Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.

Bild:
<< vorherige Seite

auch ihren Leib und Leben der Obrigkeit unterworffen, und werden von derselben, wenn sie sich wohl halten, belohnet, thun sie aber böses, gestrafft. Aber über ihr Gewissen, Glauben, Lehre und Bekäntnüß, auch ihres Beruffs Verrichtungen lassen sie der Obrigkeit keine Gewalt, und sich nicht vorschreiben, was und wie sie in ihren Amt handeln sollen, sondern sehen allein auf GOtt, der über die Gewissen herrschet, und wie es mit austheilen der Sacramenten, und dem Kirchen-Regiment solle gehalten werden, in seinem ausgedruckten Worte befohlen. Hingegen ist die weltliche Obrigkeit mit ihren Gewissen und Seelen dem Predig-Amt unterworffen, und ist schuldig, von demselben GOttes Wort zu hören und anzunehmen, sich den Kirchen Satzungen zu unterwerffen, die Sacramenta von ihnen zu empfahen, ein gottseelig Leben zu führen, andern mit guten Exempel für zu gehen und Aergernüß zu verhüten. Nicht weniger auch Christo Platz zu geben, der Kirchen Ausbreitung zu befördern und Nachtheil zu hindern.

Zum dritten wird auch nicht unangenehm seyn aus eben diesenUnd Tilemanni Heshusii. Dedekenno d. l. num. 29. f. 851. folgende Worte aus einem Judicio Tilemanni Heshusii anzuführen. Man weiß aus GOttes Wort, daß sich die Herrschafft und Gewalt der weltlichen Regenten noch keines Menschen so weit nicht strecke, daß er möge seines Verstands und Gefallens das Predigamt, so alleine von Christo JEsu gestifftet, einziehen, einspannen, und auch erweitern. Denn der Sohn GOttes gestehet keinen Regenten einiges Gebots oder Verbots in seinen geistlichen Reiche etc. Denn da Christus sagt: Gebet dem Kayser, was des Kaysers ist, und GOtte was GOttes ist, verbeut er dem Kayser und allen Regenten, daß sie dem lieben GOtte in sein geistlich Reich als in eine fremde Herrschafft keinen Eingriff thun sollen, sondern das gehen lassen, wie es GOtt verordnet etc. Gnade GOtt dem armen HErrn Christo, wenn die Juristen, deren sich wenig um GOttes Wort bekümmern, und Hofleute, die offte ihren Catechismum nicht gelernet haben, sollen Decreta und Beschlüsse machen, wie man die Sünde straffen, falsche Lehre widerlegen, die reine Wahrheit erklähren, und die armen Sünder gen Himmel führen und weisen solle. Vielmehr haben wir Prediger den Befehl von GOtt, daß wir das Amt des Evangelii nach

auch ihren Leib und Leben der Obrigkeit unterworffen, und werden von derselben, wenn sie sich wohl halten, belohnet, thun sie aber böses, gestrafft. Aber über ihr Gewissen, Glauben, Lehre und Bekäntnüß, auch ihres Beruffs Verrichtungen lassen sie der Obrigkeit keine Gewalt, und sich nicht vorschreiben, was und wie sie in ihren Amt handeln sollen, sondern sehen allein auf GOtt, der über die Gewissen herrschet, und wie es mit austheilen der Sacramenten, und dem Kirchen-Regiment solle gehalten werden, in seinem ausgedruckten Worte befohlen. Hingegen ist die weltliche Obrigkeit mit ihren Gewissen und Seelen dem Predig-Amt unterworffen, und ist schuldig, von demselben GOttes Wort zu hören und anzunehmen, sich den Kirchen Satzungen zu unterwerffen, die Sacramenta von ihnen zu empfahen, ein gottseelig Leben zu führen, andern mit guten Exempel für zu gehen und Aergernüß zu verhüten. Nicht weniger auch Christo Platz zu geben, der Kirchen Ausbreitung zu befördern und Nachtheil zu hindern.

Zum dritten wird auch nicht unangenehm seyn aus eben diesenUnd Tilemanni Heshusii. Dedekenno d. l. num. 29. f. 851. folgende Worte aus einem Judicio Tilemanni Heshusii anzuführen. Man weiß aus GOttes Wort, daß sich die Herrschafft und Gewalt der weltlichen Regenten noch keines Menschen so weit nicht strecke, daß er möge seines Verstands und Gefallens das Predigamt, so alleine von Christo JEsu gestifftet, einziehen, einspannen, und auch erweitern. Denn der Sohn GOttes gestehet keinen Regenten einiges Gebots oder Verbots in seinen geistlichen Reiche etc. Denn da Christus sagt: Gebet dem Kayser, was des Kaysers ist, und GOtte was GOttes ist, verbeut er dem Kayser und allen Regenten, daß sie dem lieben GOtte in sein geistlich Reich als in eine fremde Herrschafft keinen Eingriff thun sollen, sondern das gehen lassen, wie es GOtt verordnet etc. Gnade GOtt dem armen HErrn Christo, wenn die Juristen, deren sich wenig um GOttes Wort bekümmern, und Hofleute, die offte ihren Catechismum nicht gelernet haben, sollen Decreta und Beschlüsse machen, wie man die Sünde straffen, falsche Lehre widerlegen, die reine Wahrheit erklähren, und die armen Sünder gen Himmel führen und weisen solle. Vielmehr haben wir Prediger den Befehl von GOtt, daß wir das Amt des Evangelii nach

