Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

und Schwestern von denen meisten Völckern für verboten geachtet worden, die übrigen Arten der Blutschande aber, wohin auch des verstorbenen Weibes Schwester gehöret, nur durch das Mosaische Gesetz, so allein die Israeliten angehet, oder doch nur durch andere bürgerlichen Gesetze verboten worden, und es also nicht nöthig sey, ferner bekümmert zu seyn, wie die unter den unserigen Theologis und ICtis bisher entstandene Streit-Fragen. de sensu legis Mosaicae, worunter diejenige von des vorstorbenen Weibes Schwester eine von denen vornehmsten mit ist, entschieden werden solten.

Hieraus erhellet nun verhoffentlich zur Gnüge, daß ich in der FrageKurtze Beantwortung der vier Neben-Fragen. von des verstorbenen Weibes Schwester anjetzo in comparaison mit der vorhergehenden Meynung dafür halte, daß quoad 1. quaestionem specialem diese Ehe weder contra regulas honesti & decori naturalis, noch contra regulas justi sey, quoad quaest. 2. dieselbe auch nicht contra legem aliquam positivam universalem streite; und ob ich wohl nochmahlen quoad 3. der Meynung bin, daß diese Ehe ex regulis bonae interpretationis & ob identitatem rationis Lege Mosaica verboten,

per rationes d. cap. 3. Instit. jurispt. div. n. 99. seq.

so halte ich doch auch nochmahlen quoad 4. dafür, daß der locus Levitici 18. vers 18. de polygamia, nicht aber de incestu rede. Und habe also nur quoad quaest. 2. meine vorige Meynung geändert, durch diese Aenderung aber ist diese conclusion erwachsen, daß wenn schon die Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester von GOtt in der Jüdischen Republick per modum legis forensis verboten worden, dieses Vorbot doch so wenig als andere leges sorenses die Christen binde.

Nachdem ich auch des Herrn Lic. Kettners weitläufftige SchrifftKurtze Vorstellung, was auf Herrn Lic. Kettners rationes dissentiendi zu antworten. mit guten Bedacht gelesen, habe ich nichts gefunden, daß mich bewegen könte, diese meine neuere Meynung, die ich ohne dem nicht aus Muthwillen oder Liebe zur Neuerung, sondern mit gutem Bedacht und Gründen angenommen, wieder zu verlassen. Denn es bemühet sich zwar derselbe, theils zu beweisen, daß diese Ehe contra verba expressa Levit 18. v. 18. streite, theils aber auch rationi legis Mosaicae zuwieder sey. Alleine gleichwie ich, so viel den letzten Punct betrifft, annoch mit ihm einig bin, so viel aber den ersten anlangt, ich der gegentheiligen Meynung ex dictis rationibus zugethan verbleibe, (zumahlen Herr Lic. Kettner selbst ausführlich dargethan, daß dieser Spruch schwer zu verstehen sey, daß viele vornehme Theologi, auch der unsrigen, ihn de polygamia verstanden, und wie auf die Einwürffe zu antworten sey, gewiesen, theils daß aus dem

und Schwestern von denen meisten Völckern für verboten geachtet worden, die übrigen Arten der Blutschande aber, wohin auch des verstorbenen Weibes Schwester gehöret, nur durch das Mosaische Gesetz, so allein die Israeliten angehet, oder doch nur durch andere bürgerlichẽ Gesetze verboten worden, und es also nicht nöthig sey, ferner bekümmert zu seyn, wie die unter den unserigen Theologis und ICtis bisher entstandene Streit-Fragen. de sensu legis Mosaicae, worunter diejenige von des vorstorbenen Weibes Schwester eine von denen vornehmsten mit ist, entschieden werden solten.

