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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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predigen beordert wären, fragten auch den Conventualen, ob es Serenissimus selbst befohlen? Da nun dieser meldete, es sey ihm zwar solches nicht immediate a Principe befohlen, es hätte ihm aber der Apt auf Serenissimi Befehl solches zu thun geheissen, antworteten jene, daß sie nicht gewohnet wären, auf dem Schlosse von Apte Befehle anzunehmen, und würden sie nicht zugeben, daß er, der Conventual vor dem Altar absänge, weil dieses sonst eine species suspensionis vel remotionis, wovon sie nichts wüsten, seyn möchte. Da aber diesen unerachtet, der Conventual fortgehen und absingen wolte, lief der Capellan vor ihm zur Thür hinaus und sunge ab, der Hof-Prediger aber stellete sich vor die Thür.

Kluge Moderation desselbigen, und denen Predigern gethane gnädige Vorschläge.

§. XII. Ob nun wohl auch diese neue Widersetzlichkeit Serenissimum hätte antreiben können, beyde Prediger biß zu Austrag der Sache alsbald zu suspendiren; so war doch auch noch damahls dessen Langmuth so groß, daß er sich theils die Intercessiones etlicher Personen für die hartnäckigten Prediger, theils die Remonstrationes etlicher auch nunmehro verstorbenen Minister, als wenn die Suspension eine Species poenae wäre, die man ihnen nicht eher als biß sie vorher genungsam gehöret worden (ob gleich ihre Widersetzlichkeit notorisch war) auflegen könte, bewegen liesse, nur anzubefehlen, daß den folgenden Sonntag als den 22. November zwey andere predigen solten, und denen beyden Predigern anzudeuten, daß sie selbigen Sonntag weder predigen noch die Collecte absingen solten. Die von ihren heimlichen Patronis allbereit instruirete Prediger übergaben den Tag drauff als den 23. November eine Supplique, in welcher sie baten, Serenissimus möchte ihnen gnädigst erlauben, daß sie ihr Amt selbst verrichten möchten, und nicht in allen, wie bißher geschehen, ab executione contra nec auditos, nec convictos verfahren, und als S. Durchl. über dieses Petitum etliche seiner Ministrorum, die er vor heimliche Patronos der Prediger hielte, a part vernahm, hat der eine sich nicht gescheuet, offenbahr vor die Prediger sich zu declariren, und zu sagen, daß S. Durchl. dieselben bey ihren Bedienungen lassen, und was etwa vorgegangen aus Generosität pardoniren müste; der andre aber hatte sich nur in so weit herausgelassen, man müste sie zum wenigsten hören und ihnen den Weg Rechtens eröffnen, auch nicht ab executione aut poena suspensionis anfangen. Andre aber, die von des Dedekenni Consiliis so nicht eingenommen waren, und die die Fürstlichen jura circa sacra ohne Vorurtheil der Päbstischen Rechte etwas tieffer einsahen, schlugen Principi fol-

predigen beordert wären, fragten auch den Conventualen, ob es Serenissimus selbst befohlen? Da nun dieser meldete, es sey ihm zwar solches nicht immediate a Principe befohlen, es hätte ihm aber der Apt auf Serenissimi Befehl solches zu thun geheissen, antworteten jene, daß sie nicht gewohnet wären, auf dem Schlosse von Apte Befehle anzunehmen, und würden sie nicht zugeben, daß er, der Conventual vor dem Altar absänge, weil dieses sonst eine species suspensionis vel remotionis, wovon sie nichts wüsten, seyn möchte. Da aber diesen unerachtet, der Conventual fortgehen und absingen wolte, lief der Capellan vor ihm zur Thür hinaus und sunge ab, der Hof-Prediger aber stellete sich vor die Thür.

Kluge Moderation desselbigen, und denen Predigern gethane gnädige Vorschläge.

