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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

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famulos dergestalt abprügeln lassen, daß er sich alsobald mit zerbrochenen Degen, und zerrissenen Federn auf den Hut aus der Stadt gemacht und folgends auf requisition Senatus Academici aus des dasigen Amts-und Stadts-districtu sortgeschaffet worden. Ferner hätten die Augspurgischen Medici in Sept. 1719. an sie die Regensburgischen Medicos geschrieben, daß der Magistrat zu Augspurg Anno 1679. einen Doctori Medicinae, der in das Collegium Medicum daselbst aufgenommen zu werden gebeten, diese seine Bitte bloß deßhalben abgeschlagen, weil man glaubwürdig vernommen, daß er sodann des dasigen Scharffrichters Tochter zu heyrathen gesonnen wäre. Und ob wol darauf der Scharffrichter sich bemühet zu Wien einen Befehl zu erhalten, daß dieser sein Eydam in das Collegium Medicum recipiret werden solle, so wäre doch von S. Kayserlichen Majestät dieses sein petitum ihm abgeschlagen worden. Endlich hätten auch die drey Reichs-Collegia zu Regensburg Anno 1671. dieses einmüthige conclusum gemacht, daß die kurtz vorher aus der Bayerischen Landes-Ordnung angeführte Worte auch der neuen Reichs-Policey-Ordnung einerleibet werden solten, welches auch S. Käyserliche Majestät 1681. ratificiret hätte, wie in denen Meditat. ad Instrum. Pac. specim. VII. p. 1409. und 1519 zu lesen wäre, und ob es schon noch nicht als ein Reichs-Abschied wäre publiciret worden, so wäre doch kein Zweiffel, daß die hohe Autorität derer Herren Abgesandten, die alles wohl und reifflich überleget hätten, schon von solchem Gewichte wäre, daß kein kluger Mensch sich ferner dawieder aufflehnen würde, massen dann auch der Magistrat zu Regensburg bisher ihnen denen Medicis in diesem Stück nicht zuwieder gewesen wäre.

Was bey Beurtheilung dieses Streits überhaupt zu beobachten sey?

§. XII. Wer hat nun wohl unter diesen beyden Partheyen Recht? Ich überlasse solches eines jeden Lesers Erwegung; und kan aus dem, was ich vorhero bey diesem Handel angemerckt, leicht abgenommen werden, was etwa meine Meynung sey, zumahlen da ohnedem die Sache so kurtz nicht abgehandelt werden kan, als mein Vorsatz bey Edirung dieser Händel zuläßt. Jedoch will ich nur noch etwas weniges zu fernerm Nachdencken überlassen. Wie wenn einer spräche: es hätten beyde Partheyen Recht? Denn das ist wohl ausgemacht, daß die Scharffrichter ex solo Jure Naturae nicht für infam zu halten, sondern die levis notae macula, die ihnen beygemessen wird, ein merum inventum juris civilis und zwar consuetudinarii sey, und also nicht zu verwundern, wenn selbiges hier und dar variiret, und dannenhero die Profes-

famulos dergestalt abprügeln lassen, daß er sich alsobald mit zerbrochenen Degen, und zerrissenen Federn auf den Hut aus der Stadt gemacht und folgends auf requisition Senatus Academici aus des dasigen Amts-und Stadts-districtu sortgeschaffet worden. Ferner hätten die Augspurgischen Medici in Sept. 1719. an sie die Regensburgischen Medicos geschrieben, daß der Magistrat zu Augspurg Anno 1679. einen Doctori Medicinae, der in das Collegium Medicum daselbst aufgenommen zu werden gebeten, diese seine Bitte bloß deßhalben abgeschlagen, weil man glaubwürdig vernommen, daß er sodann des dasigen Scharffrichters Tochter zu heyrathen gesonnen wäre. Und ob wol darauf der Scharffrichter sich bemühet zu Wien einen Befehl zu erhalten, daß dieser sein Eydam in das Collegium Medicum recipiret werden solle, so wäre doch von S. Kayserlichen Majestät dieses sein petitum ihm abgeschlagen worden. Endlich hätten auch die drey Reichs-Collegia zu Regensburg Anno 1671. dieses einmüthige conclusum gemacht, daß die kurtz vorher aus der Bayerischen Landes-Ordnung angeführte Worte auch der neuen Reichs-Policey-Ordnung einerleibet werden solten, welches auch S. Käyserliche Majestät 1681. ratificiret hätte, wie in denen Meditat. ad Instrum. Pac. specim. VII. p. 1409. und 1519 zu lesen wäre, und ob es schon noch nicht als ein Reichs-Abschied wäre publiciret worden, so wäre doch kein Zweiffel, daß die hohe Autorität derer Herren Abgesandten, die alles wohl und reifflich überleget hätten, schon von solchem Gewichte wäre, daß kein kluger Mensch sich ferner dawieder aufflehnen würde, massen dann auch der Magistrat zu Regensburg bisher ihnen denen Medicis in diesem Stück nicht zuwieder gewesen wäre.

Was bey Beurtheilung dieses Streits überhaupt zu beobachten sey?

