Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite

possessorien Klagen in summariissimo, ungeacht kein Casus inhibitivus, noch ein solch factum vorhanden, daß sich nullo modo justificiren liesse, Inhibition-Processe macht, well sie denen Gerichten mehr sportuln und auch denen Ordinar-Advocaten, indem sie sich, solche zu extrahiren, einer sonderbahren Geschicklichkeit zu rühmen wissen, höhere Gebühren tragen; man wolte dann sagen, was Carpz. in Tract. de Inhib. anführet, daß wegen der auch hierinnen contra leges publicas communes & Provinciales neu erfundenen, und nicht wenig offt variirenden Observantien die erkanten poenal-Inhibitiones, unter die Casus pro amicis zu rechnen wären; welches aber auch nicht billig ist.

V. Mißbrauch der unter der Larve / ampliandae jurisdictionis, vorgehet.

§. XIII. Was denn ferner 5) von den Mangel des Justiz Wesens, so aus der ampliatione jurisdictionis entstehet, zu sagen ist, käme in seiner application darauf an, wann sich die höhern Judicia in diesem Lande nicht nur gewisse singularia zuschreiben, sondern auch, was denen Niedrigen zustehet, gleich in prima instantia mit denselben concurriren, und gemein haben wollen: und dieser Gebrechen findet sich abermahls, wann man die Warheit bekennen soll, am allermeisten bey den Hoff-Gerichten. Dann ungeacht denenselben durch die alte und neue Hoffgerichts-Ordnungen auch andere Verfassungen, u. beschworne special Instructiones die limites Jurisdictionis weiter nicht, als so fern sie der Beklagten Schrifftsäßigkeit zum Fundament haben, gesetzet; und hingegen ausdrücklich & reiterato ohne alle limitation verbothen ist, daß keine Ambtsassen in erster Instanz dahin gezogen werden sollen; so haben sie doch von 10. und 20. Jahren her so viel Exceptiones zu machen und solche wiewohl aus schwachen Gründen, als etwa einer Schrifftsäßigen Mitbelehnschafft, ob gleich die Causa solche nicht concerniret, auch die special-Instructiones ihnen hierinnen entgegen stehen, oder einer schlechten ab officio genommen personal-dignität des Beklagten, ob schon das officium cessiret, und man nicht weiß, ob er dessen ex culpa vel sine illa erlassen worden, oder auch einer, wiewohl meistens von denen Advocaten zu etwas mehrern Schein des Rechtens captirten Connexitate Causarum vel personarum erfunden, oder aus andern etwas noch verborgenen, doch auch nicht stärckern rationen zu nehmen gewust, daß von der Regel fast nichts mehr übrig blieben; je mehr sich aber diese Exceptiones ausgebreitet, also daß sie legem ipsam weit übertroffen, je häuffiger sind auch die schädliche Effectus darauf erfolget, die doch die Landes-Herren in ipsa fundatione der Hoff Gerichte mit grossem Fleiß und Sorgfalt vermieden wissen wollen. Sintemahl aus eben dieser dagegen eigenmächtig erfun

possessorien Klagen in summariissimo, ungeacht kein Casus inhibitivus, noch ein solch factum vorhanden, daß sich nullo modo justificiren liesse, Inhibition-Processe macht, well sie denen Gerichten mehr sportuln und auch denen Ordinar-Advocaten, indem sie sich, solche zu extrahiren, einer sonderbahren Geschicklichkeit zu rühmen wissen, höhere Gebühren tragen; man wolte dann sagen, was Carpz. in Tract. de Inhib. anführet, daß wegen der auch hierinnen contra leges publicas communes & Provinciales neu erfundenen, und nicht wenig offt variirenden Observantien die erkanten poenal-Inhibitiones, unter die Casus pro amicis zu rechnen wären; welches aber auch nicht billig ist.

