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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

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Calvini meiden solle. Wenn man aber dieses alles genauer ansiehet, so beweiset es (wie zum wenigsten neun u. zwantzig dreißig Theile von dem gantzen Gewäsche des Hutteri, unerachtet der neuen praefation des D. Val. Alberti auf dergleichen Art beschaffen) dasjenige was es beweisen soll, im geringsten nicht, sondern nur, daß die [fremdsprachliches Material] Lutherani zu besagten Zeiten unter der Regierung des Churfurst Joachim Friedrichs den Dominat in gantzen Churfürstenthum dergestalt gehabt, daß sie auch dem Churfürsten selbst nach Gefallen fürgeschrieben, was er unterschreiben sollen, und (wenn er sich nicht einer Revolte befürchten wollen) müssen. Ingleichen, daß hierbey eben diese dominirende Herren dennoch dem Churfürsten nicht viel ketzermacherisch orthodoxes zugetraut, und sich gar sehr für dem nach ihrer expression einschleichenden Calvinischen Irrthum gefürchtet, und dannenhero bald in denen in seinem Nahmen aufgesetzten Schrifften ihn zur Unzeit, und mit grosser impertinenz gelobt, bald durch die ungeschickten parentheses sein Bekänntniß zur Augspurgischen Confession mit eingeflickt, wie aus dem ersten loco der aus dem visitations decret 1600. excerpiret worden, mit mehrern zu sehen ist; als welchen wohl kein politicus, sondern ein recht [fremdsprachliches Material] Jesuitischer Fuchsschwäntzer, aber dabey ein more pariter Jesuitico Ertzketzermacher aufgesetzt. Und was wäre es denn nöthig gewesen, daß diese Herren Dominantes nebst denen Land-Ständen, als ihrem perpetuo brachio feculari (per tradita in Consiliis Wittebergensibus & Dedekenni, si non fere per totum, saltem passim & saepius) von Churfürst Joachim Friedrich erst anno 1602. und also im vierdten Jahr seiner Regierung einen Revers der Religion halber begehret und wahrscheinlich extorquiret, wenn nicht ihre Herren Confratres aus Magdeburg und Halle den Churfürsten bey ihnen verdächtig gemacht, und hernach die daselbst verfolgte Reformirte in der Marck / nebst andern Gelehrten ihres gleichen Gnade und Schutz gefunden hätten. Churfürst Joachim Friedrich hat regieret biß Anno 1608. da er im Monat Julio an einem Schlagfluß in seiner Kutsche verstorben, und im October begraben worden. Ihm hat in Churfürstenthum succedirt sein primogenitus Marggraff Johann Sigismund.

Was indessen in Magdeburgischen und Halle merckwür-

§. V. Ehe ich aber fortfahre, die Religions-mutation, die unter denen Chur-Fürsten in der Marck fürgegangen / zu erzehlen, muß ich nicht zurücke lassen, was seit der Zeit, da Joachim Friedrich Churfürst worden, nemlich von 1598. bis 1608, da er gestorben, indessen mit seinem dritten Sohn, dem neuerwehlten Administrator in Halle, Christian Wilhelmen passiret. Dieser war den 18den Augusti 1587. zu Wolmer

