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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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die allzuöffentliche Blösse nicht decken wollen, sondern jederman in der Stadt über diesen unerhörten Modum procedendi wie nicht weniger über seine Unbeständigkeit erschrocken, indem sein vor zweyen Jahren in seinen Predigten geführter Jahrgang contra Papatum mit seinen nunmehrigen Responso & hypothesibus gantz nicht überein stimmet; So sey er in seiner Kirchen auf den drauf folgenden Neuen Jahrs-Tag wieder aufgetreten, und hätte das bisher passirte mit grosser Bemühung defendiret, beyde vorige Hof-Prediger beschuldiget, daß sie hätten Rebellion anrichten, und die Unterthanen in ihrer Devotion irre machen wollen; dadurch wären sie nun ein Fluch und Scheusaal der Stadt, des Landes und der gantzen Welt worden. Darauf hätte er auch die Pastores an denen übrigen Kirchen acerrime perstringiret, daß dieselbe wider ihn und diese Sache bißhero mit Unverstand ja Gotteslästerlich geeyffert hätten, da doch vielmehr er der Abt von denen Predigten des Pastoris zu S. Trinitatis nahmentlich und Gotteslästerlich geredet hätte. In Summa Er habe so hefftig und unchristlich excedirt, daß auch Princeps deßhalb bewogen worden, dergleichen ferneres Unternehmen durch eine scharffe Verordnung sub dato d. 4. Januarii 1706. Inhalt zu thun.

§. XXXIV. Nun will ich zwar den Abt keinesweges in allenGegen welche eine anderwärtige Relation vorgestellet wird, so wohl von dessen gehaltener Predigt. seinem Thun und Lassen vertheydigen; noch die von seinen Predigten angeführte Umstände insgesammt verneinen: Daß aber die zwey dimittirten Prediger dieselbe ihren Gebrauch nach nicht alle gemeldet, und die Excesse derer Leute von ihrer Parthey verschwiegen, wird nunmehro dasjenige zeigen, was mir damahls von meinen Herrn Correspondenten gemeldet worden. Daß den 20. December Serenissimus in der Schloß-Kirche zwey neue Diaconos durch den Abt introduciren lassen, welcher dieselben bey der Introduction treflich vermahnet und angewiesen, wie sie sich in ihrem Amte verhalten solten: nemlich daß sie müsten ihr Amt nach der heiligen Schrifft und der Kirchen-Ordnung verrichten, wieder selbige nichts begehen, die Gradus admonitionis fleißig in acht nehmen, allenfalls dem Consistorio die Sache vermelden, und nicht nach ihren eigenen Kopffe verfahren. Es meinte wohl mancher, er könne frey und ohne Bedencken dasjenige thun, was Moses, Christus, die Propheten und Apostel gethan hätten; Allein das gienge nicht an; denn die Propheten und Apostel hätten vocationem DEI immediatam gehabt, sie aber nicht. Und was würde daraus werden, wenn man die Sünder mit der Peitsche aus der

die allzuöffentliche Blösse nicht decken wollen, sondern jederman in der Stadt über diesen unerhörten Modum procedendi wie nicht weniger über seine Unbeständigkeit erschrocken, indem sein vor zweyen Jahren in seinen Predigten geführter Jahrgang contra Papatum mit seinen nunmehrigen Responso & hypothesibus gantz nicht überein stimmet; So sey er in seiner Kirchen auf den drauf folgenden Neuen Jahrs-Tag wieder aufgetreten, und hätte das bisher passirte mit grosser Bemühung defendiret, beyde vorige Hof-Prediger beschuldiget, daß sie hätten Rebellion anrichten, und die Unterthanen in ihrer Devotion irre machen wollen; dadurch wären sie nun ein Fluch und Scheusaal der Stadt, des Landes und der gantzen Welt worden. Darauf hätte er auch die Pastores an denen übrigen Kirchen acerrime perstringiret, daß dieselbe wider ihn und diese Sache bißhero mit Unverstand ja Gotteslästerlich geeyffert hätten, da doch vielmehr er der Abt von denen Predigten des Pastoris zu S. Trinitatis nahmentlich und Gotteslästerlich geredet hätte. In Summa Er habe so hefftig und unchristlich excedirt, daß auch Princeps deßhalb bewogen worden, dergleichen ferneres Unternehmen durch eine scharffe Verordnung sub dato d. 4. Januarii 1706. Inhalt zu thun.