V. Mißbrauch der unter der Larve / ampliandae jurisdictionis, vorgehet.

§. XIII. Was denn ferner 5) von den Mangel des Justiz Wesens, so aus der ampliatione jurisdictionis entstehet, zu sagen ist, käme in seiner application darauf an, wann sich die höhern Judicia in diesem Lande nicht nur gewisse singularia zuschreiben, sondern auch, was denen Niedrigen zustehet, gleich in prima instantia mit denselben concurriren, und gemein haben wollen: und dieser Gebrechen findet sich abermahls, wann man die Warheit bekennen soll, am allermeistẽ bey den Hoff-Gerichten. Dann ungeacht denenselben durch die alte und neue Hoffgerichts-Ordnungen auch andere Verfassungen, u. beschworne special Instructiones die limites Jurisdictionis weiter nicht, als so fern sie der Beklagten Schrifftsäßigkeit zum Fundament haben, gesetzet; und hingegen ausdrücklich & reiterato ohne alle limitation verbothen ist, daß keine Ambtsassen in erster Instanz dahin gezogen werden sollen; so haben sie doch von 10. und 20. Jahren her so viel Exceptiones zu machen und solche wiewohl aus schwachen Gründen, als etwa einer Schrifftsäßigen Mitbelehnschafft, ob gleich die Causa solche nicht concerniret, auch die special-Instructiones ihnen hierinnen entgegen stehen, oder einer schlechten ab officio genommen personal-dignität des Beklagten, ob schon das officium cessiret, und man nicht weiß, ob er dessen ex culpa vel sine illa erlassen worden, oder auch einer, wiewohl meistens von denen Advocaten zu etwas mehrern Schein des Rechtens captirten Connexitate Causarum vel personarum erfunden, oder aus andern etwas noch verborgenen, doch auch nicht stärckern rationen zu nehmen gewust, daß von der Regel fast nichts mehr übrig blieben; je mehr sich aber diese Exceptiones ausgebreitet, also daß sie legem ipsam weit übertroffen, je häuffiger sind auch die schädliche Effectus darauf erfolget, die doch die Landes-Herren in ipsa fundatione der Hoff Gerichte mit grossem Fleiß und Sorgfalt vermieden wissen wollen. Sintemahl aus eben dieser dagegen eigenmächtig erfun

