Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

müsse, wenn die Sache wahr sey und er dabey eine gute intention habe. Nach diesen wurde auch die application des Hasses der Weltauf einen jeden wahren Christen gemacht und dieser Haß nach Anleitung dessen was oben von dem Haß der Schrifftgelehrten und Pharisäer gegen den Herrn Christum gemeldet worden, auch hieher gezogen. Endlich wurde etwas von dem Trost, den wahre Christen bey dergleichen Verleumdungen hätten, gehandlt, nehmlich zuförderst von dem Vertrauen auf Gottes-Schutz, und hernach auch, daß die weltliche Obrigkeit nicht allemahl mit Pilato sich für denen Veleumbdern fürchtete, sondern daß durch Göttliche Gnade noch Gerechtigkeit auf Erden zu hoffen sey.

Praelimi. nar-Anmerckungen wegen dieser lectionen.

§. XLVII. Hiernechst folgete die special application auf mich selbst, wobey etwas ausführlich von meiner bißherigen intention der studirenden Jugend allgemeine Irrthümer zu zeigen, und solchergestalt ihnen nützlich zu dienen, gehandelt wurde. Es sey Stadtkündig, daß ich damit grosse Feindschafft, Haß und Verfolgung mir über den Halß gezogen: und ob ich wohl befugt wäre, diesen Haß und Feindschafft gantzen collegiis zu imputiren, so wären mir doch etliche wenige Personen darunter sehr wohl bekannt, die an allen diesen Unfug hauptsächlich und für andern Ursach wären. Unter diesen letzten nun wäre ein gewisser Verleumbder, der mich der Atheisterey und Gottloser Lehre beschuldiget, und dadurch intendiret mich bey Ihrer Churfürstl. Durchlauchtigkeit damit anzuschwärtzen, und bey der studirenden Jugend, ja bey der gesamten gelehrten Welt zu prostituiren. Derowegen sey mein gegenwärtiger Vorsatz, daß ich denen Herren Studiosis die Unschuld und Reinigkeit meiner Lehre zeigen wolle: und könne mir dieser Vorsatz nicht übel gedeutet werden, zumahl da derselbe sein Absehen nicht dahin richte, andre zu verklagen, sondern bloß mich zu vertheidigen: die Vertheidigung sey natürlichen und allgemeinen Rechtens, so gar, daß nach der allgemeinen Lehre der Juristen man selbige auch nicht einmahl dem Teuffel versagen solle; und dieses sey auch nach Gelegenheit der Umbstände von der defension pro avertenda zu verstehen, ob gleich ohnlängst jemand (NB. dieses war Herr D. I. B. C. den ich aber nicht nennete) auf der Cantzel sich unterstanden hätte, aus der Paßions Historie zu beweisen, daß alle defensiones pro avertenda unrecht wären, und man dieselbe nicht zu lassen solte; da man doch vielmehr meine Meynung aus der Paßions Historie beweisen könne. Jedoch wolle ich diese meine Vertheydigung mit Bescheidenheit vornehmen, und gantz

müsse, wenn die Sache wahr sey und er dabey eine gute intention habe. Nach diesen wurde auch die application des Hasses der Weltauf einen jeden wahren Christen gemacht und dieser Haß nach Anleitung dessen was oben von dem Haß der Schrifftgelehrten und Pharisäer gegen den Herrn Christum gemeldet worden, auch hieher gezogen. Endlich wurde etwas von dem Trost, den wahre Christen bey dergleichen Verleumdungen hätten, gehandlt, nehmlich zuförderst von dem Vertrauen auf Gottes-Schutz, und hernach auch, daß die weltliche Obrigkeit nicht allemahl mit Pilato sich für denen Veleumbdern fürchtete, sondern daß durch Göttliche Gnade noch Gerechtigkeit auf Erden zu hoffen sey.

Praelimi. nar-Anmerckungen wegen dieser lectionen.

