Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

Meynung verfertiget, indem er anderswo ausführlich gewiesen, daß er selbst dißfalls gantz anderer Meynung sey.

§. IIX. Aus demjenigen, was bißhero von dem Stand der verehlichtenDer dritte Casus. Ob Fürstliche Maitressen pro personis illustribus zu achten / und unter wessen Jurisdiction sie gehören? nebst dem Responso. geringeren Weibes-Personen mit Adelichen oder Fürstlichen Ehemännern gemeldet worden, kan man leicht abnehmen, was von dem Stand dergleichen Personen zu halten sey, wenn selbige nur Maitressen oder Concubinen grosser Herren abgegeben, von welchen Anno 1716. im Februario der Facultät ein artiger Casus nebst zweyen Fragen vorgetragen und darüber ein Responsum verlanget wurde. Die Sache wird am allerfüglichsten aus dem responso selbst begriffen werden können, und so dann erst Zeit seyn, dasjenige, was bey dem uns deßwegen zugeschickten Schreiben etwa noch zu erinnern seyn möchte, anzumercken.

Als derselbe uns folgende facti speciem nebst einigen Fragen zugesendet, und sich des Rechtens zu berichten gebeten. Demnach etc. etc. Ist ohnlängst zu Thermopoli Titia Todes verfahren, welche in einen privat- und Bürgerhause, unter der Jurisdiction des Stadt-Raths gelegen, sich aufgehalten, ihres Herkommens eine gebohrne von Adel, die aber ehemahls mit Cajo, einer persona illustri coniugata, ausser dem Ehestande eine natürliche Tochter erzielet, der ihr auch, biß an sein vor 38. Jahren erfolgtes Ende eine solche affection zugewendet, welche sonsten eine ordentlichen Gemahlin zu geniessen hat, wie er denn willens gewesen, sie in Grafen-Stand erheben zu lassen, indessen aber, da die Sache bereits sehr avanciret, gestorben, worauf sie zu Thermopoli zwar privatiret, inzwischen aber von jedermann die Gräfin von N. tituliret worden, ohnerachtet sie sich niemahls davor ausgegeben, sondern incognito zu leben getrachtet, über dieses nicht illustri pompa, sondern als eine ehrbare privat-Person beerdiget worden; Nach diesen ihren Tod nun hat sichs zugetragen, daß die Regierung obbenannte Titiam vor eine illustre Person geachtet, und mit Vorbeygehung des Stadt-Magistrats, durch ihren Secretarium unmittelbahr die Versieglung verrichten lassen, nicht so wohl weil die Verstorbene in ihrem Testamente solches verordnet, sondern aus jetzt erwehnten medio termino, weil sie eine persona illustris, welche unter der Regierung stünde; wodurch folglich der Stadt-Magistrat ab exercenda jurisdictione sua gäntzlich ausgeschlossen worden, dahero nunmehro 3. Fragen entstehen:

1) Ob nicht dem ordinario Magistratui die Obsignation und Inventur auch bey illustren Personen, welche in einen privat- und Bürgerhauß, so der Stadt-Obrigkeit Jurisdiction unterworffen, biß an ihren tödtlichen Hintritt ge-

Meynung verfertiget, indem er anderswo ausführlich gewiesen, daß er selbst dißfalls gantz anderer Meynung sey.

§. IIX. Aus demjenigen, was bißhero von dem Stand der verehlichtenDer dritte Casus. Ob Fürstliche Maitressen pro personis illustribus zu achten / und unter wessen Jurisdiction sie gehören? nebst dem Responso. geringeren Weibes-Personen mit Adelichen oder Fürstlichen Ehemännern gemeldet worden, kan man leicht abnehmen, was von dem Stand dergleichen Personen zu halten sey, wenn selbige nur Maitressen oder Concubinen grosser Herren abgegeben, von welchen Anno 1716. im Februario der Facultät ein artiger Casus nebst zweyen Fragen vorgetragen und darüber ein Responsum verlanget wurde. Die Sache wird am allerfüglichsten aus dem responso selbst begriffen werden können, und so dann erst Zeit seyn, dasjenige, was bey dem uns deßwegen zugeschickten Schreiben etwa noch zu erinnern seyn möchte, anzumercken.

