Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

als denen Regeln der Klugheit zuwieder verwerffen wollen, indem dieses auch der Haupteintention meiner daselbst befindlichen Lehre zuwieder wäre.

Wolte man nun gleich aus besagtem Orte die Worte

Postulat ratio prudentiae ut Princeps &c.

urgiren, und daraus schliessen, daß daraus nothwendig a contrario sensu zu inferiren sey, dispensationem in ejusmodi casibus repugnare rationi prudentiae, so ist doch 1. zu wissen und bekannt, daß die argumenta a contrario sensu ohnedem von nicht allzugrosser Wichtigkeit seyn, sonderlich 2. in quaestionibus circa actiones jure universali indifferentes, als welche nach dem Unterscheid der Umstände auf beyderley Weise, sive fiant sive omittantur secundum regulas prudentiae eingerichtet seyn können, ich kan auch 3. allenfalls leiden, daß besagte Worte ex ratione subjuncta dergestalt eingerichtet werden, ut loco verborum

Postutat ratio prudentiae, ut &c.

sequentia ponantur

prudenter facit Princeps, si &c.

wiewohl es 4) diese Aenderuug eben nicht bedarff, wenn man die folgende Worte, iis, qui & has religione vetari credunt, ansiehet; als welche gar füglich von diesem casu verstanden werden können, wenn der eine künfftige Ehegatte sich etwan einen scrupel in conscientia machte, und doch gleichwohl die Ehe gerne vollzöge, daß in dergleichen Fällen ein Princeps nicht leichte auf des einen ansuchenden Parthey Gewissen alleine sehen, und die dispensation verhängen solle; dergleichen casus aber in gegenwärtigem Fall nicht vorhanden gewesen, da weder Herr D. Götze, noch seine Ehe-Liebste sich über ihrer Ehe einen scrupul im Gewissen gemacht haben.

Beantwortung der dritten Haupt-Frage. Ratio decidendi prima.

Auf die dritte Haupt-Frage: Ob dergleichen casus nicht ja so wohl Geist-als Weltlichen, facta dispensatione, anzutreten erlaubt? antworte ich gleichfalls mit ja.

Denn 1. ist abstrahendo a lege positiva dasjenige, was allen Menschen erlaubt ist, auch denen Geistlichen zugelassen / wenn nicht etwann eine special-Ursache vorgebracht werden könte, daß der geistliche Stand ratione eines besondern decori von dergleichen actionibus abstiniren müsse, dergleichen Ursache aber in gegenwärtigen casu nicht fürhanden.

Secunda.

2. Leges positivae obligiren alle Unterthanen, und also auch die Herren Geistlichen zwar in conscientia, alleine da es nur leges mere

als denen Regeln der Klugheit zuwieder verwerffen wollen, indem dieses auch der Haupteintention meiner daselbst befindlichen Lehre zuwieder wäre.

Wolte man nun gleich aus besagtem Orte die Worte

Postulat ratio prudentiae ut Princeps &c.

urgiren, und daraus schliessen, daß daraus nothwendig a contrario sensu zu inferiren sey, dispensationem in ejusmodi casibus repugnare rationi prudentiae, so ist doch 1. zu wissen und bekannt, daß die argumenta a contrario sensu ohnedem von nicht allzugrosser Wichtigkeit seyn, sonderlich 2. in quaestionibus circa actiones jure universali indifferentes, als welche nach dem Unterscheid der Umstände auf beyderley Weise, sive fiant sive omittantur secundum regulas prudentiae eingerichtet seyn können, ich kan auch 3. allenfalls leiden, daß besagte Worte ex ratione subjuncta dergestalt eingerichtet werden, ut loco verborum

Postutat ratio prudentiae, ut &c.

sequentia ponantur

prudenter facit Princeps, si &c.

wiewohl es 4) diese Aenderuug eben nicht bedarff, wenn man die folgende Worte, iis, qui & has religione vetari credunt, ansiehet; als welche gar füglich von diesem casu verstanden werden können, wenn der eine künfftige Ehegatte sich etwan einen scrupel in conscientia machte, und doch gleichwohl die Ehe gerne vollzöge, daß in dergleichen Fällen ein Princeps nicht leichte auf des einen ansuchenden Parthey Gewissen alleine sehen, und die dispensation verhängen solle; dergleichen casus aber in gegenwärtigem Fall nicht vorhanden gewesen, da weder Herr D. Götze, noch seine Ehe-Liebste sich über ihrer Ehe einen scrupul im Gewissen gemacht haben.

Beantwortung der dritten Haupt-Frage. Ratio decidendi prima.

Auf die dritte Haupt-Frage: Ob dergleichen casus nicht ja so wohl Geist-als Weltlichen, facta dispensatione, anzutreten erlaubt? antworte ich gleichfalls mit ja.

Denn 1. ist abstrahendo a lege positiva dasjenige, was allen Menschen erlaubt ist, auch denen Geistlichen zugelassen / wenn nicht etwann eine special-Ursache vorgebracht werden könte, daß der geistliche Stand ratione eines besondern decori von dergleichen actionibus abstiniren müsse, dergleichen Ursache aber in gegenwärtigen casu nicht fürhanden.

Secunda.

