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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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gleichfalls darauff verweise, was in besagten meditationibus p. 1409. davon gemeldet worden, daß man Anno. 1672. auf den Reichs-Tage geschlossen, daß jeder Obrigkeit, die Regalien von Reich hat / unbenommen seyn solle, die Policey-Ordnungen nicht alleine einzuziehen, zu ringern und zu mäßigen, sondern auch daß die in der alten Policey-Ordnung 1548. angehengte Worte: aber nicht zu erhöhen und zuvermehren, künfftig ausgelassen werden solten; und daß dannenhero auch hieraus der Anno 1671. entworffene Auffsatz num 2. (in besagten Meditationibus p. 1511.) verstanden und emendiret werden müsse.

Vorschlag / Wie etwa die Untersuchung von Ursprung und Ursachen der Verunehrung der Scharffrichter in Teutschland einzurichten sey?

§. XIII. In übrigen kan ich auch nicht leugnen, daß der Autor der Dissertationis Epistolaris in dieser seiner Schrifft sich also aufgesühret, daß man daraus wohl spühren könne, daß er ein Mann von einen guten Judicio, und fähig sey, auch zweiffelhaffte und unrecht scheinende Sachen sehr plausibel vorzustellen und zu vertheydigen. Mich soll dannenhero verlangen, ob die Herren JCti zu Straßburg auff diese Dissertation so stille schweigen, und sich nicht verantworten werden. Zum wenigsten dächte ich, solte es ihnen an Materie nicht mangeln. Ich wünsche indessen, daß sich jemand drüber machen und den Ursprung, wie und wann es geschehen, daß bey uns Teutschen die Scharffrichter für unehrlich gehalten worden, etwas gegründeter, als bißher geschehen, entdecken wolte: welches meines Erachtens eben keine so grosse Mühe brauchte, wenn man nur aus Speidelio und Besoldo unter denen Tituln: Abdecker, Frohnbote, Hencker, Nachrichter, Scharffrichter, Schinder u. s. w. die dazu nöthigen Collectanea excerpiren wolte. Jedoch müste man bey diesen collectaneis ein wenig ein judicium adhibiren, indem viele falsche assertiones darunter zu befinden. Meine unmaßgebliche Gedancken gehen dahin; 1) die Scharffrichter sind bey unsern Teurschen Vorfahren niemahls Personen von grosser Würde gewesen: und darff man sich daran nicht kehren, daß Hachenberg in Germ. media dissert. 1. §. 10. geschrieben. Etiam carnifex splendidi officialis nomen (apud Saxones antiquos) moribus nostris soedum atque turpe. Denn erstlich weiset das gantze Buch, daß Hachenberg zwar ein sehr fleißiger Mann, aber dabey nicht eben mit grossen judicio versehen gewesen sey; hernach beweiset der von ihm aus Hovedeno angeführte locus von 1040. Jahre gar nichts. Rcx Harde Canutus Alfruum Eboracensem Episcopum, Godwinum Comitem, Stir, Majorem Domus, Edricum Dispensatorem, Thrond suum CARNIFICEM & alios magnae Dignitatis viros Londinum misit. Denn gleich

gleichfalls darauff verweise, was in besagten meditationibus p. 1409. davon gemeldet worden, daß man Anno. 1672. auf den Reichs-Tage geschlossen, daß jeder Obrigkeit, die Regalien von Reich hat / unbenommen seyn solle, die Policey-Ordnungen nicht alleine einzuziehen, zu ringern und zu mäßigen, sondern auch daß die in der alten Policey-Ordnung 1548. angehengte Worte: aber nicht zu erhöhen und zuvermehren, künfftig ausgelassen werden solten; und daß dannenhero auch hieraus der Anno 1671. entworffene Auffsatz num 2. (in besagten Meditationibus p. 1511.) verstanden und emendiret werden müsse.

Vorschlag / Wie etwa die Untersuchung von Ursprung und Ursachen der Verunehrung der Scharffrichter in Teutschland einzurichten sey?