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0026" n="18"/>
possessorien Klagen                      in summariissimo, ungeacht kein Casus inhibitivus, noch ein solch factum                      vorhanden, daß sich nullo modo justificiren liesse, Inhibition-Processe macht,                      well sie denen Gerichten mehr sportuln und auch denen Ordinar-Advocaten, indem                      sie sich, solche zu extrahiren, einer sonderbahren Geschicklichkeit zu rühmen                      wissen, höhere Gebühren tragen; man wolte dann sagen, was Carpz. in Tract. de                      Inhib. anführet, daß wegen der auch hierinnen contra leges publicas communes                      &amp; Provinciales neu erfundenen, und nicht wenig offt variirenden                      Observantien die erkanten poenal-Inhibitiones, unter die Casus pro amicis zu                      rechnen wären; welches aber auch nicht billig ist.</p>
        <note place="left">V. Mißbrauch der unter der Larve / <hi rendition="#i">ampliandae jurisdictionis</hi>, vorgehet.</note>
        <p>§. XIII. Was denn ferner 5) von den Mangel des Justiz Wesens, so aus der                      ampliatione jurisdictionis entstehet, zu sagen ist, käme in seiner application                      darauf an, wann sich die höhern Judicia in diesem Lande nicht nur gewisse                      singularia zuschreiben, sondern auch, was denen Niedrigen zustehet, gleich in                      prima instantia mit denselben concurriren, und gemein haben wollen: und dieser                      Gebrechen findet sich abermahls, wann man die Warheit bekennen soll, am                          allermeiste&#x0303; bey den Hoff-Gerichten. Dann ungeacht denenselben                      durch die alte und neue Hoffgerichts-Ordnungen auch andere Verfassungen, u.                      beschworne special Instructiones die limites Jurisdictionis weiter nicht, als so                      fern sie der Beklagten Schrifftsäßigkeit zum Fundament haben, gesetzet; und                      hingegen ausdrücklich &amp; reiterato ohne alle limitation verbothen ist,                      daß keine Ambtsassen in erster Instanz dahin gezogen werden sollen; so haben sie                      doch von 10. und 20. Jahren her so viel Exceptiones zu machen und solche wiewohl                      aus schwachen Gründen, als etwa einer Schrifftsäßigen Mitbelehnschafft, ob                      gleich die Causa solche nicht concerniret, auch die special-Instructiones ihnen                      hierinnen entgegen stehen, oder einer schlechten ab officio genommen                      personal-dignität des Beklagten, ob schon das officium cessiret, und man nicht                      weiß, ob er dessen ex culpa vel sine illa erlassen worden, oder auch einer,                      wiewohl meistens von denen Advocaten zu etwas mehrern Schein des Rechtens                      captirten Connexitate Causarum vel personarum erfunden, oder aus andern etwas                      noch verborgenen, doch auch nicht stärckern rationen zu nehmen gewust, daß von                      der Regel fast nichts mehr übrig blieben; je mehr sich aber diese Exceptiones                      ausgebreitet, also daß sie legem ipsam weit übertroffen, je häuffiger sind auch                      die schädliche Effectus darauf erfolget, die doch die Landes-Herren in ipsa                      fundatione der Hoff Gerichte mit grossem Fleiß und Sorgfalt vermieden wissen                      wollen. Sintemahl aus eben dieser dagegen eigenmächtig erfun
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0026] possessorien Klagen in summariissimo, ungeacht kein Casus inhibitivus, noch ein solch factum vorhanden, daß sich nullo modo justificiren liesse, Inhibition-Processe macht, well sie denen Gerichten mehr sportuln und auch denen Ordinar-Advocaten, indem sie sich, solche zu extrahiren, einer sonderbahren Geschicklichkeit zu rühmen wissen, höhere Gebühren tragen; man wolte dann sagen, was Carpz. in Tract. de Inhib. anführet, daß wegen der auch hierinnen contra leges publicas communes & Provinciales neu erfundenen, und nicht wenig offt variirenden Observantien die erkanten poenal-Inhibitiones, unter die Casus pro amicis zu rechnen wären; welches aber auch nicht billig ist. §. XIII. Was denn ferner 5) von den Mangel des Justiz Wesens, so aus der ampliatione jurisdictionis entstehet, zu sagen ist, käme in seiner application darauf an, wann sich die höhern Judicia in diesem Lande nicht nur gewisse singularia zuschreiben, sondern auch, was denen Niedrigen zustehet, gleich in prima instantia mit denselben concurriren, und gemein haben wollen: und dieser Gebrechen findet sich abermahls, wann man die Warheit bekennen soll, am allermeistẽ bey den Hoff-Gerichten. Dann ungeacht denenselben durch die alte und neue Hoffgerichts-Ordnungen auch andere Verfassungen, u. beschworne special Instructiones die limites Jurisdictionis weiter nicht, als so fern sie der Beklagten Schrifftsäßigkeit zum Fundament haben, gesetzet; und hingegen ausdrücklich & reiterato ohne alle limitation verbothen ist, daß keine Ambtsassen in erster Instanz dahin gezogen werden sollen; so haben sie doch von 10. und 20. Jahren her so viel Exceptiones zu machen und solche wiewohl aus schwachen Gründen, als etwa einer Schrifftsäßigen Mitbelehnschafft, ob gleich die Causa solche nicht concerniret, auch die special-Instructiones ihnen hierinnen entgegen stehen, oder einer schlechten ab officio genommen personal-dignität des Beklagten, ob schon das officium cessiret, und man nicht weiß, ob er dessen ex culpa vel sine illa erlassen worden, oder auch einer, wiewohl meistens von denen Advocaten zu etwas mehrern Schein des Rechtens captirten Connexitate Causarum vel personarum erfunden, oder aus andern etwas noch verborgenen, doch auch nicht stärckern rationen zu nehmen gewust, daß von der Regel fast nichts mehr übrig blieben; je mehr sich aber diese Exceptiones ausgebreitet, also daß sie legem ipsam weit übertroffen, je häuffiger sind auch die schädliche Effectus darauf erfolget, die doch die Landes-Herren in ipsa fundatione der Hoff Gerichte mit grossem Fleiß und Sorgfalt vermieden wissen wollen. Sintemahl aus eben dieser dagegen eigenmächtig erfun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/26
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/26>, abgerufen am 20.04.2024.