Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.

Bild:
<< vorherige Seite
be ich in Diensten gesehen bey E. F. G. Herrn Vatern den Cantzlern Meckbachen und seinen Sohn, und dann den ehrlichen Mann Herr Johann Hünicken, welcher sich zu der Catholischen Religion öffentlich bekandt, und ist ihrer keinem einiges Jurament auf die Formulam Concordiae angemuthet worden, wodurch die bißherige observanz um so vielmehr bestätiget wird: 7) Jetziger Zeit aber andere mutationes und novitates einzuführen, weiß ich warlich nicht, ob ein vernünfftiger und unpassionirter Politicus E. F. G. Dero Dom-Capitel und Landschafft per rationem status hätte rathen können, oder würden: Ich sehe auch nicht, wozu es nöthig wäre 8) Denn, daß E. F. G. R Capituli oder der Landschafft Meynung seyn solte, aus ihren Räthen Theologos zu machen, oder ihrer in Theologicis zu gebrauchen, kan ich nicht glauben; so glaube ich auch nicht, daß E. F. G., wie auch R Capitulum oder die Landschafft praesumiren solten, conscientiis hominum zu dominiren, sintemahl noch so grosse Monarchen solches mit ihrer grösten Macht nicht erheben können: Weniger glaube ich, daß E. F. G. von einigen Politico ein mehrers als eine äusserliche Conformität des Landüblichen Exercitii in Predigt hören und üblichen Kirchen-Ceremonien erfordern werden. 9) Und wann E. F. G. gleich auch ein mehrers wissen wolten, so würde doch der alte Cassius bald fragen: Cui bono? dabey aber würde sich endlichen gar nichts finden. 10) Denn E. F. G. sind GOtt Lob für ihre Person in Theologicis also geübet, und in ihrer Meynung dermassen muniret, daß sich ein jeder auf ein wiedriges Intent vergebens an sie machen würde: 11) In ipso statu Archi-Episcopatus aber etwas durch Religions-Mittel zu machiniren, ist darum E. F. G. Räthen unmüglich, dieweil ja E. F. G. selbsten in geistlichen Sachen keine Ordinanz oder directorium zustehet, sondern E. Hoch-Ehrw. Dom-Capitel dieselbe für sich ausgezogen, und alles zu versehen haben. 12) Und solte dann je noch einige Nothwendigkeit daran, auch wieder Verdacht oder Zweiffel hafften, so stünde es bey derselben (daß ich von mir sage) meine Confession bey mir zu fordern; und wäre meine Schuldigkeit nach dem Praecepto Petri (1. Petr. 3.) also dann rationem fidei meae, so gut ich könte, derselben nicht zu verhalten, sondern herauszugeben, getrauete mir auch also mit derselben auszukommen, und zu bestehen, daß ein jeder rechtschaffener oder Schrifftverständiger Christ mit mir friedlich seyn müßte. Mich aber in die formulam Concordiae und die darinn enthaltene Streit und dero Ausführung zu intriciren, ist meine Gelegenheit gar nicht. Sintemahl mir die Streit nicht allein guten Theils viel zu hoch, und ich sehe, daß sie gar nicht zur satisfaction auch derjenigen, die sie unterschrieben ja selber gemacht, erörtert, sondern von Autoribus und Approbatoribus so viel
be ich in Diensten gesehen bey E. F. G. Herrn Vatern den Cantzlern Meckbachen und seinen Sohn, und dann den ehrlichen Mann Herr Johann Hünicken, welcher sich zu der Catholischen Religion öffentlich bekandt, und ist ihrer keinem einiges Jurament auf die Formulam Concordiae angemuthet worden, wodurch die bißherige observanz um so vielmehr bestätiget wird: 7) Jetziger Zeit aber andere mutationes und novitates einzuführen, weiß ich warlich nicht, ob ein vernünfftiger und unpassionirter Politicus E. F. G. Dero Dom-Capitel und Landschafft per rationem status hätte rathen können, oder würden: Ich sehe auch nicht, wozu es nöthig wäre 8) Denn, daß E. F. G. R Capituli oder der Landschafft Meynung seyn solte, aus ihren Räthen Theologos zu machen, oder ihrer in Theologicis zu gebrauchen, kan ich nicht glauben; so glaube ich auch nicht, daß E. F. G., wie auch R Capitulum oder die Landschafft praesumiren solten, conscientiis hòminum zu dominiren, sintemahl noch so grosse Monarchen solches mit ihrer grösten Macht nicht erheben können: Weniger glaube ich, daß E. F. G. von einigen Politico ein mehrers als eine äusserliche Conformität des Landüblichen Exercitii in Predigt hören und üblichen Kirchen-Ceremonien erfordern werden. 9) Und wann E. F. G. gleich auch ein mehrers wissen wolten, so würde doch der alte Cassius bald fragen: Cui bono? dabey aber würde sich endlichen gar nichts finden. 10) Denn E. F. G. sind GOtt Lob für ihre Person in Theologicis also geübet, und in ihrer Meynung dermassen muniret, daß sich ein jeder auf ein wiedriges Intent vergebens an sie machen würde: 11) In ipso statu Archi-Episcopatus aber etwas durch Religions-Mittel zu machiniren, ist darum E. F. G. Räthen unmüglich, dieweil ja E. F. G. selbsten in geistlichen Sachen keine Ordinanz oder directorium zustehet, sondern E. Hoch-Ehrw. Dom-Capitel dieselbe für sich ausgezogen, und alles zu versehen haben. 12) Und solte dann je noch einige Nothwendigkeit daran, auch wieder Verdacht oder Zweiffel hafften, so stünde es bey derselben (daß ich von mir sage) meine Confession bey mir zu fordern; und wäre meine Schuldigkeit nach dem Praecepto Petri (1. Petr. 3.) also dann rationem fidei meae, so gut ich könte, derselben nicht zu verhalten, sondern herauszugeben, getrauete mir auch also mit derselben auszukommen, und zu bestehen, daß ein jeder rechtschaffener oder Schrifftverständiger Christ mit mir friedlich seyn müßte. Mich aber in die formulam Concordiae und die darinn enthaltene Streit und dero Ausführung zu intriciren, ist meine Gelegenheit gar nicht. Sintemahl mir die Streit nicht allein guten Theils viel zu hoch, und ich sehe, daß sie gar nicht zur satisfaction auch derjenigen, die sie unterschrieben ja selber gemacht, erörtert, sondern von Autoribus und Approbatoribus so viel
