Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.sen Punct anderer Meinung war, oder bedachte, daß das Responsum von eingepfarrten Beichtkindern, nicht aber von denen Landes-Fürsten redete; als schickte er dieses Buch alsbald wieder zurücke, und ließ dem Hoffprediger zur Antwort melden, er hätte die Sache allbereit genau überleget, und finde bey itzigen casu kein Bedencken, er hätte auch des Dedekenni Consilia bereits für 40. Jahren gelesen, daß dannenhero der Hoffprediger gar wohl der Mühe überhoben seyn können, ihm selbige zuzuschicken. Der berühmte Leibnitz war auch zu selbiger Zeit des Orts gewesen, und hatte gegen einen guten Freund erwehnet, es würde zu Hanover einem Prediger übel bekommen, wenn er sich unterfangen solte, auch nur einem eingepfarreten Pfarrkinde absque praescitu & jussu Consistorii den Beichtstuhl und die Absolution zu versagen. §. IX. Nichts destoweniger wolten die beyden Prediger den neuen Confessionarium so geschwinde nicht ex lite lassen, sondern nachdem dieser den ersten actum dieses seines neuen Amts verrichtet hatte, schrieben sie an 6. November 1705. folgenden Brieff: P. P. Die dem Herrn Abt Communicirte und bey den Dedekenno befindliche Responsa von Absolvir- und Communicirung fremder Beicht- und Pfarrkinder sind mit so guten und schrifftmäßigen Gründen verwahret, daß uns wundert, daß er sagen lassen, er hätte solches schon vor 40. Jahren gewust, und gleichwohl demselben zuwieder gehandelt, und wie man vermeint, sich selbst in hoc puncto [fremdsprachliches Material] gerechtfertiget, uns aber beschuldiget hat. Wenn nun entweder er oder wir irren, keiner aber in Irrthum beharren muß: So bitten wir dienstlich, er wolle uns die Brüderliche Liebe erweisen, und, da er einige trifftigere Gründe, als die sind, die er mit uns und wir mit ihm von unsern Theologen aus GOttes Wort gelernet haben, in contrarium zu haben vermeinen solte, selbige uns großgünstig communiciren, als die wir bereit sind, der Warheit, wenn sie auf seiner Seite ist zu weichen, oder bey derselben, wie wir sie aus GOttes Wort und unserer Theologen Schrifften gefasset haben, mit GOttes Hülffe zustehen und zu beharren. Wie nun dis unser Verlangen und Verfahren billig und Christlich ist, also versehen wir uns gleichmäßiger Antwort und beharren nebst Empfehlung unser aller und der gantzen Evangelischen Kirchen in den starcken Gnaden Schutz GOttes unsers Hochgel. Hrn. Abts und resp. Hrn. Collegen willig- sen Punct anderer Meinung war, oder bedachte, daß das Responsum von eingepfarrten Beichtkindern, nicht aber von denen Landes-Fürsten redete; als schickte er dieses Buch alsbald wieder zurücke, und ließ dem Hoffprediger zur Antwort melden, er hätte die Sache allbereit genau überleget, und finde bey itzigen casu kein Bedencken, er hätte auch des Dedekenni Consilia bereits für 40. Jahren gelesen, daß dannenhero der Hoffprediger gar wohl der Mühe überhoben seyn können, ihm selbige zuzuschicken. Der berühmte Leibnitz war auch zu selbiger Zeit des Orts gewesen, und hatte gegen einen guten Freund erwehnet, es würde zu Hanover einem Prediger übel bekommen, wenn er sich unterfangen solte, auch nur einem eingepfarreten Pfarrkinde absque praescitu & jussu Consistorii den Beichtstuhl und die Absolution zu versagen. §. IX. Nichts destoweniger wolten die beyden Prediger den neuen Confessionarium so geschwinde nicht ex lite lassen, sondern nachdem dieser den