§. XII. Wer hat nun wohl unter diesen beyden Partheyen Recht? Ich überlasse solches eines jeden Lesers Erwegung; und kan aus dem, was ich vorhero bey diesem Handel angemerckt, leicht abgenommen werden, was etwa meine Meynung sey, zumahlen da ohnedem die Sache so kurtz nicht abgehandelt werden kan, als mein Vorsatz bey Edirung dieser Händel zuläßt. Jedoch will ich nur noch etwas weniges zu fernerm Nachdencken überlassen. Wie wenn einer spräche: es hätten beyde Partheyen Recht? Denn das ist wohl ausgemacht, daß die Scharffrichter ex solo Jure Naturae nicht für infam zu halten, sondern die levis notae macula, die ihnen beygemessen wird, ein merum inventum juris civilis und zwar consuetudinarii sey, und also nicht zu verwundern, wenn selbiges hier und dar variiret, und dannenhero die Profes-

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famulos dergestalt abprügeln lassen, daß er sich alsobald mit zerbrochenen Degen, und zerrissenen Federn auf den Hut aus der Stadt gemacht und folgends auf requisition Senatus Academici aus des dasigen Amts-und Stadts-districtu sortgeschaffet worden. Ferner hätten die Augspurgischen Medici in Sept. 1719. an sie die Regensburgischen Medicos geschrieben, daß der Magistrat zu Augspurg Anno 1679. einen Doctori Medicinae, der in das Collegium Medicum daselbst aufgenommen zu werden gebeten, diese seine Bitte bloß deßhalben abgeschlagen, weil man glaubwürdig vernommen, daß er sodann des dasigen Scharffrichters Tochter zu heyrathen gesonnen wäre. Und ob wol darauf der Scharffrichter sich bemühet zu Wien einen Befehl zu erhalten, daß dieser sein Eydam in das Collegium Medicum recipiret werden solle, so wäre doch von S. Kayserlichen Majestät dieses sein petitum ihm abgeschlagen worden. Endlich hätten auch die drey Reichs-Collegia zu Regensburg Anno 1671. dieses einmüthige conclusum gemacht, daß die kurtz vorher aus der Bayerischen Landes-Ordnung angeführte Worte auch der neuen Reichs-Policey-Ordnung einerleibet werden solten, welches auch S. Käyserliche Majestät 1681. ratificiret hätte, wie in denen Meditat. ad Instrum. Pac. specim. VII. p. 1409. und 1519 zu lesen wäre, und ob es schon noch nicht als ein Reichs-Abschied wäre publiciret worden, so wäre doch kein Zweiffel, daß die hohe Autorität derer Herren Abgesandten, die alles wohl und reifflich überleget hätten, schon von solchem Gewichte wäre, daß kein kluger Mensch sich ferner dawieder aufflehnen würde, massen dann auch der Magistrat zu Regensburg bisher ihnen denen Medicis in diesem Stück nicht zuwieder gewesen wäre.</p>
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[192/0198] famulos dergestalt abprügeln lassen, daß er sich alsobald mit zerbrochenen Degen, und zerrissenen Federn auf den Hut aus der Stadt gemacht und folgends auf requisition Senatus Academici aus des dasigen Amts-und Stadts-districtu sortgeschaffet worden. Ferner hätten die Augspurgischen Medici in Sept. 1719. an sie die Regensburgischen Medicos geschrieben, daß der Magistrat zu Augspurg Anno 1679. einen Doctori Medicinae, der in das Collegium Medicum daselbst aufgenommen zu werden gebeten, diese seine Bitte bloß deßhalben abgeschlagen, weil man glaubwürdig vernommen, daß er sodann des dasigen Scharffrichters Tochter zu heyrathen gesonnen wäre. Und ob wol darauf der Scharffrichter sich bemühet zu Wien einen Befehl zu erhalten, daß dieser sein Eydam in das Collegium Medicum recipiret werden solle, so wäre doch von S. Kayserlichen Majestät dieses sein petitum ihm abgeschlagen worden. Endlich hätten auch die drey Reichs-Collegia zu Regensburg Anno 1671. dieses einmüthige conclusum gemacht, daß die kurtz vorher aus der Bayerischen Landes-Ordnung angeführte Worte auch der neuen Reichs-Policey-Ordnung einerleibet werden solten, welches auch S. Käyserliche Majestät 1681. ratificiret hätte, wie in denen Meditat. ad Instrum. Pac. specim. VII. p. 1409. und 1519 zu lesen wäre, und ob es schon noch nicht als ein Reichs-Abschied wäre publiciret worden, so wäre doch kein Zweiffel, daß die hohe Autorität derer Herren Abgesandten, die alles wohl und reifflich überleget hätten, schon von solchem Gewichte wäre, daß kein kluger Mensch sich ferner dawieder aufflehnen würde, massen dann auch der Magistrat zu Regensburg bisher ihnen denen Medicis in diesem Stück nicht zuwieder gewesen wäre. §. XII. Wer hat nun wohl unter diesen beyden Partheyen Recht? Ich überlasse solches eines jeden Lesers Erwegung; und kan aus dem, was ich vorhero bey diesem Handel angemerckt, leicht abgenommen werden, was etwa meine Meynung sey, zumahlen da ohnedem die Sache so kurtz nicht abgehandelt werden kan, als mein Vorsatz bey Edirung dieser Händel zuläßt. Jedoch will ich nur noch etwas weniges zu fernerm Nachdencken überlassen. Wie wenn einer spräche: es hätten beyde Partheyen Recht? Denn das ist wohl ausgemacht, daß die Scharffrichter ex solo Jure Naturae nicht für infam zu halten, sondern die levis notae macula, die ihnen beygemessen wird, ein merum inventum juris civilis und zwar consuetudinarii sey, und also nicht zu verwundern, wenn selbiges hier und dar variiret, und dannenhero die Profes-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/198>, abgerufen am 24.11.2024.