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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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Hochfürstl. Altenburgischen Consistorii der Rath zu Pößneck per modum inquisitionis generalis einige Zeugen summariter abgehöret, Test. 7. Wilhelm Klopfleisch deponiret, daß dessen Vater gegen ihn, den Zeugen, ausdrücklich gesaget, er wäre ein Pietist, auch die andern Zeugen ihm darinnen adminiculiret, daß sie de rumore & sama communi, daß nemlich dessen Vater ein Pietist wäre, ausgesaget, woraus es scheinet, quod ex hisce Testium depositionibus de corpore delicti, quod hic heterodoxia aliqua praetenditur, satis constiterit, & propterea judex legitime ad inquisitionem ipsam specialem procedere potuerit, bey welcher Special-Inquisition denn so wohl dessen Vater als Bruder beyderseits ad Art. 24. gestanden, daß sie Jacob Böhmens Buch, der Weg zu Christo genannt, gelesen, und dadurch sich dem Ansehen nach noch weit mehr verdächtig gemacht, indem Jaeob Böhme mit seinen Schrifften von vielen Lutherischen Theologen als ein Heterodoxus verworffen worden, consequenter derjenige, der selne Schrifften mit Hochhaltung lieset, nach der Herrn Prediger zu Pößneck Meynung, dafür gehalten wird, daß er sich seiner Irrthümer mit theilhafftig mache.

Dennoch aber und dieweil bey Anstellung eines jeden Special-Inquisition-ProcessesHandgreislicher Beweiß, daß alhier keine Missethat vorhanden. vor allen Dingen erfordert wird, daß ein Crimen verhanden und bereits ausgeübet sey, um welches Willen solche Special-Inquisition soll vorgenommen werden, angesehen sonsten die Inquisition wider eine ertichtete Chimaeram gerichtet wird, und folgends dieselbe ipso jure null und nichtig ist, weßhalb in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Art. 6. erfordert wird, daß derjenige, so von der Obrigkeit soll angenommen werden, durch gemeinen Leumuth einer Ubelthat berüchtiget, oder durch andere glaubwürdige Anzeigunge deshalb verdächtig und argwöhnig sey, & primum Requisitum inquisitionis legitime formandae est apparentia delicti, ut de ipso facto, an scilicet quispiam delictum commiserit, ante omnia constet, Jul. Clar. lib. 5. sentent. §. ult. quaest. 4. in pr. & quaest. 5. Nic. Reusner lib. 1. Decis. 24. n. 12. dergleichen Crimen aber allhier in totis Actis nicht zu erfinden, indem eines theils von mir anderswo ausgeführet worden, daß die so genannte Ketzerey und heterodoxie für kein Laster zu achten, weshalben nach GOttes Wort oder auch gesunder Vernunfft eine Inquisition angestellet werden könne; anderes theils aber (und weil dieses Responsum vielleicht denen unter Händen kommen möchte, die an besagter Wahrheit keinen Geschmack finden dörfften;) gesetzt auch

Hochfürstl. Altenburgischen Consistorii der Rath zu Pößneck per modum inquisitionis generalis einige Zeugen summariter abgehöret, Test. 7. Wilhelm Klopfleisch deponiret, daß dessen Vater gegen ihn, den Zeugen, ausdrücklich gesaget, er wäre ein Pietist, auch die andern Zeugen ihm darinnen adminiculiret, daß sie de rumore & sama communi, daß nemlich dessen Vater ein Pietist wäre, ausgesaget, woraus es scheinet, quod ex hisce Testium depositionibus de corpore delicti, quod hic heterodoxia aliqua praetenditur, satis constiterit, & propterea judex legitime ad inquisitionem ipsam specialem procedere potuerit, bey welcher Special-Inquisition denn so wohl dessen Vater als Bruder beyderseits ad Art. 24. gestanden, daß sie Jacob Böhmens Buch, der Weg zu Christo genannt, gelesen, und dadurch sich dem Ansehen nach noch weit mehr verdächtig gemacht, indem Jaeob Böhme mit seinen Schrifften von vielen Lutherischen Theologen als ein Heterodoxus verworffen worden, consequenter derjenige, der selne Schrifften mit Hochhaltung lieset, nach der Herrn Prediger zu Pößneck Meynung, dafür gehalten wird, daß er sich seiner Irrthümer mit theilhafftig mache.

Dennoch aber und dieweil bey Anstellung eines jeden Special-Inquisition-ProcessesHandgreislicher Beweiß, daß alhier keine Missethat vorhanden. vor allen Dingen erfordert wird, daß ein Crimen verhanden und bereits ausgeübet sey, um welches Willen solche Special-Inquisition soll vorgenommen werden, angesehen sonsten die Inquisition wider eine ertichtete Chimaeram gerichtet wird, und folgends dieselbe ipso jure null und nichtig ist, weßhalb in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Art. 6. erfordert wird, daß derjenige, so von der Obrigkeit soll angenommen werden, durch gemeinen Leumuth einer Ubelthat berüchtiget, oder durch andere glaubwürdige Anzeigunge deshalb verdächtig und argwöhnig sey, & primum Requisitum inquisitionis legitime formandae est apparentia delicti, ut de ipso facto, an scilicet quispiam delictum commiserit, ante omnia constet, Jul. Clar. lib. 5. sentent. §. ult. quaest. 4. in pr. & quaest. 5. Nic. Reusner lib. 1. Decis. 24. n. 12. dergleichen Crimen aber allhier in totis Actis nicht zu erfinden, indem eines theils von mir anderswo ausgeführet worden, daß die so genannte Ketzerey und heterodoxie für kein Laster zu achten, weshalben nach GOttes Wort oder auch gesunder Vernunfft eine Inquisition angestellet werden könne; anderes theils aber (und weil dieses Responsum vielleicht denen unter Händen kommen möchte, die an besagter Wahrheit keinen Geschmack finden dörfften;) gesetzt auch

