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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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§. VI. Churfürst Johann Sigmunds Regierung daurete eben nichtSummarischer Inhalt von Churfürst Johann Sigismunds Regierung. garlange. Nachdem er mit Pfaltz Neuburg wegen der Jülichischen succession in schwehren Krieg verfiel, dessen völlige Endigung erst unter seinem Sohn anno 1629 erfolgte. Anno 1611 erhielt er das Hertzogthum Preussen, jedoch mit ziemlichen harten Bedingungen, sonderlich, daß er jährlich 30000 fl. als einen Erb-Zinß solte entrichten. 1612. wohnete er dem Käyserlichen Wahl-Tag Matthiae bey, im folgenden Jahr besuchte er durch Gesandte den Reichs-Tag zu Augspurg. Anno 1614. erklährete er sich zu der Reformirten Religion, und ließ hiezu zu Cölln den Anfang im Dom machen, auch deßwegen öffentlich eine Schrifft und Glaubens-Bekänntniß ausgehen, darauf begab er sich gen Naumburg, woselbst er der Zusammenkunft der Erb-vereinigten Häuser, Sachsen, Brandenburg und Hessen beywohnete. Anno 1617 zog er abermahl in Preussen, nach der Rückkehr aber, weil er immer mit Gicht-Beschwehrungen beladen, und vom Schlag öffters befallen ward, übergab er seinem Chur-Printzen, Marggraff George Wilhelmen die Chur, und starb bald darauf 1619. den 13ten December. Zu meinem Zweck gehöret fürnemlichEr bekennet sich Anno 1614. zur Reformirten Religion. die Anno 1614 geschehene Bekänntniß der Reformirten Religion: zu derselben ist er nach denen bisher erzehlten Umständen sehr wahrscheinlich schon in Magdeburg und Halle, und hernach in der Marck noch bey seines Herrn Vaters Lebzeiten disponiret worden; nur hat er nicht ehe damit auszubrechen sich getrauet, weil er befürchtet, daß die noch starck dominirende formularische Parthey Tumult und Aufstand erwecken würde; wiewohl doch auch dergleichen Aufstand nicht gäntzlich nachgeblieben, alsbald (§. VIII.) soll gemeldet werden. Hutterus nach seiner Art beschreibetHutteri Urtheil davon. die Sache also: Der gute Churfürst hat als ein Herr von gutem treuhertzigen Gemüthe, der niemand nichts böses zugetrauet, und noch keine arglistige Betriegereyen erfahren, auch vielleicht ein Absehen auf das allgemeine Beste gehabt, sich schändlich betriegen und dahin antreiben lassen, daß er die heiligen Fußstapffen seiner Vorfahren und Herrn Vaters verlassen, auch sein ehemahliges zu Halle gethanes Versprechen und Ohligations-Formul (Anno 1593. vide supra §. 3. post. med. bey Seite gesetzet, und vor weniger Zeit sich öffentlich erkläret, daß er dem Calvinismo günstiger sey. Jedoch ist die vornehmste Schuld nicht Seiner Churfürstl. Durch lauchtigkeit zuzumessen, als welche nach ihrer sonderbahren ehrlichen Aufrichtigkeit auch vermeinet, man werde wiederum mit ihr so aufrichtig um

§. VI. Churfürst Johann Sigmunds Regierung daurete eben nichtSummarischer Inhalt von Churfürst Johann Sigismunds Regierung. garlange. Nachdem er mit Pfaltz Neuburg wegen der Jülichischen succession in schwehren Krieg verfiel, dessen völlige Endigung erst unter seinem Sohn anno 1629 erfolgte. Anno 1611 erhielt er das Hertzogthum Preussen, jedoch mit ziemlichen harten Bedingungen, sonderlich, daß er jährlich 30000 fl. als einen Erb-Zinß solte entrichten. 1612. wohnete er dem Käyserlichen Wahl-Tag Matthiae bey, im folgenden Jahr besuchte er durch Gesandte den Reichs-Tag zu Augspurg. Anno 1614. erklährete er sich zu der Reformirten Religion, und ließ hiezu zu Cölln den Anfang im Dom machen, auch deßwegen öffentlich eine Schrifft und Glaubens-Bekänntniß ausgehen, darauf begab er sich gen Naumburg, woselbst er der Zusammenkunft der Erb-vereinigten Häuser, Sachsen, Brandenburg und Hessen beywohnete. Anno 1617 zog er abermahl in Preussen, nach der Rückkehr aber, weil er immer mit Gicht-Beschwehrungen beladen, und vom Schlag öffters befallen ward, übergab er seinem Chur-Printzen, Marggraff George Wilhelmen die Chur, und starb bald darauf 1619. den 13ten December. Zu meinem Zweck gehöret fürnemlichEr bekennet sich Anno 1614. zur Reformirten Religion. die Anno 1614 geschehene Bekänntniß der Reformirten Religion: zu derselben ist er nach denen bisher erzehlten Umständen sehr wahrscheinlich schon in Magdeburg und Halle, und hernach in der Marck noch bey seines Herrn Vaters Lebzeiten disponiret worden; nur hat er nicht ehe damit auszubrechen sich getrauet, weil er befürchtet, daß die noch starck dominirende formularische Parthey Tumult und Aufstand erwecken würde; wiewohl doch auch dergleichen Aufstand nicht gäntzlich nachgeblieben, alsbald (§. VIII.) soll gemeldet werden. Hutterus nach seiner Art beschreibetHutteri Urtheil davon. die Sache also: Der gute Churfürst hat als ein Herr von gutem treuhertzigen Gemüthe, der niemand nichts böses zugetrauet, und noch keine arglistige Betriegereyen erfahren, auch vielleicht ein Absehen auf das allgemeine Beste gehabt, sich schändlich betriegen und dahin antreiben lassen, daß er die heiligen Fußstapffen seiner Vorfahren und Herrn Vaters verlassen, auch sein ehemahliges zu Halle gethanes Versprechen und Ohligations-Formul (Anno 1593. vide supra §. 3. post. med. bey Seite gesetzet, und vor weniger Zeit sich öffentlich erkläret, daß er dem Calvinismo günstiger sey. Jedoch ist die vornehmste Schuld nicht Seiner Churfürstl. Durch lauchtigkeit zuzumessen, als welche nach ihrer sonderbahren ehrlichen Aufrichtigkeit auch vermeinet, man werde wiederum mit ihr so aufrichtig um

