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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

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GOttes Wortführen, und keinen Menschen weder hohes noch niedern Standes ansehen sollen etc.

(II) Absonderlich was das Straf-Amt der Prediger betrifft.

Da nun das Predigamt der weltlichen Obrigkeit in Ansehen ihres Predigamts überhaupt nicht unterworffen ist nach der Meynung die bißhero angeführet worden, so folget auch (II) von sich selbst aus solcher hypothesi, daß absonderlich so viel das Strafamt betrifft, solches eintzig und alleine dem Ministerio und dessen Gewissen zu überlassen sey, und sich die weltliche Obrigkeit nicht drein zu mischen noch den Predigern dißfalls etwas einzureden habe, zumahl da in diesen Strafamteben das Kirchen Regiment hauptsächlich bestehet, dessen sich das Predigamt, wie nur vorher gemeldet, für der weltlichen Obrigkeit anmasset. Dannenhero sagt Matthaeus Judex an oben angezogenen Orte beym Dedekenno d. P. I. f. 821. Der Kirchen-Diener Beruff ist etc. darnach die Sünden und Sündiger straffen, verdammen, und so es die Nothdurfft erfordert, auch mit Mund und der Feder excommuniciren, nicht alleine so wider die erste Tafel sündigen, sondern auch die Ubertretter der andern Taffel. Von diesen allen haben die Kirchen-Diener Gottes ausdrücklichen Befehl, und dürffen nicht warten noch acht geben auf einiges Menschen, er sey Obrigkeit oder Unterthan, Geheiß oder Ansehen &c. Massen denn aus diesen Fundament besagter Matthaeus Judex d. l. N. 25. & 26. a fol. 821. biß 827. in zweyen Responsis ausführlich deduciret, daß die Herrschafft eines Orts mit guten Gewissen denen Gelehrten sonderlich aber denen Theologen nicht verbieten könne in ihren Lande ohne ihr Gutheissen oder Censur ihre Schrifften drucken zu lassen, indem die Inspection über die Buchdruckereyen zu dem Richter-Amt über die Lehre gehöre, welche Christus seiner Kirchen anbefohlen habe, und sich also die Obrigkeit derselben nicht allein anmassen könne, sondern da sie solches thäte, wider das siebende Gebot, du solt nicht stehlen, sich schwerlich versündigte, und zum Kirchen-Diebe würde, wider ihr Amt handelte, den Unterscheid des geistlichen und weltlichen Standes auffhübe, indem GOtt denen Kirchen-Lehrern nie befohlen hätte, nichts zu lehren oder zu publiciren, es sey denn von der Obrigkeit approbiret worden, ja vielmehr die Propheten und Apostel denen Satzungen der weltlichen Obrigkeit zuwider die Wahrheit öffentlich gelehret und geprediget hätten. Dannenhero sey offenbahr, daß die Politici, die sich unterstünden, denen Predigern den Druck ohne ihre vorhergehende Censur zu verbieten, ein neues weltliches Pabstthum einführeten, und eine greuliche Tyranney über der Chri-

GOttes Wortführen, und keinen Menschen weder hohes noch niedern Standes ansehen sollen etc.

(II) Absonderlich was das Straf-Amt der Prediger betrifft.

