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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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ger worden, und diese beyde Eheleute sich vorgenommen, zum H. Abendmahl zu gehen, haben die Geistliche derjenigen Kirche, worinnen eingepfarret, dieselbe ad usum sacrae coenae zu admittiren sich geweigert, und ob wir zwar ihnen solches anfänglich ohne Poen, nachgehends bey Straffe, und endlich sub Poena remotionis auferlegt; So weigern sich doch darunter vor wie nach, vorgebend, es gienge wieder ihr Gewissen, und könten ihnen das Abendmahl nicht reichen, es wäre dann, daß sich wieder separiren liessen. Wir haben demnach Ew. Ew. Hoch-Ehrw. und Hoch-Edelgeb. Gestr. rechtliches Bedencken darüber hiermit einhohlen wollen, da wir Krafft juris Episcopalis & inde dependentis juris dispensandi darüber dispensiret, daß der Schultze zu C. seiner verstorbenen Frauen Schwester geheyrathet, die Heyrath auch durch Priesterliche Copulation vollenzogen, und die Frau schweren Fusses gehet, ob bey so gestalten Sachen die Prediger der Kirchen, worinnen vorgemeldete Eheleute eingepfarret, schuldig und gehalten seyn, dieselbe ad usum sacrae coenae zu admittiren, und wir auf ausgelassene Bescheider zu halten befugt seyn oder nicht, und wie gegen dieselbe bey fernerer Weigerung zuverfahren, dieselbe damit in den Schutz GOttes empfehlen. Geben unter unsern Secret Insiegel den 18. Sept. 1719. Es ist hierinnen nichts verdruckt, oder ausgelassen; ob schon vielleicht jemand, der etwan des Meißnischen Stili gewohnet, solches düncken möchte.

Worum auf selbige nur von Unserer Facultät, ein Responsum decisium erfolget.

§. III. Gleichwie es nun nichts seltzames, daß auch in einen Collegio die Vota nicht allemahl einstimmig seyn; Also muß man sich auch nicht wundern, wenn in zweyen unterschiedenen Facultäten auf eine Frage unterschiedene Antworten fallen. Denn die Freyheit muß einen jeden membro Collegii, noch mehr aber einer jeden Facultät nach ihrem Gewissen billig überlassen werden, jedoch mit dem Unterscheid, daß in einem Collegio die vota majora überwiegen, in zweyen Facultäten aber einer jeden ihr conclusum in denen Responsis zu attendiren ist. Derowegen befrembdete es auch uns nicht, als wir a Pl. Reverenda Facultate Theologica folgende Resolution erhielten. Weil in so wichtiger Sache keine Acta vorhanden, und in specie der Prediger ihre Rationes nicht communiciret worden, trägt Facultas Theologica Bedencken, ein finales Responsum zu geben; hält aber dafür, wenn die Prediger ihre Rationes negandi vor

ger worden, und diese beyde Eheleute sich vorgenommen, zum H. Abendmahl zu gehen, haben die Geistliche derjenigen Kirche, worinnen eingepfarret, dieselbe ad usum sacrae coenae zu admittiren sich geweigert, und ob wir zwar ihnen solches anfänglich ohne Poen, nachgehends bey Straffe, und endlich sub Poena remotionis auferlegt; So weigern sich doch darunter vor wie nach, vorgebend, es gienge wieder ihr Gewissen, und könten ihnen das Abendmahl nicht reichen, es wäre dann, daß sich wieder separiren liessen. Wir haben demnach Ew. Ew. Hoch-Ehrw. und Hoch-Edelgeb. Gestr. rechtliches Bedencken darüber hiermit einhohlen wollen, da wir Krafft juris Episcopalis & inde dependentis juris dispensandi darüber dispensiret, daß der Schultze zu C. seiner verstorbenen Frauen Schwester geheyrathet, die Heyrath auch durch Priesterliche Copulation vollenzogen, und die Frau schweren Fusses gehet, ob bey so gestalten Sachen die Prediger der Kirchen, woriñen vorgemeldete Eheleute eingepfarret, schuldig und gehalten seyn, dieselbe ad usum sacrae coenae zu admittiren, und wir auf ausgelassene Bescheider zu halten befugt seyn oder nicht, und wie gegen dieselbe bey fernerer Weigerung zuverfahren, dieselbe damit in den Schutz GOttes empfehlen. Geben unter unsern Secret Insiegel den 18. Sept. 1719. Es ist hierinnen nichts verdruckt, oder ausgelassen; ob schon vielleicht jemand, der etwan des Meißnischen Stili gewohnet, solches düncken möchte.

