Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

wohnet, allein zustehe, oder ob nicht zum wenigsten mit und nebst der Regierung der ordentliche Stadt-Magistrat und Gerichts-Herr in dergleichen actu per deputatos concurrire, mithin die ordentliche Stadt-Obrigkeit nicht gäntzlich könne praeteriret werden? Ob nun zwar es das Ansehen gewinnen will, daß wer in einer gewissen Obrigkeit Jurisdiction wohnet, und darunter sich aufhält, auch derselben unterworffen sey, inmassen das forum domicilii und habitationis so kräfftig fundiret, daß gleichwie dergleichen Person secundum jura domicilii Recht nehmen muß, Dec. Concl. 352. n. 4. Berger. Oeconom. Jur. Lib. IV. tit. 4. §. 1. also auch nach ihren Tod ratione ihrer Verlassenschafft, niemand anders als dem Magistratui, worunter das domicilium gelegen, die Obsignation und Inventur zugehören kan, in fernerer Erwegung, daß ein jeder, folglich auch eine persona illustris gut und freywillig sich solches forum selbsten constituiret, und, da sie unter Bürgern, und in einem Bürger-Hause wohnet, zum wenigsten voluntate tacita der bürgerlichen Obrigkeit sich unterwirffet, auch so gar in capitulatione Caesarea Leopoldi art. 44. versehen, daß die von Kayferlicher Majestät ertheilte höhere Würde das jus domicilii nicht aufheben könne, mithin vor sich selbst zufliessen scheinet, daß entweder die Stadt-Obrigkeit, worunter dergleichen Person gewohnet, allein die Versieglung und Inventur verrichten müste, oder aber, daferne diese der Regierung aus besonderer Consideration nachsehen wolte, zum wenigsten per deputatos, um ihre jura zu conserviren, erwehnter Versieglung und Inventur beyzuwohnen befugt sey; Jedennoch aber und dieweil in Sachsen einige Personen ein forum privilegiatum haben, und nicht so wohl de novo von der Stadt-Obrigkeit Jurisdiction ausgenommen werden, sondern bereits per legem oder Consuetudinem eximiret sind. Mencke ad tit. ff. de Judiciis p. 42. seq. und im übrigen eine illustris persona einem Rath, Secretario und Schrifft-säßigen Edelmann, oder Dreßdischen Doctori. Amts Verweser etc. welche ad forum Principis oder judicium inferiore superius gehören, zweiffels ohne nicht geringer gehalten werden muß, cum qui est major nobili, talibus minimum juribus frui debeat, atque is, qui est dignitate minor Stryk. in Dissert. de Jure Baronum passim. Hingegen gewiß, daß durch die erwehlte Wohnung in einer Stadt der höhere Stand nicht verringert werde, Reyger. Thesaur. Jur. Civ. sub voce Nobilis p. 182. und im übrigen mehr als zu bekandt, daß ein Stadt-Rath über eximirte Personen und deren bewegliche Güter sich keiner Jurisdiction anmassen dürffe, cum ubi loquitur superior, tacere debeat inferior, & lumen majus obscuret minus, Heigius Part. II. Quaest. XXV. n. 13. mithin auch nach ihrem Ableben keine Versiegelung und Inventur praetendiren könne, ohnerachtet dieselbe in einen Bürger-Hauß gewohnet, welches sonst unter des Magistrats Jurisdiction gehöret, angesehen es hier nicht auf das Hauß, oder eine actionem realem wegen des Hauses, oder davon schuldiger Abga-

wohnet, allein zustehe, oder ob nicht zum wenigsten mit und nebst der Regierung der ordentliche Stadt-Magistrat und Gerichts-Herr in dergleichen actu per deputatos concurrire, mithin die ordentliche Stadt-Obrigkeit nicht gäntzlich könne praeteriret werden? Ob nun zwar es das Ansehen gewinnen will, daß wer in einer gewissen Obrigkeit Jurisdiction wohnet, und darunter sich aufhält, auch derselben unterworffen sey, inmassen das forum domicilii und habitationis so kräfftig fundiret, daß gleichwie dergleichen Person secundum jura domicilii Recht nehmen muß, Dec. Concl. 352. n. 4. Berger. Oeconom. Jur. Lib. IV. tit. 4. §. 1. also auch nach ihren Tod ratione ihrer Verlassenschafft, niemand anders als dem Magistratui, worunter das domicilium gelegen, die Obsignation und Inventur zugehören kan, in fernerer Erwegung, daß ein jeder, folglich auch eine persona illustris gut und freywillig sich solches forum selbsten constituiret, und, da sie unter Bürgern, und in einem Bürger-Hause wohnet, zum wenigsten voluntate tacita der bürgerlichen Obrigkeit sich unterwirffet, auch so gar in capitulatione Caesarea Leopoldi art. 44. versehen, daß die von Kayferlicher Majestät ertheilte höhere Würde das jus domicilii nicht aufheben könne, mithin vor sich selbst zufliessen scheinet, daß entweder die Stadt-Obrigkeit, worunter dergleichen Person gewohnet, allein die Versieglung und Inventur