ist nunmehro das neunte, welches mir erst nach Erhaltung der vorstehenden Responsorum communiciret wurde, als wenn es erst nach diesen eingelauffen wäre. Wenn ich aber meine Gedancken drüber sagen soll, so wolte ich vielmehr dafür halten, daß es wo nicht das erste, doch eines mit von denen ersten gewesen sey, und daß eben deswegen der Herr Autor bey Ausstellung desselbigen sich so grosser Weitläufftigkeit als einer nöthigen Behutsamkeit bedienet. So bestärcket mich auch dieser Umstand in dieser meiner Vermuthung, weil dem Herrn Autori nur eine Frage vorgeleget worden, da doch bey allen denen andern Responsis zwey Fragen zu befinden waren, unter welchen die in dem gegenwärtigen Responso beantwortete Frage die andre war; es ist auch der bey denen andern Responsis befindliche Umstand von der sonderbahren Göttlichen Providenz bey der andern Frage, in der dem gegenwärtigen Responso vorgesetzten Frage nicht zu befinden, und demnach nicht unwahrscheinlich, daß eben von diesen Responso hernach Gelegenheit genommen worden aus einer Frage zwey zu machen, und dieselben etwas umständlicher zu formiren. (Jedoch wird diese Vermuthung wieder etwas zweiffelhafft durch dasjenige was der Autor beym Anfang der Beantwortung der dritten Special-Frage erinnert.) Was das Responsum selbst betrifft, so hat der Herr Autor dabey folgende Behutsamkeit gebraucht. Zuförderst erinnert er zum Voraus, daß man bey Beantwortung der Frage sich für zweyerley Extremis hüten müsse, nemlich daß man eines Theils in Theologischen Streitigkeiten sich nicht zu hefftig und zu hitzig, andern Theils aber auch nicht gar zu laulich und zu gelinde aufführen müsse; hernach setzte er gleichfalls noch 18. Theses zum Voraus, als gewisse Grundsätze, vermittelst welcher man die zweyerley unterschiedene Bedeutungen der Kirche, nicht weniger die Eintheilungen der Kirche in eine sichtbare und unsichtbahre, wahre und falsche, reine und unreine, allgemeine und absonderliche Kirche wohl verstehen und begreiffen, und sich disfalls für aller Confusion hüten müsse. Nachhero resolvirt er die ihm vorgelegte eine in fünff unterschiedene Fragen und beantwortet dieselben auch unterschiedlich. Bey der 1. will er behaupten daß die ietzige Römische Kirche nicht mehr das Apocalyptische Babel und ein Reich des Anti-Christs sey, weil nemlich nach der Weissagung in der Offenbahrung Johannis c. 16. vers. 19. durch den Westphälischen Friede aus der grossen Stadt Babel drey Theile (nemlich die Catholische, Lutherische und Reformirte Religion) worden, und also Babel gefallen, auch nach dem 18. Capitel das

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[60/0068] §. XIIX. So kurtz nun das achte Responfum ist, desto länger ist nunmehro das neunte, welches mir erst nach Erhaltung der vorstehenden Responsorum communiciret wurde, als wenn es erst nach diesen eingelauffen wäre. Wenn ich aber meine Gedancken drüber sagen soll, so wolte ich vielmehr dafür halten, daß es wo nicht das erste, doch eines mit von denen ersten gewesen sey, und daß eben deswegen der Herr Autor bey Ausstellung desselbigen sich so grosser Weitläufftigkeit als einer nöthigen Behutsamkeit bedienet. So bestärcket mich auch dieser Umstand in dieser meiner Vermuthung, weil dem Herrn Autori nur eine Frage vorgeleget worden, da doch bey allen denen andern Responsis zwey Fragen zu befinden waren, unter welchen die in dem gegenwärtigen Responso beantwortete Frage die andre war; es ist auch der bey denen andern Responsis befindliche Umstand von der sonderbahren Göttlichen Providenz bey der andern Frage, in der dem gegenwärtigen Responso vorgesetzten Frage nicht zu befinden, und demnach nicht unwahrscheinlich, daß eben von diesen Responso hernach Gelegenheit genommen worden aus einer Frage zwey zu machen, und dieselben etwas umständlicher zu formiren. (Jedoch wird diese Vermuthung wieder etwas zweiffelhafft durch dasjenige was der Autor beym Anfang der Beantwortung der dritten Special-Frage erinnert.) Was das Responsum selbst betrifft, so hat der Herr Autor dabey folgende Behutsamkeit gebraucht. Zuförderst erinnert er zum Voraus, daß man bey Beantwortung der Frage sich für zweyerley Extremis hüten müsse, nemlich daß man eines Theils in Theologischen Streitigkeiten sich nicht zu hefftig und zu hitzig, andern Theils aber auch nicht gar zu laulich und zu gelinde aufführen müsse; hernach setzte er gleichfalls noch 18. Theses zum Voraus, als gewisse Grundsätze, vermittelst welcher man die zweyerley unterschiedene Bedeutungen der Kirche, nicht weniger die Eintheilungen der Kirche in eine sichtbare und unsichtbahre, wahre und falsche, reine und unreine, allgemeine und absonderliche Kirche wohl verstehen und begreiffen, und sich disfalls für aller Confusion hüten müsse. Nachhero resolvirt er die ihm vorgelegte eine in fünff unterschiedene Fragen und beantwortet dieselben auch unterschiedlich. Bey der 1. will er behaupten daß die ietzige Römische Kirche nicht mehr das Apocalyptische Babel und ein Reich des Anti-Christs sey, weil nemlich nach der Weissagung in der Offenbahrung Johannis c. 16. vers. 19. durch den Westphälischen Friede aus der grossen Stadt Babel drey Theile (nemlich die Catholische, Lutherische und Reformirte Religion) worden, und also Babel gefallen, auch nach dem 18. Capitel das

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/68>, abgerufen am 23.11.2024.