Calvini meiden solle. Wenn man aber dieses alles genauer ansiehet, so beweiset es (wie zum wenigsten neun u. zwantzig dreißig Theile von dem gantzen Gewäsche des Hutteri, unerachtet der neuen praefation des D. Val. Alberti auf dergleichen Art beschaffen) dasjenige was es beweisen soll, im geringsten nicht, sondern nur, daß die [fremdsprachliches Material] Lutherani zu besagten Zeiten unter der Regierung des Churfurst Joachim Friedrichs den Dominat in gantzen Churfürstenthum dergestalt gehabt, daß sie auch dem Churfürsten selbst nach Gefallen fürgeschrieben, was er unterschreiben sollen, und (wenn er sich nicht einer Revolte befürchten wollen) müssen. Ingleichen, daß hierbey eben diese dominirende Herren deñoch dem Churfürsten nicht viel ketzermacherisch orthodoxes zugetraut, und sich gar sehr für dem nach ihrer expression einschleichenden Calvinischen Irrthum gefürchtet, und dannenhero bald in denen in seinem Nahmen aufgesetzten Schrifften ihn zur Unzeit, und mit grosser impertinenz gelobt, bald durch die ungeschickten parentheses sein Bekänntniß zur Augspurgischen Confession mit eingeflickt, wie aus dem ersten loco der aus dem visitations decret 1600. excerpiret worden, mit mehrern zu sehen ist; als welchen wohl kein politicus, sondern ein recht [fremdsprachliches Material] Jesuitischer Fuchsschwäntzer, aber dabey ein more pariter Jesuitico Ertzketzermacher aufgesetzt. Und was wäre es denn nöthig gewesen, daß diese Herren Dominantes nebst denen Land-Ständen, als ihrem perpetuo brachio feculari (per tradita in Consiliis Wittebergensibus & Dedekenni, si non fere per totum, saltem passim & saepius) von Churfürst Joachim Friedrich erst anno 1602. und also im vierdten Jahr seiner Regierung einen Revers der Religion halber begehret und wahrscheinlich extorquiret, wenn nicht ihre Herren Confratres aus Magdeburg und Halle den Churfürsten bey ihnen verdächtig gemacht, und hernach die daselbst verfolgte Reformirte in der Marck / nebst andern Gelehrten ihres gleichen Gnade und Schutz gefunden hätten. Churfürst Joachim Friedrich hat regieret biß Anno 1608. da er im Monat Julio an einem Schlagfluß in seiner Kutsche verstorben, und im October begraben worden. Ihm hat in Churfürstenthum succedirt sein primogenitus Marggraff Johann Sigismund.

Was indessen in Magdeburgischen und Halle merckwür-

§. V. Ehe ich aber fortfahre, die Religions-mutation, die unter denen Chur-Fürsten in der Marck fürgegangen / zu erzehlen, muß ich nicht zurücke lassen, was seit der Zeit, da Joachim Friedrich Churfürst worden, nemlich von 1598. bis 1608, da er gestorben, indessen mit seinem dritten Sohn, dem neuerwehlten Administrator in Halle, Christian Wilhelmen passiret. Dieser war den 18den Augusti 1587. zu Wolmer