verrichten müste, oder aber, daferne diese der Regierung aus besonderer Consideration nachsehen wolte, zum wenigsten per deputatos, um ihre jura zu conserviren, erwehnter Versieglung und Inventur beyzuwohnen befugt sey; Jedennoch aber und dieweil in Sachsen einige Personen ein forum privilegiatum haben, und nicht so wohl de novo von der Stadt-Obrigkeit Jurisdiction ausgenommen werden, sondern bereits per legem oder Consuetudinem eximiret sind. Mencke ad tit. ff. de Judiciis p. 42. seq. und im übrigen eine illustris persona einem Rath, Secretario und Schrifft-säßigen Edelmann, oder Dreßdischen Doctori. Amts Verweser etc. welche ad forum Principis oder judicium inferiore superius gehören, zweiffels ohne nicht geringer gehalten werden muß, cum qui est major nobili, talibus minimum juribus frui debeat, atque is, qui est dignitate minor Stryk. in Dissert. de Jure Baronum passim. Hingegen gewiß, daß durch die erwehlte Wohnung in einer Stadt der höhere Stand nicht verringert werde, Reyger. Thesaur. Jur. Civ. sub voce Nobilis p. 182. und im übrigen mehr als zu bekandt, daß ein Stadt-Rath über eximirte Personen und deren bewegliche Güter sich keiner Jurisdiction anmassen dürffe, cum ubi loquitur superior, tacere debeat inferior, & lumen majus obscuret minus, Heigius Part. II. Quaest. XXV. n. 13. mithin auch nach ihrem Ableben keine Versiegelung und Inventur praetendiren könne, ohnerachtet dieselbe in einen Bürger-Hauß gewohnet, welches sonst unter des Magistrats Jurisdiction gehöret, angesehen es hier nicht auf das Hauß, oder eine actionem realem wegen des Hauses, oder davon schuldiger Abga-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0224" n="218"/>
wohnet, allein zustehe, oder ob nicht                      zum wenigsten mit und nebst der Regierung der ordentliche Stadt-Magistrat und                      Gerichts-Herr in dergleichen actu per deputatos concurrire, mithin die                      ordentliche Stadt-Obrigkeit nicht gäntzlich könne praeteriret werden? Ob nun                      zwar es das Ansehen gewinnen will, daß wer in einer gewissen Obrigkeit                      Jurisdiction wohnet, und darunter sich aufhält, auch derselben unterworffen sey,                      inmassen das forum domicilii und habitationis so kräfftig fundiret, daß                      gleichwie dergleichen Person secundum jura domicilii Recht nehmen muß, Dec. <hi rendition="#i">Concl. 352. n. 4.</hi> Berger. <hi rendition="#i">Oeconom.                          Jur. Lib. IV. tit. 4. §. 1.</hi> also auch nach ihren Tod ratione ihrer                      Verlassenschafft, niemand anders als dem Magistratui, worunter das domicilium                      gelegen, die Obsignation und Inventur zugehören kan, in fernerer Erwegung, daß                      ein jeder, folglich auch eine persona illustris gut und freywillig sich solches                      forum selbsten constituiret, und, da sie unter Bürgern, und in einem                      Bürger-Hause wohnet, zum wenigsten voluntate tacita der bürgerlichen Obrigkeit                      sich unterwirffet, auch so gar <hi rendition="#i">in capitulatione Caesarea                          Leopoldi art. 44.</hi> versehen, daß die von Kayferlicher Majestät ertheilte                      höhere Würde das jus domicilii nicht aufheben könne, mithin vor sich selbst                      zufliessen scheinet, daß entweder die Stadt-Obrigkeit, worunter dergleichen                      Person gewohnet, allein die Versieglung und Inventur verrichten müste, oder                      aber, daferne diese der Regierung aus besonderer Consideration nachsehen wolte,                      zum wenigsten per deputatos, um ihre jura zu conserviren, erwehnter Versieglung                      und Inventur beyzuwohnen befugt sey; Jedennoch aber und dieweil in Sachsen                      einige Personen ein forum privilegiatum haben, und nicht so wohl de novo von der                      Stadt-Obrigkeit Jurisdiction ausgenommen werden, sondern bereits per legem oder                      Consuetudinem eximiret sind. Mencke <hi rendition="#i">ad tit. ff. de Judiciis                          p. 42. seq.