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Hochfürstl. Altenburgischen Consistorii der Rath                      zu Pößneck per modum inquisitionis generalis einige Zeugen summariter abgehöret,                      Test. 7. Wilhelm Klopfleisch deponiret, daß dessen Vater gegen ihn, den Zeugen,                      ausdrücklich gesaget, er wäre ein Pietist, auch die andern Zeugen ihm darinnen                      adminiculiret, daß sie de rumore &amp; sama communi, daß nemlich dessen Vater                      ein Pietist wäre, ausgesaget, woraus es scheinet, quod ex hisce Testium                      depositionibus de corpore delicti, quod hic heterodoxia aliqua praetenditur,                      satis constiterit, &amp; propterea judex legitime ad inquisitionem ipsam                      specialem procedere potuerit, bey welcher Special-Inquisition denn so wohl                      dessen Vater als Bruder beyderseits ad Art. 24. gestanden, daß sie Jacob Böhmens                      Buch, der Weg zu Christo genannt, gelesen, und dadurch sich dem Ansehen nach                      noch weit mehr verdächtig gemacht, indem Jaeob Böhme mit seinen Schrifften von                      vielen Lutherischen Theologen als ein Heterodoxus verworffen worden,                      consequenter derjenige, der selne Schrifften mit Hochhaltung lieset, nach der                      Herrn Prediger zu Pößneck Meynung, dafür gehalten wird, daß er sich seiner                      Irrthümer mit theilhafftig mache.</p>
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[273/0281] Hochfürstl. Altenburgischen Consistorii der Rath zu Pößneck per modum inquisitionis generalis einige Zeugen summariter abgehöret, Test. 7. Wilhelm Klopfleisch deponiret, daß dessen Vater gegen ihn, den Zeugen, ausdrücklich gesaget, er wäre ein Pietist, auch die andern Zeugen ihm darinnen adminiculiret, daß sie de rumore & sama communi, daß nemlich dessen Vater ein Pietist wäre, ausgesaget, woraus es scheinet, quod ex hisce Testium depositionibus de corpore delicti, quod hic heterodoxia aliqua praetenditur, satis constiterit, & propterea judex legitime ad inquisitionem ipsam specialem procedere potuerit, bey welcher Special-Inquisition denn so wohl dessen Vater als Bruder beyderseits ad Art. 24. gestanden, daß sie Jacob Böhmens Buch, der Weg zu Christo genannt, gelesen, und dadurch sich dem Ansehen nach noch weit mehr verdächtig gemacht, indem Jaeob Böhme mit seinen Schrifften von vielen Lutherischen Theologen als ein Heterodoxus verworffen worden, consequenter derjenige, der selne Schrifften mit Hochhaltung lieset, nach der Herrn Prediger zu Pößneck Meynung, dafür gehalten wird, daß er sich seiner Irrthümer mit theilhafftig mache. Dennoch aber und dieweil bey Anstellung eines jeden Special-Inquisition-Processes vor allen Dingen erfordert wird, daß ein Crimen verhanden und bereits ausgeübet sey, um welches Willen solche Special-Inquisition soll vorgenommen werden, angesehen sonsten die Inquisition wider eine ertichtete Chimaeram gerichtet wird, und folgends dieselbe ipso jure null und nichtig ist, weßhalb in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Art. 6. erfordert wird, daß derjenige, so von der Obrigkeit soll angenommen werden, durch gemeinen Leumuth einer Ubelthat berüchtiget, oder durch andere glaubwürdige Anzeigunge deshalb verdächtig und argwöhnig sey, & primum Requisitum inquisitionis legitime formandae est apparentia delicti, ut de ipso facto, an scilicet quispiam delictum commiserit, ante omnia constet, Jul. Clar. lib. 5. sentent. §. ult. quaest. 4. in pr. & quaest. 5. Nic. Reusner lib. 1. Decis. 24. n. 12. dergleichen Crimen aber allhier in totis Actis nicht zu erfinden, indem eines theils von mir anderswo ausgeführet worden, daß die so genannte Ketzerey und heterodoxie für kein Laster zu achten, weshalben nach GOttes Wort oder auch gesunder Vernunfft eine Inquisition angestellet werden könne; anderes theils aber (und weil dieses Responsum vielleicht denen unter Händen kommen möchte, die an besagter Wahrheit keinen Geschmack finden dörfften;) gesetzt auch Handgreislicher Beweiß, daß alhier keine Missethat vorhanden.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/281>, abgerufen am 24.11.2024.