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[241/0249] §. VI. Churfürst Johann Sigmunds Regierung daurete eben nicht garlange. Nachdem er mit Pfaltz Neuburg wegen der Jülichischen succession in schwehren Krieg verfiel, dessen völlige Endigung erst unter seinem Sohn anno 1629 erfolgte. Anno 1611 erhielt er das Hertzogthum Preussen, jedoch mit ziemlichen harten Bedingungen, sonderlich, daß er jährlich 30000 fl. als einen Erb-Zinß solte entrichten. 1612. wohnete er dem Käyserlichen Wahl-Tag Matthiae bey, im folgenden Jahr besuchte er durch Gesandte den Reichs-Tag zu Augspurg. Anno 1614. erklährete er sich zu der Reformirten Religion, und ließ hiezu zu Cölln den Anfang im Dom machen, auch deßwegen öffentlich eine Schrifft und Glaubens-Bekänntniß ausgehen, darauf begab er sich gen Naumburg, woselbst er der Zusammenkunft der Erb-vereinigten Häuser, Sachsen, Brandenburg und Hessen beywohnete. Anno 1617 zog er abermahl in Preussen, nach der Rückkehr aber, weil er immer mit Gicht-Beschwehrungen beladen, und vom Schlag öffters befallen ward, übergab er seinem Chur-Printzen, Marggraff George Wilhelmen die Chur, und starb bald darauf 1619. den 13ten December. Zu meinem Zweck gehöret fürnemlich die Anno 1614 geschehene Bekänntniß der Reformirten Religion: zu derselben ist er nach denen bisher erzehlten Umständen sehr wahrscheinlich schon in Magdeburg und Halle, und hernach in der Marck noch bey seines Herrn Vaters Lebzeiten disponiret worden; nur hat er nicht ehe damit auszubrechen sich getrauet, weil er befürchtet, daß die noch starck dominirende formularische Parthey Tumult und Aufstand erwecken würde; wiewohl doch auch dergleichen Aufstand nicht gäntzlich nachgeblieben, alsbald (§. VIII.) soll gemeldet werden. Hutterus nach seiner Art beschreibet die Sache also: Der gute Churfürst hat als ein Herr von gutem treuhertzigen Gemüthe, der niemand nichts böses zugetrauet, und noch keine arglistige Betriegereyen erfahren, auch vielleicht ein Absehen auf das allgemeine Beste gehabt, sich schändlich betriegen und dahin antreiben lassen, daß er die heiligen Fußstapffen seiner Vorfahren und Herrn Vaters verlassen, auch sein ehemahliges zu Halle gethanes Versprechen und Ohligations-Formul (Anno 1593. vide supra §. 3. post. med. bey Seite gesetzet, und vor weniger Zeit sich öffentlich erkläret, daß er dem Calvinismo günstiger sey. Jedoch ist die vornehmste Schuld nicht Seiner Churfürstl. Durch lauchtigkeit zuzumessen, als welche nach ihrer sonderbahren ehrlichen Aufrichtigkeit auch vermeinet, man werde wiederum mit ihr so aufrichtig um Summarischer Inhalt von Churfürst Johann Sigismunds Regierung. Er bekennet sich Anno 1614. zur Reformirten Religion. Hutteri Urtheil davon.

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/249>, abgerufen am 05.05.2024.