§. XIII. In übrigen kan ich auch nicht leugnen, daß der Autor der Dissertationis Epistolaris in dieser seiner Schrifft sich also aufgesühret, daß man daraus wohl spühren könne, daß er ein Mann von einen guten Judicio, und fähig sey, auch zweiffelhaffte und unrecht scheinende Sachen sehr plausibel vorzustellen und zu vertheydigen. Mich soll dannenhero verlangen, ob die Herren JCti zu Straßburg auff diese Dissertation so stille schweigen, und sich nicht verantworten werden. Zum wenigsten dächte ich, solte es ihnen an Materie nicht mangeln. Ich wünsche indessen, daß sich jemand drüber machen und den Ursprung, wie und wann es geschehen, daß bey uns Teutschen die Scharffrichter für unehrlich gehalten worden, etwas gegründeter, als bißher geschehen, entdecken wolte: welches meines Erachtens eben keine so grosse Mühe brauchte, wenn man nur aus Speidelio und Besoldo unter denen Tituln: Abdecker, Frohnbote, Hencker, Nachrichter, Scharffrichter, Schinder u. s. w. die dazu nöthigen Collectanea excerpiren wolte. Jedoch müste man bey diesen collectaneis ein wenig ein judicium adhibiren, indem viele falsche assertiones darunter zu befinden. Meine unmaßgebliche Gedancken gehen dahin; 1) die Scharffrichter sind bey unsern Teurschen Vorfahren niemahls Personen von grosser Würde gewesen: und darff man sich daran nicht kehren, daß Hachenberg in Germ. media dissert. 1. §. 10. geschrieben. Etiam carnifex splendidi officialis nomen (apud Saxones antiquos) moribus nostris soedum atque turpe. Denn erstlich weiset das gantze Buch, daß Hachenberg zwar ein sehr fleißiger Mann, aber dabey nicht eben mit grossen judicio versehen gewesen sey; hernach beweiset der von ihm aus Hovedeno angeführte locus von 1040. Jahre gar nichts. Rcx Harde Canutus Alfruum Eboracensem Episcopum, Godwinum Comitem, Stir, Majorem Domus, Edricum Dispensatorem, Thrond suum CARNIFICEM & alios magnae Dignitatis viros Londinum misit. Denn gleich