Worum auf selbige nur von Unserer Facultät, ein Responsum decisium erfolget.

§. III. Gleichwie es nun nichts seltzames, daß auch in einen Collegio die Vota nicht allemahl einstimmig seyn; Also muß man sich auch nicht wundern, wenn in zweyen unterschiedenen Facultäten auf eine Frage unterschiedene Antworten fallen. Denn die Freyheit muß einen jeden membro Collegii, noch mehr aber einer jeden Facultät nach ihrem Gewissen billig überlassen werden, jedoch mit dem Unterscheid, daß in einem Collegio die vota majora überwiegen, in zweyen Facultäten aber einer jeden ihr conclusum in denen Responsis zu attendiren ist. Derowegen befrembdete es auch uns nicht, als wir a Pl. Reverenda Facultate Theologica folgende Resolution erhielten. Weil in so wichtiger Sache keine Acta vorhanden, und in specie der Prediger ihre Rationes nicht communiciret worden, trägt Facultas Theologica Bedencken, ein finales Responsum zu geben; hält aber dafür, wenn die Prediger ihre Rationes negandi vor

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[294/0302] ger worden, und diese beyde Eheleute sich vorgenommen, zum H. Abendmahl zu gehen, haben die Geistliche derjenigen Kirche, worinnen eingepfarret, dieselbe ad usum sacrae coenae zu admittiren sich geweigert, und ob wir zwar ihnen solches anfänglich ohne Poen, nachgehends bey Straffe, und endlich sub Poena remotionis auferlegt; So weigern sich doch darunter vor wie nach, vorgebend, es gienge wieder ihr Gewissen, und könten ihnen das Abendmahl nicht reichen, es wäre dann, daß sich wieder separiren liessen. Wir haben demnach Ew. Ew. Hoch-Ehrw. und Hoch-Edelgeb. Gestr. rechtliches Bedencken darüber hiermit einhohlen wollen, da wir Krafft juris Episcopalis & inde dependentis juris dispensandi darüber dispensiret, daß der Schultze zu C. seiner verstorbenen Frauen Schwester geheyrathet, die Heyrath auch durch Priesterliche Copulation vollenzogen, und die Frau schweren Fusses gehet, ob bey so gestalten Sachen die Prediger der Kirchen, woriñen vorgemeldete Eheleute eingepfarret, schuldig und gehalten seyn, dieselbe ad usum sacrae coenae zu admittiren, und wir auf ausgelassene Bescheider zu halten befugt seyn oder nicht, und wie gegen dieselbe bey fernerer Weigerung zuverfahren, dieselbe damit in den Schutz GOttes empfehlen. Geben unter unsern Secret Insiegel den 18. Sept. 1719. Es ist hierinnen nichts verdruckt, oder ausgelassen; ob schon vielleicht jemand, der etwan des Meißnischen Stili gewohnet, solches düncken möchte. §. III. Gleichwie es nun nichts seltzames, daß auch in einen Collegio die Vota nicht allemahl einstimmig seyn; Also muß man sich auch nicht wundern, wenn in zweyen unterschiedenen Facultäten auf eine Frage unterschiedene Antworten fallen. Denn die Freyheit muß einen jeden membro Collegii, noch mehr aber einer jeden Facultät nach ihrem Gewissen billig überlassen werden, jedoch mit dem Unterscheid, daß in einem Collegio die vota majora überwiegen, in zweyen Facultäten aber einer jeden ihr conclusum in denen Responsis zu attendiren ist. Derowegen befrembdete es auch uns nicht, als wir a Pl. Reverenda Facultate Theologica folgende Resolution erhielten. Weil in so wichtiger Sache keine Acta vorhanden, und in specie der Prediger ihre Rationes nicht communiciret worden, trägt Facultas Theologica Bedencken, ein finales Responsum zu geben; hält aber dafür, wenn die Prediger ihre Rationes negandi vor

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/302>, abgerufen am 18.05.2024.