§. XLVII. Hiernechst folgete die special application auf mich selbst, wobey etwas ausführlich von meiner bißherigen intention der studirenden Jugend allgemeine Irrthümer zu zeigen, und solchergestalt ihnen nützlich zu dienen, gehandelt wurde. Es sey Stadtkündig, daß ich damit grosse Feindschafft, Haß und Verfolgung mir über den Halß gezogen: und ob ich wohl befugt wäre, diesen Haß und Feindschafft gantzen collegiis zu imputiren, so wären mir doch etliche wenige Personen darunter sehr wohl bekannt, die an allen diesen Unfug hauptsächlich und für andern Ursach wären. Unter diesen letzten nun wäre ein gewisser Verleumbder, der mich der Atheisterey und Gottloser Lehre beschuldiget, und dadurch intendiret mich bey Ihrer Churfürstl. Durchlauchtigkeit damit anzuschwärtzen, und bey der studirenden Jugend, ja bey der gesamten gelehrten Welt zu prostituiren. Derowegen sey mein gegenwärtiger Vorsatz, daß ich denen Herren Studiosis die Unschuld und Reinigkeit meiner Lehre zeigen wolle: und könne mir dieser Vorsatz nicht übel gedeutet werden, zumahl da derselbe sein Absehen nicht dahin richte, andre zu verklagen, sondern bloß mich zu vertheidigen: die Vertheidigung sey natürlichen und allgemeinen Rechtens, so gar, daß nach der allgemeinen Lehre der Juristen man selbige auch nicht einmahl dem Teuffel versagen solle; und dieses sey auch nach Gelegenheit der Umbstände von der defension pro avertenda zu verstehen, ob gleich ohnlängst jemand (NB. dieses war Herr D. I. B. C. den ich aber nicht nennete) auf der Cantzel sich unterstanden hätte, aus der Paßions Historie zu beweisen, daß alle defensiones pro avertenda unrecht wären, und man dieselbe nicht zu lassen solte; da man doch vielmehr meine Meynung aus der Paßions Historie beweisen könne. Jedoch wolle ich diese meine Vertheydigung mit Bescheidenheit vornehmen, und gantz