ersten actum dieses seines neuen Amts verrichtet hatte, schrieben sie an 6. November 1705. folgenden Brieff: P. P. Die dem Herrn Abt Communicirte und bey den Dedekenno befindliche Responsa von Absolvir- und Communicirung fremder Beicht- und Pfarrkinder sind mit so guten und schrifftmäßigen Gründen verwahret, daß uns wundert, daß er sagen lassen, er hätte solches schon vor 40. Jahren gewust, und gleichwohl demselben zuwieder gehandelt, und wie man vermeint, sich selbst in hoc puncto [fremdsprachliches Material] gerechtfertiget, uns aber beschuldiget hat. Wenn nun entweder er oder wir irren, keiner aber in Irrthum beharren muß: So bitten wir dienstlich, er wolle uns die Brüderliche Liebe erweisen, und, da er einige trifftigere Gründe, als die sind, die er mit uns und wir mit ihm von unsern Theologen aus GOttes Wort gelernet haben, in contrarium zu haben vermeinen solte, selbige uns großgünstig communiciren, als die wir bereit sind, der Warheit, wenn sie auf seiner Seite ist zu weichen, oder bey derselben, wie wir sie aus GOttes Wort und unserer Theologen Schrifften gefasset haben, mit GOttes Hülffe zustehen und zu beharren. Wie nun dis unser Verlangen und Verfahren billig und Christlich ist, also versehen wir uns gleichmäßiger Antwort und beharren nebst Empfehlung unser aller und der gantzen Evangelischen Kirchen in den starcken Gnaden Schutz GOttes unsers Hochgel. Hrn. Abts und resp. Hrn. Collegen willig- <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0224" n="216"/> sen Punct anderer Meinung war, oder bedachte, daß das Responsum von eingepfarrten Beichtkindern, nicht aber von denen Landes-Fürsten redete; als schickte er dieses Buch alsbald wieder zurücke, und ließ dem Hoffprediger zur Antwort melden, er hätte die Sache allbereit genau überleget, und finde bey itzigen casu kein Bedencken, er hätte auch des Dedekenni Consilia bereits für 40. Jahren gelesen, daß dannenhero der Hoffprediger gar wohl der Mühe überhoben seyn können, ihm selbige zuzuschicken. Der berühmte Leibnitz war auch zu selbiger Zeit des Orts gewesen, und hatte gegen einen guten Freund erwehnet, es würde zu Hanover einem Prediger übel bekommen, wenn er sich unterfangen solte, auch nur einem eingepfarreten Pfarrkinde absque praescitu & jussu Consistorii den Beichtstuhl und die Absolution zu versagen.</p> <note place="left">Und in einer Schrift mit ihnen zu zancken aber vergeblich ausfordern.</note> <p>§. IX. Nichts destoweniger wolten die beyden Prediger den neuen Confessionarium so geschwinde nicht ex lite lassen, sondern nachdem dieser den ersten actum dieses seines neuen Amts verrichtet hatte, schrieben sie an 6. November 1705. folgenden Brieff: P. P. Die dem Herrn Abt <hi rendition="#i">Communicir</hi>te und bey den <hi rendition="#i">Dedekenno</hi> befindliche <hi rendition="#i">Responsa</hi> von <hi rendition="#i">Absolvir</hi>- und <hi rendition="#i">Communici</hi>rung fremder Beicht- und Pfarrkinder sind mit so guten und schrifftmäßigen Gründen verwahret, daß uns wundert, daß er sagen lassen, er hätte solches schon vor 40. Jahren gewust, und gleichwohl demselben zuwieder gehandelt, und wie man vermeint, sich selbst <hi rendition="#i">in hoc puncto</hi> <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> gerechtfertiget, uns aber beschuldiget hat. Wenn nun entweder er oder wir irren, keiner aber in Irrthum beharren muß: So bitten wir dienstlich, er