Hieraus erhellet nun verhoffentlich zur Gnüge, daß ich in der FrageKurtze Beantwortung der vier Neben-Fragen. von des verstorbenen Weibes Schwester anjetzo in comparaison mit der vorhergehenden Meynung dafür halte, daß quoad 1. quaestionem specialem diese Ehe weder contra regulas honesti & decori naturalis, noch contra regulas justi sey, quoad quaest. 2. dieselbe auch nicht contra legem aliquam positivam universalem streite; und ob ich wohl nochmahlen quoad 3. der Meynung bin, daß diese Ehe ex regulis bonae interpretationis & ob identitatem rationis Lege Mosaica verboten,

per rationes d. cap. 3. Instit. jurispt. div. n. 99. seq.

so halte ich doch auch nochmahlen quoad 4. dafür, daß der locus Levitici 18. vers 18. de polygamia, nicht aber de incestu rede. Und habe also nur quoad quaest. 2. meine vorige Meynung geändert, durch diese Aenderung aber ist diese conclusion erwachsen, daß wenn schon die Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester von GOtt in der Jüdischen Republick per modum legis forensis verboten worden, dieses Vorbot doch so wenig als andere leges sorenses die Christen binde.

Nachdem ich auch des Herrn Lic. Kettners weitläufftige SchrifftKurtze Vorstellung, was auf Herrn Lic. Kettners rationes dissentiendi zu antworten. mit guten Bedacht gelesen, habe ich nichts gefunden, daß mich bewegen könte, diese meine neuere Meynung, die ich ohne dem nicht aus Muthwillen oder Liebe zur Neuerung, sondern mit gutem Bedacht und Gründen angenommen, wieder zu verlassen. Denn es bemühet sich zwar derselbe, theils zu beweisen, daß diese Ehe contra verba expressa Levit 18. v. 18. streite, theils aber auch rationi legis Mosaicae zuwieder sey. Alleine gleichwie ich, so viel den letzten Punct betrifft, annoch mit ihm einig bin, so viel aber den ersten anlangt, ich der gegentheiligen Meynung ex dictis rationibus zugethan verbleibe, (zumahlen Herr Lic. Kettner selbst ausführlich dargethan, daß dieser Spruch schwer zu verstehen sey, daß viele vornehme Theologi, auch der unsrigen, ihn de polygamia verstanden, und wie auf die Einwürffe zu antworten sey, gewiesen, theils daß aus dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0295" n="287"/>
und Schwestern von denen meisten                      Völckern für verboten geachtet worden, die übrigen Arten der Blutschande aber,                      wohin auch des verstorbenen Weibes Schwester gehöret, nur durch das Mosaische                      Gesetz, so allein die Israeliten angehet, oder doch nur durch andere                          bürgerliche&#x0303; Gesetze verboten worden, und es also nicht nöthig                      sey, ferner bekümmert zu seyn, wie die unter den unserigen Theologis und ICtis                      bisher entstandene Streit-Fragen. de sensu legis Mosaicae, worunter diejenige                      von des vorstorbenen Weibes Schwester eine von denen vornehmsten mit ist,                      entschieden werden solten.</p>
        <p>Hieraus erhellet nun verhoffentlich zur Gnüge, daß ich in der Frage<note place="right">Kurtze Beantwortung der vier Neben-Fragen.</note> von                      des verstorbenen Weibes Schwester anjetzo in comparaison mit der vorhergehenden                      Meynung dafür halte, daß quoad 1. quaestionem specialem diese Ehe weder contra                      regulas honesti &amp; decori naturalis, noch contra regulas justi sey, quoad                      quaest. 2. dieselbe auch nicht contra legem aliquam positivam universalem                      streite; und ob ich wohl nochmahlen quoad 3. der Meynung bin, daß diese Ehe ex                      regulis bonae interpretationis &amp; ob identitatem rationis Lege Mosaica                      verboten,</p>
        <l>per rationes d. cap. 3. Instit. jurispt. div. n. 99. seq.</l>
        <p>so halte ich doch auch nochmahlen quoad 4. dafür, daß der locus Levitici 18. vers                      18. de polygamia, nicht aber de incestu rede. Und habe also nur quoad quaest. 2.                      meine vorige Meynung geändert, durch diese Aenderung aber ist diese conclusion                      erwachsen, daß wenn schon die Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester von GOtt                      in der Jüdischen Republick per modum legis forensis verboten worden, dieses                      Vorbot doch so wenig als andere leges sorenses die Christen binde.</p>