Als derselbe uns folgende facti speciem nebst einigen Fragen zugesendet, und sich des Rechtens zu berichten gebeten. Demnach etc. etc. Ist ohnlängst zu Thermopoli Titia Todes verfahren, welche in einen privat- und Bürgerhause, unter der Jurisdiction des Stadt-Raths gelegen, sich aufgehalten, ihres Herkommens eine gebohrne von Adel, die aber ehemahls mit Cajo, einer persona illustri coniugata, ausser dem Ehestande eine natürliche Tochter erzielet, der ihr auch, biß an sein vor 38. Jahren erfolgtes Ende eine solche affection zugewendet, welche sonsten eine ordentlichen Gemahlin zu geniessen hat, wie er denn willens gewesen, sie in Grafen-Stand erheben zu lassen, indessen aber, da die Sache bereits sehr avanciret, gestorben, worauf sie zu Thermopoli zwar privatiret, inzwischen aber von jedermann die Gräfin von N. tituliret worden, ohnerachtet sie sich niemahls davor ausgegeben, sondern incognito zu leben getrachtet, über dieses nicht illustri pompa, sondern als eine ehrbare privat-Person beerdiget worden; Nach diesen ihren Tod nun hat sichs zugetragen, daß die Regierung obbenannte Titiam vor eine illustre Person geachtet, und mit Vorbeygehung des Stadt-Magistrats, durch ihren Secretarium unmittelbahr die Versieglung verrichten lassen, nicht so wohl weil die Verstorbene in ihrem Testamente solches verordnet, sondern aus jetzt erwehnten medio termino, weil sie eine persona illustris, welche unter der Regierung stünde; wodurch folglich der Stadt-Magistrat ab exercenda jurisdictione sua gäntzlich ausgeschlossen worden, dahero nunmehro 3. Fragen entstehen:

1) Ob nicht dem ordinario Magistratui die Obsignation und Inventur auch bey illustren Personen, welche in einen privat- und Bürgerhauß, so der Stadt-Obrigkeit Jurisdiction unterworffen, biß an ihren tödtlichen Hintritt ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0223" n="217"/>
Meynung                      verfertiget, indem er anderswo ausführlich gewiesen, daß er selbst dißfalls                      gantz anderer Meynung sey.</p>
        <p>§. IIX. Aus demjenigen, was bißhero von dem Stand der verehlichten<note place="right">Der dritte <hi rendition="#i">Casus.</hi> Ob Fürstliche <hi rendition="#i">Maitressen pro personis illustribus</hi> zu achten /                          und unter wessen <hi rendition="#i">Jurisdiction</hi> sie gehören? nebst dem <hi rendition="#i">Responso.</hi></note> geringeren Weibes-Personen mit                      Adelichen oder Fürstlichen Ehemännern gemeldet worden, kan man leicht abnehmen,                      was von dem Stand dergleichen Personen zu halten sey, wenn selbige nur                      Maitressen oder Concubinen grosser Herren abgegeben, von welchen Anno 1716. im                      Februario der Facultät ein artiger Casus nebst zweyen Fragen vorgetragen und                      darüber ein Responsum verlanget wurde. Die Sache wird am allerfüglichsten aus                      dem responso selbst begriffen werden können, und so dann erst Zeit seyn,                      dasjenige, was bey dem uns deßwegen zugeschickten Schreiben etwa noch zu                      erinnern seyn möchte, anzumercken.</p>
        <p>Als derselbe uns folgende facti speciem nebst einigen Fragen zugesendet, und sich                      des Rechtens zu berichten gebeten. Demnach etc. etc. Ist ohnlängst zu Thermopoli                      Titia Todes verfahren, welche in einen privat- und Bürgerhause, unter der                      Jurisdiction des Stadt-Raths gelegen, sich aufgehalten, ihres Herkommens eine                      gebohrne von Adel, die aber ehemahls mit Cajo, einer persona illustri coniugata,                      ausser dem Ehestande eine natürliche Tochter erzielet, der ihr auch, biß an sein                      vor 38. Jahren erfolgtes Ende eine solche affection zugewendet, welche sonsten                      eine ordentlichen Gemahlin zu geniessen hat, wie er denn willens gewesen, sie in                      Grafen-Stand erheben zu lassen, indessen aber, da die Sache bereits sehr                      avanciret, gestorben, worauf sie zu Thermopoli zwar privatiret, inzwischen aber                      von jedermann die Gräfin von N. tituliret worden, ohnerachtet sie sich niemahls                      davor ausgegeben, sondern incognito zu leben getrachtet, über dieses nicht                      illustri pompa, sondern als eine ehrbare privat-Person beerdiget worden; Nach                      diesen ihren Tod nun hat sichs zugetragen, daß die Regierung obbenannte Titiam                      vor eine illustre Person geachtet, und mit Vorbeygehung des Stadt-Magistrats,                      durch ihren Secretarium unmittelbahr die Versieglung verrichten lassen, nicht so                      wohl weil die Verstorbene in ihrem Testamente solches verordnet, sondern aus                      jetzt erwehnten medio termino, weil sie eine persona illustris, welche unter der                      Regierung stünde; wodurch folglich der Stadt-Magistrat ab exercenda                      jurisdictione sua gäntzlich ausgeschlossen worden, dahero nunmehro 3. Fragen                      entstehen:</p>
        <p>1) Ob nicht dem ordinario Magistratui die Obsignation und Inventur auch bey                      illustren Personen, welche in einen privat- und Bürgerhauß, so der                      Stadt-Obrigkeit Jurisdiction unterworffen, biß an ihren tödtlichen Hintritt                              ge-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[217/0223] Meynung verfertiget, indem er anderswo ausführlich gewiesen, daß er selbst dißfalls gantz anderer Meynung sey. §. IIX. Aus demjenigen, was bißhero von dem Stand der verehlichten geringeren Weibes-Personen mit Adelichen oder Fürstlichen Ehemännern gemeldet worden, kan man leicht abnehmen, was von dem Stand dergleichen Personen zu halten sey, wenn selbige nur Maitressen oder Concubinen grosser Herren abgegeben, von welchen Anno 1716. im Februario der Facultät ein artiger Casus nebst zweyen Fragen vorgetragen und darüber ein Responsum verlanget wurde. Die Sache wird am allerfüglichsten aus dem responso selbst begriffen werden können, und so dann erst Zeit seyn, dasjenige, was bey dem uns deßwegen zugeschickten Schreiben etwa noch zu erinnern seyn möchte, anzumercken. Der dritte Casus. Ob Fürstliche Maitressen pro personis illustribus zu achten / und unter wessen Jurisdiction sie gehören? nebst dem Responso. Als derselbe uns folgende facti speciem nebst einigen Fragen zugesendet, und sich des Rechtens zu berichten gebeten. Demnach etc. etc. Ist ohnlängst zu Thermopoli Titia Todes verfahren, welche in einen privat- und Bürgerhause, unter der Jurisdiction des Stadt-Raths gelegen, sich aufgehalten, ihres Herkommens eine gebohrne von Adel, die aber ehemahls mit Cajo, einer persona illustri coniugata, ausser dem Ehestande eine natürliche Tochter erzielet, der ihr auch, biß an sein vor 38. Jahren erfolgtes Ende eine solche affection zugewendet, welche sonsten eine ordentlichen Gemahlin zu geniessen hat, wie er denn willens gewesen, sie in Grafen-Stand erheben zu lassen, indessen aber, da die Sache bereits sehr avanciret, gestorben, worauf sie zu Thermopoli zwar privatiret, inzwischen aber von jedermann die Gräfin von N. tituliret worden, ohnerachtet sie sich niemahls davor ausgegeben, sondern incognito zu leben getrachtet, über dieses nicht illustri pompa, sondern als eine ehrbare privat-Person beerdiget worden; Nach diesen ihren Tod nun hat sichs zugetragen, daß die Regierung obbenannte Titiam vor eine illustre Person geachtet, und mit Vorbeygehung des Stadt-Magistrats, durch ihren Secretarium unmittelbahr die Versieglung verrichten lassen, nicht so wohl weil die Verstorbene in ihrem Testamente solches verordnet, sondern aus jetzt erwehnten medio termino, weil sie eine persona illustris, welche unter der Regierung stünde; wodurch folglich der Stadt-Magistrat ab exercenda jurisdictione sua gäntzlich ausgeschlossen worden, dahero nunmehro 3. Fragen entstehen: 1) Ob nicht dem ordinario Magistratui die Obsignation und Inventur auch bey illustren Personen, welche in einen privat- und Bürgerhauß, so der Stadt-Obrigkeit Jurisdiction unterworffen, biß an ihren tödtlichen Hintritt ge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/223
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/223>, abgerufen am 25.11.2024.