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gleichfalls darauff verweise, was in besagten meditationibus p. 1409. davon                      gemeldet worden, daß man Anno. 1672. auf den Reichs-Tage geschlossen, daß jeder                      Obrigkeit, die Regalien von Reich hat / unbenommen seyn solle, die                      Policey-Ordnungen nicht alleine einzuziehen, zu ringern und zu mäßigen, sondern                      auch daß die in der alten Policey-Ordnung 1548. angehengte Worte: aber nicht zu                      erhöhen und zuvermehren, künfftig ausgelassen werden solten; und daß dannenhero                      auch hieraus der Anno 1671. entworffene Auffsatz num 2. (in besagten                      Meditationibus p. 1511.) verstanden und emendiret werden müsse.</p>
        <note place="left">Vorschlag / Wie etwa die Untersuchung von Ursprung und                      Ursachen der Verunehrung der Scharffrichter in Teutschland einzurichten sey?</note>
        <p>§. XIII. In übrigen kan ich auch nicht leugnen, daß der Autor der Dissertationis                      Epistolaris in dieser seiner Schrifft sich also aufgesühret, daß man daraus wohl                      spühren könne, daß er ein Mann von einen guten Judicio, und fähig sey, auch                      zweiffelhaffte und unrecht scheinende Sachen sehr plausibel vorzustellen und zu                      vertheydigen. Mich soll dannenhero verlangen, ob die Herren JCti zu Straßburg                      auff diese Dissertation so stille schweigen, und sich nicht verantworten werden.                      Zum wenigsten dächte ich, solte es ihnen an Materie nicht mangeln. Ich wünsche                      indessen, daß sich jemand drüber machen und den Ursprung, wie und wann es                      geschehen, daß bey uns Teutschen die Scharffrichter für unehrlich gehalten                      worden, etwas gegründeter, als bißher geschehen, entdecken wolte: welches meines                      Erachtens eben keine so grosse Mühe brauchte, wenn man nur aus Speidelio und                      Besoldo unter denen Tituln: Abdecker, Frohnbote, Hencker, Nachrichter,                      Scharffrichter, Schinder u. s. w. die dazu nöthigen Collectanea excerpiren                      wolte. Jedoch müste man bey diesen collectaneis ein wenig ein judicium                      adhibiren, indem viele falsche assertiones darunter zu befinden. Meine                      unmaßgebliche Gedancken gehen dahin; 1) die Scharffrichter sind bey unsern                      Teurschen Vorfahren niemahls Personen von grosser Würde gewesen: und darff man                      sich daran nicht kehren, daß Hachenberg in Germ. media dissert. 1. §. 10.                      geschrieben. Etiam carnifex splendidi officialis nomen (apud Saxones antiquos)                      moribus nostris soedum atque turpe. Denn erstlich weiset das gantze Buch, daß                      Hachenberg zwar ein sehr fleißiger Mann, aber dabey nicht eben mit grossen                      judicio versehen gewesen sey; hernach beweiset der von ihm aus Hovedeno                      angeführte locus von 1040. Jahre gar nichts. <hi rendition="#i">Rcx Harde                          Canutus Alfruum Eboracensem Episcopum, Godwinum Comitem, Stir, Majorem                          Domus, Edricum Dispensatorem, Thrond suum CARNIFICEM &amp; alios magnae                          Dignitatis viros Londinum misit.</hi> Denn gleich
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[194/0200] gleichfalls darauff verweise, was in besagten meditationibus p. 1409. davon gemeldet worden, daß man Anno. 1672. auf den Reichs-Tage geschlossen, daß jeder Obrigkeit, die Regalien von Reich hat / unbenommen seyn solle, die Policey-Ordnungen nicht alleine einzuziehen, zu ringern und zu mäßigen, sondern auch daß die in der alten Policey-Ordnung 1548. angehengte Worte: aber nicht zu erhöhen und zuvermehren, künfftig ausgelassen werden solten; und daß dannenhero auch hieraus der Anno 1671. entworffene Auffsatz num 2. (in besagten Meditationibus p. 1511.) verstanden und emendiret werden müsse. §. XIII. In übrigen kan ich auch nicht leugnen, daß der Autor der Dissertationis Epistolaris in dieser seiner Schrifft sich also aufgesühret, daß man daraus wohl spühren könne, daß er ein Mann von einen guten Judicio, und fähig sey, auch zweiffelhaffte und unrecht scheinende Sachen sehr plausibel vorzustellen und zu vertheydigen. Mich soll dannenhero verlangen, ob die Herren JCti zu Straßburg auff diese Dissertation so stille schweigen, und sich nicht verantworten werden. Zum wenigsten dächte ich, solte es ihnen an Materie nicht mangeln. Ich wünsche indessen, daß sich jemand drüber machen und den Ursprung, wie und wann es geschehen, daß bey uns Teutschen die Scharffrichter für unehrlich gehalten worden, etwas gegründeter, als bißher geschehen, entdecken wolte: welches meines Erachtens eben keine so grosse Mühe brauchte, wenn man nur aus Speidelio und Besoldo unter denen Tituln: Abdecker, Frohnbote, Hencker, Nachrichter, Scharffrichter, Schinder u. s. w. die dazu nöthigen Collectanea excerpiren wolte. Jedoch müste man bey diesen collectaneis ein wenig ein judicium adhibiren, indem viele falsche assertiones darunter zu befinden. Meine unmaßgebliche Gedancken gehen dahin; 1) die Scharffrichter sind bey unsern Teurschen Vorfahren niemahls Personen von grosser Würde gewesen: und darff man sich daran nicht kehren, daß Hachenberg in Germ. media dissert. 1. §. 10. geschrieben. Etiam carnifex splendidi officialis nomen (apud Saxones antiquos) moribus nostris soedum atque turpe. Denn erstlich weiset das gantze Buch, daß Hachenberg zwar ein sehr fleißiger Mann, aber dabey nicht eben mit grossen judicio versehen gewesen sey; hernach beweiset der von ihm aus Hovedeno angeführte locus von 1040. Jahre gar nichts. Rcx Harde Canutus Alfruum Eboracensem Episcopum, Godwinum Comitem, Stir, Majorem Domus, Edricum Dispensatorem, Thrond suum CARNIFICEM & alios magnae Dignitatis viros Londinum misit. Denn gleich

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/200>, abgerufen am 28.11.2024.