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0131" n="123"/>
auch ihren Leib und Leben der Obrigkeit unterworffen,                      und werden von derselben, wenn sie sich wohl halten, belohnet, thun sie aber                      böses, gestrafft. Aber über ihr Gewissen, Glauben, Lehre und Bekäntnüß, auch                      ihres Beruffs Verrichtungen lassen sie der Obrigkeit keine Gewalt, und sich                      nicht vorschreiben, was und wie sie in ihren Amt handeln sollen, sondern sehen                      allein auf GOtt, der über die Gewissen herrschet, und wie es mit austheilen der                      Sacramenten, und dem Kirchen-Regiment solle gehalten werden, in seinem                      ausgedruckten Worte befohlen. Hingegen ist die weltliche Obrigkeit mit ihren                      Gewissen und Seelen dem Predig-Amt unterworffen, und ist schuldig, von demselben                      GOttes Wort zu hören und anzunehmen, sich den Kirchen Satzungen zu unterwerffen,                      die Sacramenta von ihnen zu empfahen, ein gottseelig Leben zu führen, andern mit                      guten Exempel für zu gehen und Aergernüß zu verhüten. Nicht weniger auch Christo                      Platz zu geben, der Kirchen Ausbreitung zu befördern und Nachtheil zu                      hindern.</p>
        <p>Zum dritten wird auch nicht unangenehm seyn aus eben diesen<note place="right">Und Tilemanni Heshusii.</note> Dedekenno <hi rendition="#i">d. l. num. 29.                          f. 851.</hi> folgende Worte aus einem Judicio Tilemanni Heshusii anzuführen.                      Man weiß aus GOttes Wort, daß sich die Herrschafft und Gewalt der weltlichen                      Regenten noch keines Menschen so weit nicht strecke, daß er möge seines                      Verstands und Gefallens das Predigamt, so alleine von Christo JEsu gestifftet,                      einziehen, einspannen, und auch erweitern. Denn der Sohn GOttes gestehet keinen                      Regenten einiges Gebots oder Verbots in seinen geistlichen Reiche etc. Denn da                      Christus sagt: Gebet dem Kayser, was des Kaysers ist, und GOtte was GOttes ist,                      verbeut er dem Kayser und allen Regenten, daß sie dem lieben GOtte in sein                      geistlich Reich als in eine fremde Herrschafft keinen Eingriff thun sollen,                      sondern das gehen lassen, wie es GOtt verordnet etc. Gnade GOtt dem armen HErrn                      Christo, wenn die <hi rendition="#i">Jurist</hi>en, deren sich wenig um GOttes                      Wort bekümmern, und Hofleute, die offte ihren Catechismum nicht gelernet haben,                      sollen <hi rendition="#i">Decreta</hi> und Beschlüsse machen, wie man die Sünde                      straffen, falsche Lehre widerlegen, die reine Wahrheit erklähren, und die armen                      Sünder gen Himmel führen und weisen solle. Vielmehr haben wir Prediger den                      Befehl von GOtt, daß wir das Amt des Evangelii nach
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0131] auch ihren Leib und Leben der Obrigkeit unterworffen, und werden von derselben, wenn sie sich wohl halten, belohnet, thun sie aber böses, gestrafft. Aber über ihr Gewissen, Glauben, Lehre und Bekäntnüß, auch ihres Beruffs Verrichtungen lassen sie der Obrigkeit keine Gewalt, und sich nicht vorschreiben, was und wie sie in ihren Amt handeln sollen, sondern sehen allein auf GOtt, der über die Gewissen herrschet, und wie es mit austheilen der Sacramenten, und dem Kirchen-Regiment solle gehalten werden, in seinem ausgedruckten Worte befohlen. Hingegen ist die weltliche Obrigkeit mit ihren Gewissen und Seelen dem Predig-Amt unterworffen, und ist schuldig, von demselben GOttes Wort zu hören und anzunehmen, sich den Kirchen Satzungen zu unterwerffen, die Sacramenta von ihnen zu empfahen, ein gottseelig Leben zu führen, andern mit guten Exempel für zu gehen und Aergernüß zu verhüten. Nicht weniger auch Christo Platz zu geben, der Kirchen Ausbreitung zu befördern und Nachtheil zu hindern. Zum dritten wird auch nicht unangenehm seyn aus eben diesen Dedekenno d. l. num. 29. f. 851. folgende Worte aus einem Judicio Tilemanni Heshusii anzuführen. Man weiß aus GOttes Wort, daß sich die Herrschafft und Gewalt der weltlichen Regenten noch keines Menschen so weit nicht strecke, daß er möge seines Verstands und Gefallens das Predigamt, so alleine von Christo JEsu gestifftet, einziehen, einspannen, und auch erweitern. Denn der Sohn GOttes gestehet keinen Regenten einiges Gebots oder Verbots in seinen geistlichen Reiche etc. Denn da Christus sagt: Gebet dem Kayser, was des Kaysers ist, und GOtte was GOttes ist, verbeut er dem Kayser und allen Regenten, daß sie dem lieben GOtte in sein geistlich Reich als in eine fremde Herrschafft keinen Eingriff thun sollen, sondern das gehen lassen, wie es GOtt verordnet etc. Gnade GOtt dem armen HErrn Christo, wenn die Juristen, deren sich wenig um GOttes Wort bekümmern, und Hofleute, die offte ihren Catechismum nicht gelernet haben, sollen Decreta und Beschlüsse machen, wie man die Sünde straffen, falsche Lehre widerlegen, die reine Wahrheit erklähren, und die armen Sünder gen Himmel führen und weisen solle. Vielmehr haben wir Prediger den Befehl von GOtt, daß wir das Amt des Evangelii nach Und Tilemanni Heshusii.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/131
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte04_1725/131>, abgerufen am 06.05.2024.