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Calvini                      meiden solle. Wenn man aber dieses alles genauer ansiehet, so beweiset es (wie                      zum wenigsten neun u. zwantzig dreißig Theile von dem gantzen Gewäsche des                      Hutteri, unerachtet der neuen praefation des D. Val. Alberti auf dergleichen Art                      beschaffen) dasjenige was es beweisen soll, im geringsten nicht, sondern nur,                      daß die <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> Lutherani zu besagten Zeiten unter der                      Regierung des Churfurst Joachim Friedrichs den Dominat in gantzen                      Churfürstenthum dergestalt gehabt, daß sie auch dem Churfürsten selbst nach                      Gefallen fürgeschrieben, was er unterschreiben sollen, und (wenn er sich nicht                      einer Revolte befürchten wollen) müssen. Ingleichen, daß hierbey eben diese                      dominirende Herren den&#x0303;och dem Churfürsten nicht viel                      ketzermacherisch orthodoxes zugetraut, und sich gar sehr für dem nach ihrer                      expression einschleichenden Calvinischen Irrthum gefürchtet, und dannenhero bald                      in denen in seinem Nahmen aufgesetzten Schrifften ihn zur Unzeit, und mit                      grosser impertinenz gelobt, bald durch die ungeschickten parentheses sein                      Bekänntniß zur Augspurgischen Confession mit eingeflickt, wie aus dem ersten                      loco der aus dem visitations decret 1600. excerpiret worden, mit mehrern zu                      sehen ist; als welchen wohl kein politicus, sondern ein recht <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> Jesuitischer Fuchsschwäntzer, aber dabey ein more pariter                      Jesuitico Ertzketzermacher aufgesetzt. Und was wäre es denn nöthig gewesen, daß                      diese Herren Dominantes nebst denen Land-Ständen, als ihrem perpetuo brachio                      feculari (per tradita in Consiliis Wittebergensibus &amp; Dedekenni, si non                      fere per totum, saltem passim &amp; saepius) von Churfürst Joachim Friedrich                      erst anno 1602. und also im vierdten Jahr seiner Regierung einen Revers der                      Religion halber begehret und wahrscheinlich extorquiret, wenn nicht ihre Herren                      Confratres aus Magdeburg und Halle den Churfürsten bey ihnen verdächtig gemacht,                      und hernach die daselbst verfolgte Reformirte in der Marck / nebst andern                      Gelehrten ihres gleichen Gnade und Schutz gefunden hätten. Churfürst Joachim                      Friedrich hat regieret biß Anno 1608. da er im Monat Julio an einem Schlagfluß                      in seiner Kutsche verstorben, und im October begraben worden. Ihm hat in                      Churfürstenthum succedirt sein primogenitus Marggraff Johann Sigismund.</p>
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[238/0246] Calvini meiden solle. Wenn man aber dieses alles genauer ansiehet, so beweiset es (wie zum wenigsten neun u. zwantzig dreißig Theile von dem gantzen Gewäsche des Hutteri, unerachtet der neuen praefation des D. Val. Alberti auf dergleichen Art beschaffen) dasjenige was es beweisen soll, im geringsten nicht, sondern nur, daß die _ Lutherani zu besagten Zeiten unter der Regierung des Churfurst Joachim Friedrichs den Dominat in gantzen Churfürstenthum dergestalt gehabt, daß sie auch dem Churfürsten selbst nach Gefallen fürgeschrieben, was er unterschreiben sollen, und (wenn er sich nicht einer Revolte befürchten wollen) müssen. Ingleichen, daß hierbey eben diese dominirende Herren deñoch dem Churfürsten nicht viel ketzermacherisch orthodoxes zugetraut, und sich gar sehr für dem nach ihrer expression einschleichenden Calvinischen Irrthum gefürchtet, und dannenhero bald in denen in seinem Nahmen aufgesetzten Schrifften ihn zur Unzeit, und mit grosser impertinenz gelobt, bald durch die ungeschickten parentheses sein Bekänntniß zur Augspurgischen Confession mit eingeflickt, wie aus dem ersten loco der aus dem visitations decret 1600. excerpiret worden, mit mehrern zu sehen ist; als welchen wohl kein politicus, sondern ein recht _ Jesuitischer Fuchsschwäntzer, aber dabey ein more pariter Jesuitico Ertzketzermacher aufgesetzt. Und was wäre es denn nöthig gewesen, daß diese Herren Dominantes nebst denen Land-Ständen, als ihrem perpetuo brachio feculari (per tradita in Consiliis Wittebergensibus & Dedekenni, si non fere per totum, saltem passim & saepius) von Churfürst Joachim Friedrich erst anno 1602. und also im vierdten Jahr seiner Regierung einen Revers der Religion halber begehret und wahrscheinlich extorquiret, wenn nicht ihre Herren Confratres aus Magdeburg und Halle den Churfürsten bey ihnen verdächtig gemacht, und hernach die daselbst verfolgte Reformirte in der Marck / nebst andern Gelehrten ihres gleichen Gnade und Schutz gefunden hätten. Churfürst Joachim Friedrich hat regieret biß Anno 1608. da er im Monat Julio an einem Schlagfluß in seiner Kutsche verstorben, und im October begraben worden. Ihm hat in Churfürstenthum succedirt sein primogenitus Marggraff Johann Sigismund. §. V. Ehe ich aber fortfahre, die Religions-mutation, die unter denen Chur-Fürsten in der Marck fürgegangen / zu erzehlen, muß ich nicht zurücke lassen, was seit der Zeit, da Joachim Friedrich Churfürst worden, nemlich von 1598. bis 1608, da er gestorben, indessen mit seinem dritten Sohn, dem neuerwehlten Administrator in Halle, Christian Wilhelmen passiret. Dieser war den 18den Augusti 1587. zu Wolmer

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/246>, abgerufen am 23.11.2024.