§. XII. Ob nun wohl auch diese neue Widersetzlichkeit Serenissimum hätte antreiben können, beyde Prediger biß zu Austrag der Sache alsbald zu suspendiren; so war doch auch noch damahls dessen Langmuth so groß, daß er sich theils die Intercessiones etlicher Personen für die hartnäckigten Prediger, theils die Remonstrationes etlicher auch nunmehro verstorbenen Minister, als wenn die Suspension eine Species poenae wäre, die man ihnen nicht eher als biß sie vorher genungsam gehöret worden (ob gleich ihre Widersetzlichkeit notorisch war) auflegen könte, bewegen liesse, nur anzubefehlen, daß den folgenden Sonntag als den 22. November zwey andere predigen solten, und denen beyden Predigern anzudeuten, daß sie selbigen Sonntag weder predigen noch die Collecte absingen solten. Die von ihren heimlichen Patronis allbereit instruirete Prediger übergaben den Tag drauff als den 23. November eine Supplique, in welcher sie baten, Serenissimus möchte ihnen gnädigst erlauben, daß sie ihr Amt selbst verrichten möchten, und nicht in allen, wie bißher geschehen, ab executione contra nec auditos, nec convictos verfahren, und als S. Durchl. über dieses Petitum etliche seiner Ministrorum, die er vor heimliche Patronos der Prediger hielte, a part vernahm, hat der eine sich nicht gescheuet, offenbahr vor die Prediger sich zu declariren, und zu sagen, daß S. Durchl. dieselben bey ihren Bedienungen lassen, und was etwa vorgegangen aus Generosität pardoniren müste; der andre aber hatte sich nur in so weit herausgelassen, man müste sie zum wenigsten hören und ihnen den Weg Rechtens eröffnen, auch nicht ab executione aut poena suspensionis anfangen. Andre aber, die von des Dedekenni Consiliis so nicht eingenommen waren, und die die Fürstlichen jura circa sacra ohne Vorurtheil der Päbstischen Rechte etwas tieffer einsahen, schlugen Principi fol-

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[218/0226] predigen beordert wären, fragten auch den Conventualen, ob es Serenissimus selbst befohlen? Da nun dieser meldete, es sey ihm zwar solches nicht immediate a Principe befohlen, es hätte ihm aber der Apt auf Serenissimi Befehl solches zu thun geheissen, antworteten jene, daß sie nicht gewohnet wären, auf dem Schlosse von Apte Befehle anzunehmen, und würden sie nicht zugeben, daß er, der Conventual vor dem Altar absänge, weil dieses sonst eine species suspensionis vel remotionis, wovon sie nichts wüsten, seyn möchte. Da aber diesen unerachtet, der Conventual fortgehen und absingen wolte, lief der Capellan vor ihm zur Thür hinaus und sunge ab, der Hof-Prediger aber stellete sich vor die Thür. §. XII. Ob nun wohl auch diese neue Widersetzlichkeit Serenissimum hätte antreiben können, beyde Prediger biß zu Austrag der Sache alsbald zu suspendiren; so war doch auch noch damahls dessen Langmuth so groß, daß er sich theils die Intercessiones etlicher Personen für die hartnäckigten Prediger, theils die Remonstrationes etlicher auch nunmehro verstorbenen Minister, als wenn die Suspension eine Species poenae wäre, die man ihnen nicht eher als biß sie vorher genungsam gehöret worden (ob gleich ihre Widersetzlichkeit notorisch war) auflegen könte, bewegen liesse, nur anzubefehlen, daß den folgenden Sonntag als den 22. November zwey andere predigen solten, und denen beyden Predigern anzudeuten, daß sie selbigen Sonntag weder predigen noch die Collecte absingen solten. Die von ihren heimlichen Patronis allbereit instruirete Prediger übergaben den Tag drauff als den 23. November eine Supplique, in welcher sie baten, Serenissimus möchte ihnen gnädigst erlauben, daß sie ihr Amt selbst verrichten möchten, und nicht in allen, wie bißher geschehen, ab executione contra nec auditos, nec convictos verfahren, und als S. Durchl. über dieses Petitum etliche seiner Ministrorum, die er vor heimliche Patronos der Prediger hielte, a part vernahm, hat der eine sich nicht gescheuet, offenbahr vor die Prediger sich zu declariren, und zu sagen, daß S. Durchl. dieselben bey ihren Bedienungen lassen, und was etwa vorgegangen aus Generosität pardoniren müste; der andre aber hatte sich nur in so weit herausgelassen, man müste sie zum wenigsten hören und ihnen den Weg Rechtens eröffnen, auch nicht ab executione aut poena suspensionis anfangen. Andre aber, die von des Dedekenni Consiliis so nicht eingenommen waren, und die die Fürstlichen jura circa sacra ohne Vorurtheil der Päbstischen Rechte etwas tieffer einsahen, schlugen Principi fol-

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/226>, abgerufen am 08.05.2024.