Da nun das Predigamt der weltlichen Obrigkeit in Ansehen ihres Predigamts überhaupt nicht unterworffen ist nach der Meynung die bißhero angeführet worden, so folget auch (II) von sich selbst aus solcher hypothesi, daß absonderlich so viel das Strafamt betrifft, solches eintzig und alleine dem Ministerio und dessen Gewissen zu überlassen sey, und sich die weltliche Obrigkeit nicht drein zu mischen noch den Predigern dißfalls etwas einzureden habe, zumahl da in diesen Strafamteben das Kirchen Regiment hauptsächlich bestehet, dessen sich das Predigamt, wie nur vorher gemeldet, für der weltlichen Obrigkeit anmasset. Dannenhero sagt Matthaeus Judex an oben angezogenen Orte beym Dedekenno d. P. I. f. 821. Der Kirchen-Diener Beruff ist etc. darnach die Sünden und Sündiger straffen, verdammen, und so es die Nothdurfft erfordert, auch mit Mund und der Feder excommuniciren, nicht alleine so wider die erste Tafel sündigen, sondern auch die Ubertretter der andern Taffel. Von diesen allen haben die Kirchen-Diener Gottes ausdrücklichen Befehl, und dürffen nicht warten noch acht geben auf einiges Menschen, er sey Obrigkeit oder Unterthan, Geheiß oder Ansehen &c. Massen denn aus diesen Fundament besagter Matthaeus Judex d. l. N. 25. & 26. a fol. 821. biß 827. in zweyen Responsis ausführlich deduciret, daß die Herrschafft eines Orts mit guten Gewissen denen Gelehrten sonderlich aber denen Theologen nicht verbieten könne in ihren Lande ohne ihr Gutheissen oder Censur ihre Schrifften drucken zu lassen, indem die Inspection über die Buchdruckereyen zu dem Richter-Amt über die Lehre gehöre, welche Christus seiner Kirchen anbefohlen habe, und sich also die Obrigkeit derselben nicht allein anmassen könne, sondern da sie solches thäte, wider das siebende Gebot, du solt nicht stehlen, sich schwerlich versündigte, und zum Kirchen-Diebe würde, wider ihr Amt handelte, den Unterscheid des geistlichen und weltlichen Standes auffhübe, indem GOtt denen Kirchen-Lehrern nie befohlen hätte, nichts zu lehren oder zu publiciren, es sey denn von der Obrigkeit approbiret worden, ja vielmehr die Propheten und Apostel denen Satzungen der weltlichen Obrigkeit zuwider die Wahrheit öffentlich gelehret und geprediget hätten. Dannenhero sey offenbahr, daß die Politici, die sich unterstünden, denen Predigern den Druck ohne ihre vorhergehende Censur zu verbieten, ein neues weltliches Pabstthum einführeten, und eine greuliche Tyranney über der Chri-

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[124/0132] GOttes Wortführen, und keinen Menschen weder hohes noch niedern Standes ansehen sollen etc. Da nun das Predigamt der weltlichen Obrigkeit in Ansehen ihres Predigamts überhaupt nicht unterworffen ist nach der Meynung die bißhero angeführet worden, so folget auch (II) von sich selbst aus solcher hypothesi, daß absonderlich so viel das Strafamt betrifft, solches eintzig und alleine dem Ministerio und dessen Gewissen zu überlassen sey, und sich die weltliche Obrigkeit nicht drein zu mischen noch den Predigern dißfalls etwas einzureden habe, zumahl da in diesen Strafamteben das Kirchen Regiment hauptsächlich bestehet, dessen sich das Predigamt, wie nur vorher gemeldet, für der weltlichen Obrigkeit anmasset. Dannenhero sagt Matthaeus Judex an oben angezogenen Orte beym Dedekenno d. P. I. f. 821. Der Kirchen-Diener Beruff ist etc. darnach die Sünden und Sündiger straffen, verdammen, und so es die Nothdurfft erfordert, auch mit Mund und der Feder excommuniciren, nicht alleine so wider die erste Tafel sündigen, sondern auch die Ubertretter der andern Taffel. Von diesen allen haben die Kirchen-Diener Gottes ausdrücklichen Befehl, und dürffen nicht warten noch acht geben auf einiges Menschen, er sey Obrigkeit oder Unterthan, Geheiß oder Ansehen &c. Massen denn aus diesen Fundament besagter Matthaeus Judex d. l. N. 25. & 26. a fol. 821. biß 827. in zweyen Responsis ausführlich deduciret, daß die Herrschafft eines Orts mit guten Gewissen denen Gelehrten sonderlich aber denen Theologen nicht verbieten könne in ihren Lande ohne ihr Gutheissen oder Censur ihre Schrifften drucken zu lassen, indem die Inspection über die Buchdruckereyen zu dem Richter-Amt über die Lehre gehöre, welche Christus seiner Kirchen anbefohlen habe, und sich also die Obrigkeit derselben nicht allein anmassen könne, sondern da sie solches thäte, wider das siebende Gebot, du solt nicht stehlen, sich schwerlich versündigte, und zum Kirchen-Diebe würde, wider ihr Amt handelte, den Unterscheid des geistlichen und weltlichen Standes auffhübe, indem GOtt denen Kirchen-Lehrern nie befohlen hätte, nichts zu lehren oder zu publiciren, es sey denn von der Obrigkeit approbiret worden, ja vielmehr die Propheten und Apostel denen Satzungen der weltlichen Obrigkeit zuwider die Wahrheit öffentlich gelehret und geprediget hätten. Dannenhero sey offenbahr, daß die Politici, die sich unterstünden, denen Predigern den Druck ohne ihre vorhergehende Censur zu verbieten, ein neues weltliches Pabstthum einführeten, und eine greuliche Tyranney über der Chri-

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Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/132>, abgerufen am 06.05.2024.