</hi> und im übrigen eine illustris persona einem Rath,                      Secretario und Schrifft-säßigen Edelmann, oder Dreßdischen Doctori. Amts                      Verweser etc. welche ad forum Principis oder judicium inferiore superius                      gehören, zweiffels ohne nicht geringer gehalten werden muß, cum qui est major                      nobili, talibus minimum juribus frui debeat, atque is, qui est dignitate minor                      Stryk. <hi rendition="#i">in Dissert. de Jure Baronum passim.</hi> Hingegen                      gewiß, daß durch die erwehlte Wohnung in einer Stadt der höhere Stand nicht                      verringert werde, Reyger. <hi rendition="#i">Thesaur. Jur. Civ. sub voce Nobilis                          p. 182.</hi> und im übrigen mehr als zu bekandt, daß ein Stadt-Rath über                      eximirte Personen und deren bewegliche Güter sich keiner Jurisdiction anmassen                      dürffe, cum ubi loquitur superior, tacere debeat inferior, &amp; lumen majus                      obscuret minus, Heigius <hi rendition="#i">Part. II. Quaest. XXV. n. 13.</hi> mithin auch nach ihrem Ableben keine Versiegelung und Inventur praetendiren                      könne, ohnerachtet dieselbe in einen Bürger-Hauß gewohnet, welches sonst unter                      des Magistrats Jurisdiction gehöret, angesehen es hier nicht auf das Hauß, oder                      eine actionem realem wegen des Hauses, oder davon schuldiger Abga-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0224] wohnet, allein zustehe, oder ob nicht zum wenigsten mit und nebst der Regierung der ordentliche Stadt-Magistrat und Gerichts-Herr in dergleichen actu per deputatos concurrire, mithin die ordentliche Stadt-Obrigkeit nicht gäntzlich könne praeteriret werden? Ob nun zwar es das Ansehen gewinnen will, daß wer in einer gewissen Obrigkeit Jurisdiction wohnet, und darunter sich aufhält, auch derselben unterworffen sey, inmassen das forum domicilii und habitationis so kräfftig fundiret, daß gleichwie dergleichen Person secundum jura domicilii Recht nehmen muß, Dec. Concl. 352. n. 4. Berger. Oeconom. Jur. Lib. IV. tit. 4. §. 1. also auch nach ihren Tod ratione ihrer Verlassenschafft, niemand anders als dem Magistratui, worunter das domicilium gelegen, die Obsignation und Inventur zugehören kan, in fernerer Erwegung, daß ein jeder, folglich auch eine persona illustris gut und freywillig sich solches forum selbsten constituiret, und, da sie unter Bürgern, und in einem Bürger-Hause wohnet, zum wenigsten voluntate tacita der bürgerlichen Obrigkeit sich unterwirffet, auch so gar in capitulatione Caesarea Leopoldi art. 44. versehen, daß die von Kayferlicher Majestät ertheilte höhere Würde das jus domicilii nicht aufheben könne, mithin vor sich selbst zufliessen scheinet, daß entweder die Stadt-Obrigkeit, worunter dergleichen Person gewohnet, allein die Versieglung und Inventur verrichten müste, oder aber, daferne diese der Regierung aus besonderer Consideration nachsehen wolte, zum wenigsten per deputatos, um ihre jura zu conserviren, erwehnter Versieglung und Inventur beyzuwohnen befugt sey; Jedennoch aber und dieweil in Sachsen einige Personen ein forum privilegiatum haben, und nicht so wohl de novo von der Stadt-Obrigkeit Jurisdiction ausgenommen werden, sondern bereits per legem oder Consuetudinem eximiret sind. Mencke ad tit. ff. de Judiciis p. 42. seq. und im übrigen eine illustris persona einem Rath, Secretario und Schrifft-säßigen Edelmann, oder Dreßdischen Doctori. Amts Verweser etc. welche ad forum Principis oder judicium inferiore superius gehören, zweiffels ohne nicht geringer gehalten werden muß, cum qui est major nobili, talibus minimum juribus frui debeat, atque is, qui est dignitate minor Stryk. in Dissert. de Jure Baronum passim. Hingegen gewiß, daß durch die erwehlte Wohnung in einer Stadt der höhere Stand nicht verringert werde, Reyger. Thesaur. Jur. Civ. sub voce Nobilis p. 182. und im übrigen mehr als zu bekandt, daß ein Stadt-Rath über eximirte Personen und deren bewegliche Güter sich keiner Jurisdiction anmassen dürffe, cum ubi loquitur superior, tacere debeat inferior, & lumen majus obscuret minus, Heigius Part. II. Quaest. XXV. n. 13. mithin auch nach ihrem Ableben keine Versiegelung und Inventur praetendiren könne, ohnerachtet dieselbe in einen Bürger-Hauß gewohnet, welches sonst unter des Magistrats Jurisdiction gehöret, angesehen es hier nicht auf das Hauß, oder eine actionem realem wegen des Hauses, oder davon schuldiger Abga-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/224
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/224>, abgerufen am 03.05.2024.