2. Leges positivae obligiren alle Unterthanen, und also auch die Herren Geistlichen zwar in conscientia, alleine da es nur leges mere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0298" n="290"/>
als denen Regeln der Klugheit                      zuwieder verwerffen wollen, indem dieses auch der Haupteintention meiner                      daselbst befindlichen Lehre zuwieder wäre.</p>
        <p>Wolte man nun gleich aus besagtem Orte die Worte</p>
        <l><hi rendition="#i">Postulat</hi> ratio prudentiae <hi rendition="#i">ut</hi> Princeps &amp;c.</l>
        <p>urgiren, und daraus schliessen, daß daraus nothwendig a contrario sensu zu                      inferiren sey, dispensationem in ejusmodi casibus repugnare rationi prudentiae,                      so ist doch 1. zu wissen und bekannt, daß die argumenta a contrario sensu                      ohnedem von nicht allzugrosser Wichtigkeit seyn, sonderlich 2. in quaestionibus                      circa actiones jure universali indifferentes, als welche nach dem Unterscheid                      der Umstände auf beyderley Weise, sive fiant sive omittantur secundum regulas                      prudentiae eingerichtet seyn können, ich kan auch 3. allenfalls leiden, daß                      besagte Worte ex ratione subjuncta dergestalt eingerichtet werden, ut loco                      verborum</p>
        <l><hi rendition="#i">Postutat</hi> ratio prudentiae, <hi rendition="#i">ut</hi> &amp;c.</l>
        <p>sequentia ponantur</p>
        <l>prudenter facit Princeps, <hi rendition="#i">si</hi> &amp;c.</l>
        <p>wiewohl es 4) diese Aenderuug eben nicht bedarff, wenn man die folgende Worte, <hi rendition="#i">iis, qui &amp; has religione vetari credunt</hi>,                      ansiehet; als welche gar füglich von diesem casu verstanden werden können, wenn                      der eine künfftige Ehegatte sich etwan einen scrupel in conscientia machte, und                      doch gleichwohl die Ehe gerne vollzöge, daß in dergleichen Fällen ein Princeps                      nicht leichte auf des einen ansuchenden Parthey Gewissen alleine sehen, und die                      dispensation verhängen solle; dergleichen casus aber in gegenwärtigem Fall nicht                      vorhanden gewesen, da weder Herr D. Götze, noch seine Ehe-Liebste sich über                      ihrer Ehe einen scrupul im Gewissen gemacht haben.</p>
        <note place="left">Beantwortung der dritten Haupt-Frage. <hi rendition="#i">Ratio decidendi prima.</hi></note>
        <p>Auf die dritte Haupt-Frage: Ob dergleichen casus nicht ja so wohl Geist-als                      Weltlichen, facta dispensatione, anzutreten erlaubt? antworte ich gleichfalls                      mit ja.</p>
        <p>Denn 1. ist abstrahendo a lege positiva dasjenige, was allen Menschen erlaubt                      ist, auch denen Geistlichen zugelassen / wenn nicht etwann eine special-Ursache                      vorgebracht werden könte, daß der geistliche Stand ratione eines besondern                      decori von dergleichen actionibus abstiniren müsse, dergleichen Ursache aber in                      gegenwärtigen casu nicht fürhanden.</p>
        <note place="left"> <hi rendition="#i">Secunda.</hi> </note>
        <p>2. Leges positivae obligiren alle Unterthanen, und also auch die Herren                      Geistlichen zwar in conscientia, alleine da es nur leges mere
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[290/0298] als denen Regeln der Klugheit zuwieder verwerffen wollen, indem dieses auch der Haupteintention meiner daselbst befindlichen Lehre zuwieder wäre. Wolte man nun gleich aus besagtem Orte die Worte Postulat ratio prudentiae ut Princeps &c. urgiren, und daraus schliessen, daß daraus nothwendig a contrario sensu zu inferiren sey, dispensationem in ejusmodi casibus repugnare rationi prudentiae, so ist doch 1. zu wissen und bekannt, daß die argumenta a contrario sensu ohnedem von nicht allzugrosser Wichtigkeit seyn, sonderlich 2. in quaestionibus circa actiones jure universali indifferentes, als welche nach dem Unterscheid der Umstände auf beyderley Weise, sive fiant sive omittantur secundum regulas prudentiae eingerichtet seyn können, ich kan auch 3. allenfalls leiden, daß besagte Worte ex ratione subjuncta dergestalt eingerichtet werden, ut loco verborum Postutat ratio prudentiae, ut &c. sequentia ponantur prudenter facit Princeps, si &c. wiewohl es 4) diese Aenderuug eben nicht bedarff, wenn man die folgende Worte, iis, qui & has religione vetari credunt, ansiehet; als welche gar füglich von diesem casu verstanden werden können, wenn der eine künfftige Ehegatte sich etwan einen scrupel in conscientia machte, und doch gleichwohl die Ehe gerne vollzöge, daß in dergleichen Fällen ein Princeps nicht leichte auf des einen ansuchenden Parthey Gewissen alleine sehen, und die dispensation verhängen solle; dergleichen casus aber in gegenwärtigem Fall nicht vorhanden gewesen, da weder Herr D. Götze, noch seine Ehe-Liebste sich über ihrer Ehe einen scrupul im Gewissen gemacht haben. Auf die dritte Haupt-Frage: Ob dergleichen casus nicht ja so wohl Geist-als Weltlichen, facta dispensatione, anzutreten erlaubt? antworte ich gleichfalls mit ja. Denn 1. ist abstrahendo a lege positiva dasjenige, was allen Menschen erlaubt ist, auch denen Geistlichen zugelassen / wenn nicht etwann eine special-Ursache vorgebracht werden könte, daß der geistliche Stand ratione eines besondern decori von dergleichen actionibus abstiniren müsse, dergleichen Ursache aber in gegenwärtigen casu nicht fürhanden. 2. Leges positivae obligiren alle Unterthanen, und also auch die Herren Geistlichen zwar in conscientia, alleine da es nur leges mere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/298
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/298>, abgerufen am 22.11.2024.