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0112" n="106"/>
müsse, wenn die Sache wahr sey und er dabey eine gute                      intention habe. Nach diesen wurde auch die application des Hasses der Weltauf                      einen jeden wahren Christen gemacht und dieser Haß nach Anleitung dessen was                      oben von dem Haß der Schrifftgelehrten und Pharisäer gegen den Herrn Christum                      gemeldet worden, auch hieher gezogen. Endlich wurde etwas von dem Trost, den                      wahre Christen bey dergleichen Verleumdungen hätten, gehandlt, nehmlich                      zuförderst von dem Vertrauen auf Gottes-Schutz, und hernach auch, daß die                      weltliche Obrigkeit nicht allemahl mit Pilato sich für denen Veleumbdern                      fürchtete, sondern daß durch Göttliche Gnade noch Gerechtigkeit auf Erden zu                      hoffen sey.</p>
        <note place="left"><hi rendition="#i">Praelimi. nar</hi>-Anmerckungen wegen                      dieser <hi rendition="#i">lectionen</hi>.</note>
        <p>§. XLVII. Hiernechst folgete die special application auf mich selbst, wobey etwas                      ausführlich von meiner bißherigen intention der studirenden Jugend allgemeine                      Irrthümer zu zeigen, und solchergestalt ihnen nützlich zu dienen, gehandelt                      wurde. Es sey Stadtkündig, daß ich damit grosse Feindschafft, Haß und Verfolgung                      mir über den Halß gezogen: und ob ich wohl befugt wäre, diesen Haß und                      Feindschafft gantzen collegiis zu imputiren, so wären mir doch etliche wenige                      Personen darunter sehr wohl bekannt, die an allen diesen Unfug hauptsächlich und                      für andern Ursach wären. Unter diesen letzten nun wäre ein gewisser Verleumbder,                      der mich der Atheisterey und Gottloser Lehre beschuldiget, und dadurch                      intendiret mich bey Ihrer Churfürstl. Durchlauchtigkeit damit anzuschwärtzen,                      und bey der studirenden Jugend, ja bey der gesamten gelehrten Welt zu                      prostituiren. Derowegen sey mein gegenwärtiger Vorsatz, daß ich denen Herren                      Studiosis die Unschuld und Reinigkeit meiner Lehre zeigen wolle: und könne mir                      dieser Vorsatz nicht übel gedeutet werden, zumahl da derselbe sein Absehen nicht                      dahin richte, andre zu verklagen, sondern bloß mich zu vertheidigen: die                      Vertheidigung sey natürlichen und allgemeinen Rechtens, so gar, daß nach der                      allgemeinen Lehre der Juristen man selbige auch nicht einmahl dem Teuffel                      versagen solle; und dieses sey auch nach Gelegenheit der Umbstände von der                      defension pro avertenda zu verstehen, ob gleich ohnlängst jemand (NB. dieses war                      Herr D. I. B. C. den ich aber nicht nennete) auf der Cantzel sich unterstanden                      hätte, aus der Paßions Historie zu beweisen, daß alle defensiones pro avertenda                      unrecht wären, und man dieselbe nicht zu lassen solte; da man doch vielmehr                      meine Meynung aus der Paßions Historie beweisen könne. Jedoch wolle ich diese                      meine Vertheydigung mit Bescheidenheit vornehmen, und gantz
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0112] müsse, wenn die Sache wahr sey und er dabey eine gute intention habe. Nach diesen wurde auch die application des Hasses der Weltauf einen jeden wahren Christen gemacht und dieser Haß nach Anleitung dessen was oben von dem Haß der Schrifftgelehrten und Pharisäer gegen den Herrn Christum gemeldet worden, auch hieher gezogen. Endlich wurde etwas von dem Trost, den wahre Christen bey dergleichen Verleumdungen hätten, gehandlt, nehmlich zuförderst von dem Vertrauen auf Gottes-Schutz, und hernach auch, daß die weltliche Obrigkeit nicht allemahl mit Pilato sich für denen Veleumbdern fürchtete, sondern daß durch Göttliche Gnade noch Gerechtigkeit auf Erden zu hoffen sey. §. XLVII. Hiernechst folgete die special application auf mich selbst, wobey etwas ausführlich von meiner bißherigen intention der studirenden Jugend allgemeine Irrthümer zu zeigen, und solchergestalt ihnen nützlich zu dienen, gehandelt wurde. Es sey Stadtkündig, daß ich damit grosse Feindschafft, Haß und Verfolgung mir über den Halß gezogen: und ob ich wohl befugt wäre, diesen Haß und Feindschafft gantzen collegiis zu imputiren, so wären mir doch etliche wenige Personen darunter sehr wohl bekannt, die an allen diesen Unfug hauptsächlich und für andern Ursach wären. Unter diesen letzten nun wäre ein gewisser Verleumbder, der mich der Atheisterey und Gottloser Lehre beschuldiget, und dadurch intendiret mich bey Ihrer Churfürstl. Durchlauchtigkeit damit anzuschwärtzen, und bey der studirenden Jugend, ja bey der gesamten gelehrten Welt zu prostituiren. Derowegen sey mein gegenwärtiger Vorsatz, daß ich denen Herren Studiosis die Unschuld und Reinigkeit meiner Lehre zeigen wolle: und könne mir dieser Vorsatz nicht übel gedeutet werden, zumahl da derselbe sein Absehen nicht dahin richte, andre zu verklagen, sondern bloß mich zu vertheidigen: die Vertheidigung sey natürlichen und allgemeinen Rechtens, so gar, daß nach der allgemeinen Lehre der Juristen man selbige auch nicht einmahl dem Teuffel versagen solle; und dieses sey auch nach Gelegenheit der Umbstände von der defension pro avertenda zu verstehen, ob gleich ohnlängst jemand (NB. dieses war Herr D. I. B. C. den ich aber nicht nennete) auf der Cantzel sich unterstanden hätte, aus der Paßions Historie zu beweisen, daß alle defensiones pro avertenda unrecht wären, und man dieselbe nicht zu lassen solte; da man doch vielmehr meine Meynung aus der Paßions Historie beweisen könne. Jedoch wolle ich diese meine Vertheydigung mit Bescheidenheit vornehmen, und gantz

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/112
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Dritter Theil. Halle, 1724, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte03_1724/112>, abgerufen am 04.05.2024.