§. XXXIV. Nun will ich zwar den Abt keinesweges in allenGegen welche eine anderwärtige Relation vorgestellet wird, so wohl von dessen gehaltener Predigt. seinem Thun und Lassen vertheydigen; noch die von seinen Predigten angeführte Umstände insgesammt verneinen: Daß aber die zwey dimittirten Prediger dieselbe ihren Gebrauch nach nicht alle gemeldet, und die Excesse derer Leute von ihrer Parthey verschwiegen, wird nunmehro dasjenige zeigen, was mir damahls von meinen Herrn Correspondenten gemeldet worden. Daß den 20. December Serenissimus in der Schloß-Kirche zwey neue Diaconos durch den Abt introduciren lassen, welcher dieselben bey der Introduction treflich vermahnet und angewiesen, wie sie sich in ihrem Amte verhalten solten: nemlich daß sie müsten ihr Amt nach der heiligen Schrifft und der Kirchen-Ordnung verrichten, wieder selbige nichts begehen, die Gradus admonitionis fleißig in acht nehmen, allenfalls dem Consistorio die Sache vermelden, und nicht nach ihren eigenen Kopffe verfahren. Es meinte wohl mancher, er könne frey und ohne Bedencken dasjenige thun, was Moses, Christus, die Propheten und Apostel gethan hätten; Allein das gienge nicht an; denn die Propheten und Apostel hätten vocationem DEI immediatam gehabt, sie aber nicht. Und was würde daraus werden, wenn man die Sünder mit der Peitsche aus der

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[257/0265] die allzuöffentliche Blösse nicht decken wollen, sondern jederman in der Stadt über diesen unerhörten Modum procedendi wie nicht weniger über seine Unbeständigkeit erschrocken, indem sein vor zweyen Jahren in seinen Predigten geführter Jahrgang contra Papatum mit seinen nunmehrigen Responso & hypothesibus gantz nicht überein stimmet; So sey er in seiner Kirchen auf den drauf folgenden Neuen Jahrs-Tag wieder aufgetreten, und hätte das bisher passirte mit grosser Bemühung defendiret, beyde vorige Hof-Prediger beschuldiget, daß sie hätten Rebellion anrichten, und die Unterthanen in ihrer Devotion irre machen wollen; dadurch wären sie nun ein Fluch und Scheusaal der Stadt, des Landes und der gantzen Welt worden. Darauf hätte er auch die Pastores an denen übrigen Kirchen acerrime perstringiret, daß dieselbe wider ihn und diese Sache bißhero mit Unverstand ja Gotteslästerlich geeyffert hätten, da doch vielmehr er der Abt von denen Predigten des Pastoris zu S. Trinitatis nahmentlich und Gotteslästerlich geredet hätte. In Summa Er habe so hefftig und unchristlich excedirt, daß auch Princeps deßhalb bewogen worden, dergleichen ferneres Unternehmen durch eine scharffe Verordnung sub dato d. 4. Januarii 1706. Inhalt zu thun. §. XXXIV. Nun will ich zwar den Abt keinesweges in allen seinem Thun und Lassen vertheydigen; noch die von seinen Predigten angeführte Umstände insgesammt verneinen: Daß aber die zwey dimittirten Prediger dieselbe ihren Gebrauch nach nicht alle gemeldet, und die Excesse derer Leute von ihrer Parthey verschwiegen, wird nunmehro dasjenige zeigen, was mir damahls von meinen Herrn Correspondenten gemeldet worden. Daß den 20. December Serenissimus in der Schloß-Kirche zwey neue Diaconos durch den Abt introduciren lassen, welcher dieselben bey der Introduction treflich vermahnet und angewiesen, wie sie sich in ihrem Amte verhalten solten: nemlich daß sie müsten ihr Amt nach der heiligen Schrifft und der Kirchen-Ordnung verrichten, wieder selbige nichts begehen, die Gradus admonitionis fleißig in acht nehmen, allenfalls dem Consistorio die Sache vermelden, und nicht nach ihren eigenen Kopffe verfahren. Es meinte wohl mancher, er könne frey und ohne Bedencken dasjenige thun, was Moses, Christus, die Propheten und Apostel gethan hätten; Allein das gienge nicht an; denn die Propheten und Apostel hätten vocationem DEI immediatam gehabt, sie aber nicht. Und was würde daraus werden, wenn man die Sünder mit der Peitsche aus der Gegen welche eine anderwärtige Relation vorgestellet wird, so wohl von dessen gehaltener Predigt.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/265>, abgerufen am 24.11.2024.