wolle uns die Brüderliche Liebe erweisen, und, da er einige trifftigere Gründe, als die sind, die er mit uns und wir mit ihm von unsern <hi rendition="#i">Theolog</hi>en aus GOttes Wort gelernet haben, <hi rendition="#i">in contrarium</hi> zu haben vermeinen solte, selbige uns großgünstig <hi rendition="#i">communici</hi>ren, als die wir bereit sind, der Warheit, wenn sie auf seiner Seite ist zu weichen, oder bey derselben, wie wir sie aus GOttes Wort und unserer <hi rendition="#i">Theolog</hi>en Schrifften gefasset haben, mit GOttes Hülffe zustehen und zu beharren. Wie nun dis unser Verlangen und Verfahren billig und Christlich ist, also versehen wir uns gleichmäßiger Antwort und beharren nebst Empfehlung unser aller und der gantzen Evangelischen Kirchen in den starcken Gnaden Schutz GOttes unsers Hochgel. Hrn. Abts und <hi rendition="#i">resp</hi>. Hrn. <hi rendition="#i">Colleg</hi>en willig- </p> </div> </body> </text> </TEI> [216/0224]
sen Punct anderer Meinung war, oder bedachte, daß das Responsum von eingepfarrten Beichtkindern, nicht aber von denen Landes-Fürsten redete; als schickte er dieses Buch alsbald wieder zurücke, und ließ dem Hoffprediger zur Antwort melden, er hätte die Sache allbereit genau überleget, und finde bey itzigen casu kein Bedencken, er hätte auch des Dedekenni Consilia bereits für 40. Jahren gelesen, daß dannenhero der Hoffprediger gar wohl der Mühe überhoben seyn können, ihm selbige zuzuschicken. Der berühmte Leibnitz war auch zu selbiger Zeit des Orts gewesen, und hatte gegen einen guten Freund erwehnet, es würde zu Hanover einem Prediger übel bekommen, wenn er sich unterfangen solte, auch nur einem eingepfarreten Pfarrkinde absque praescitu & jussu Consistorii den Beichtstuhl und die Absolution zu versagen.
§. IX. Nichts destoweniger wolten die beyden Prediger den neuen Confessionarium so geschwinde nicht ex lite lassen, sondern nachdem dieser den ersten actum dieses seines neuen Amts verrichtet hatte, schrieben sie an 6. November 1705. folgenden Brieff: P. P. Die dem Herrn Abt Communicirte und bey den Dedekenno befindliche Responsa von Absolvir- und Communicirung fremder Beicht- und Pfarrkinder sind mit so guten und schrifftmäßigen Gründen verwahret, daß uns wundert, daß er sagen lassen, er hätte solches schon vor 40. Jahren gewust, und gleichwohl demselben zuwieder gehandelt, und wie man vermeint, sich selbst in hoc puncto _ gerechtfertiget, uns aber beschuldiget hat. Wenn nun entweder er oder wir irren, keiner aber in Irrthum beharren muß: So bitten wir dienstlich, er wolle uns die Brüderliche Liebe erweisen, und, da er einige trifftigere Gründe, als die sind, die er mit uns und wir mit ihm von unsern Theologen aus GOttes Wort gelernet haben, in contrarium zu haben vermeinen solte, selbige uns großgünstig communiciren, als die wir bereit sind, der Warheit, wenn sie auf seiner Seite ist zu weichen, oder bey derselben, wie wir sie aus GOttes Wort und unserer Theologen Schrifften gefasset haben, mit GOttes Hülffe zustehen und zu beharren. Wie nun dis unser Verlangen und Verfahren billig und Christlich ist, also versehen wir uns gleichmäßiger Antwort und beharren nebst Empfehlung unser aller und der gantzen Evangelischen Kirchen in den starcken Gnaden Schutz GOttes unsers Hochgel. Hrn. Abts und resp. Hrn. Collegen willig-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/224>, abgerufen am 17.02.2025. |