        <p>Nachdem ich auch des Herrn Lic. Kettners weitläufftige Schrifft<note place="right">Kurtze Vorstellung, was auf Herrn <hi rendition="#i">Lic.</hi> Kettners <hi rendition="#i">rationes dissentiendi</hi> zu                          antworten.</note> mit guten Bedacht gelesen, habe ich nichts gefunden, daß                      mich bewegen könte, diese meine neuere Meynung, die ich ohne dem nicht aus                      Muthwillen oder Liebe zur Neuerung, sondern mit gutem Bedacht und Gründen                      angenommen, wieder zu verlassen. Denn es bemühet sich zwar derselbe, theils zu                      beweisen, daß diese Ehe contra verba expressa Levit 18. v. 18. streite, theils                      aber auch rationi legis Mosaicae zuwieder sey. Alleine gleichwie ich, so viel                      den letzten Punct betrifft, annoch mit ihm einig bin, so viel aber den ersten                      anlangt, ich der gegentheiligen Meynung ex dictis rationibus zugethan verbleibe,                      (zumahlen Herr Lic. Kettner selbst ausführlich dargethan, daß dieser Spruch                      schwer zu verstehen sey, daß viele vornehme Theologi, auch der unsrigen, ihn de                      polygamia verstanden, und wie auf die Einwürffe zu antworten sey, gewiesen,                      theils daß aus dem
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0295] und Schwestern von denen meisten Völckern für verboten geachtet worden, die übrigen Arten der Blutschande aber, wohin auch des verstorbenen Weibes Schwester gehöret, nur durch das Mosaische Gesetz, so allein die Israeliten angehet, oder doch nur durch andere bürgerlichẽ Gesetze verboten worden, und es also nicht nöthig sey, ferner bekümmert zu seyn, wie die unter den unserigen Theologis und ICtis bisher entstandene Streit-Fragen. de sensu legis Mosaicae, worunter diejenige von des vorstorbenen Weibes Schwester eine von denen vornehmsten mit ist, entschieden werden solten. Hieraus erhellet nun verhoffentlich zur Gnüge, daß ich in der Frage von des verstorbenen Weibes Schwester anjetzo in comparaison mit der vorhergehenden Meynung dafür halte, daß quoad 1. quaestionem specialem diese Ehe weder contra regulas honesti & decori naturalis, noch contra regulas justi sey, quoad quaest. 2. dieselbe auch nicht contra legem aliquam positivam universalem streite; und ob ich wohl nochmahlen quoad 3. der Meynung bin, daß diese Ehe ex regulis bonae interpretationis & ob identitatem rationis Lege Mosaica verboten, Kurtze Beantwortung der vier Neben-Fragen. per rationes d. cap. 3. Instit. jurispt. div. n. 99. seq. so halte ich doch auch nochmahlen quoad 4. dafür, daß der locus Levitici 18. vers 18. de polygamia, nicht aber de incestu rede. Und habe also nur quoad quaest. 2. meine vorige Meynung geändert, durch diese Aenderung aber ist diese conclusion erwachsen, daß wenn schon die Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester von GOtt in der Jüdischen Republick per modum legis forensis verboten worden, dieses Vorbot doch so wenig als andere leges sorenses die Christen binde. Nachdem ich auch des Herrn Lic. Kettners weitläufftige Schrifft mit guten Bedacht gelesen, habe ich nichts gefunden, daß mich bewegen könte, diese meine neuere Meynung, die ich ohne dem nicht aus Muthwillen oder Liebe zur Neuerung, sondern mit gutem Bedacht und Gründen angenommen, wieder zu verlassen. Denn es bemühet sich zwar derselbe, theils zu beweisen, daß diese Ehe contra verba expressa Levit 18. v. 18. streite, theils aber auch rationi legis Mosaicae zuwieder sey. Alleine gleichwie ich, so viel den letzten Punct betrifft, annoch mit ihm einig bin, so viel aber den ersten anlangt, ich der gegentheiligen Meynung ex dictis rationibus zugethan verbleibe, (zumahlen Herr Lic. Kettner selbst ausführlich dargethan, daß dieser Spruch schwer zu verstehen sey, daß viele vornehme Theologi, auch der unsrigen, ihn de polygamia verstanden, und wie auf die Einwürffe zu antworten sey, gewiesen, theils daß aus dem Kurtze Vorstellung, was auf Herrn Lic. Kettners rationes dissentiendi zu antworten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/295
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/295>, abgerufen am 23.11.2024.