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <l><pb facs="#f0213" n="205"/>
be ich in Diensten gesehen bey                      E. F. G. Herrn Vatern den Cantzlern Meckbachen und seinen Sohn, und dann den                      ehrlichen Mann Herr Johann Hünicken, welcher sich zu der Catholischen Religion                      öffentlich bekandt, und ist ihrer keinem einiges Jurament auf die Formulam                      Concordiae angemuthet worden, wodurch die bißherige observanz um so vielmehr                      bestätiget wird:</l>
        <l>7) Jetziger Zeit aber andere mutationes und novitates einzuführen, weiß ich                      warlich nicht, ob ein vernünfftiger und unpassionirter Politicus E. F. G. Dero                      Dom-Capitel und Landschafft per rationem status hätte rathen können, oder                      würden: Ich sehe auch nicht, wozu es nöthig wäre</l>
        <l>8) Denn, daß E. F. G. R Capituli oder der Landschafft Meynung seyn solte, aus                      ihren Räthen Theologos zu machen, oder ihrer in Theologicis zu gebrauchen, kan                      ich nicht glauben; so glaube ich auch nicht, daß E. F. G., wie auch R                      Capitulum oder die Landschafft praesumiren solten, conscientiis hòminum zu                      dominiren, sintemahl noch so grosse Monarchen solches mit ihrer grösten Macht                      nicht erheben können: Weniger glaube ich, daß E. F. G. von einigen Politico ein                      mehrers als eine äusserliche Conformität des Landüblichen Exercitii in Predigt                      hören und üblichen Kirchen-Ceremonien erfordern werden.</l>
        <l>9) Und wann E. F. G. gleich auch ein mehrers wissen wolten, so würde doch der                      alte Cassius bald fragen: Cui bono? dabey aber würde sich endlichen gar nichts                      finden.</l>
        <l>10) Denn E. F. G. sind GOtt Lob für ihre Person in Theologicis also geübet, und                      in ihrer Meynung dermassen muniret, daß sich ein jeder auf ein wiedriges Intent                      vergebens an sie machen würde:</l>
        <l>11) In ipso statu Archi-Episcopatus aber etwas durch Religions-Mittel zu                      machiniren, ist darum E. F. G. Räthen unmüglich, dieweil ja E. F. G. selbsten in                      geistlichen Sachen keine Ordinanz oder directorium zustehet, sondern E.                      Hoch-Ehrw. Dom-Capitel dieselbe für sich ausgezogen, und alles zu versehen                      haben.</l>
        <l>12) Und solte dann je noch einige Nothwendigkeit daran, auch wieder Verdacht oder                      Zweiffel hafften, so stünde es bey derselben (daß ich von mir sage) meine                      Confession bey mir zu fordern; und wäre meine Schuldigkeit nach dem Praecepto                      Petri (1. Petr. 3.) also dann rationem fidei meae, so gut ich könte, derselben                      nicht zu verhalten, sondern herauszugeben, getrauete mir auch also mit derselben                      auszukommen, und zu bestehen, daß ein jeder rechtschaffener oder                      Schrifftverständiger Christ mit mir friedlich seyn müßte. Mich aber in die                      formulam Concordiae und die darinn enthaltene Streit und dero Ausführung zu                      intriciren, ist meine Gelegenheit gar nicht. Sintemahl mir die Streit nicht                      allein guten Theils viel zu hoch, und ich sehe, daß sie gar nicht zur                      satisfaction auch derjenigen, die sie unterschrieben ja selber gemacht,                      erörtert, sondern von Autoribus und Approbatoribus so viel
</l>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0213] be ich in Diensten gesehen bey E. F. G. Herrn Vatern den Cantzlern Meckbachen und seinen Sohn, und dann den ehrlichen Mann Herr Johann Hünicken, welcher sich zu der Catholischen Religion öffentlich bekandt, und ist ihrer keinem einiges Jurament auf die Formulam Concordiae angemuthet worden, wodurch die bißherige observanz um so vielmehr bestätiget wird: 7) Jetziger Zeit aber andere mutationes und novitates einzuführen, weiß ich warlich nicht, ob ein vernünfftiger und unpassionirter Politicus E. F. G. Dero Dom-Capitel und Landschafft per rationem status hätte rathen können, oder würden: Ich sehe auch nicht, wozu es nöthig wäre 8) Denn, daß E. F. G. R Capituli oder der Landschafft Meynung seyn solte, aus ihren Räthen Theologos zu machen, oder ihrer in Theologicis zu gebrauchen, kan ich nicht glauben; so glaube ich auch nicht, daß E. F. G., wie auch R Capitulum oder die Landschafft praesumiren solten, conscientiis hòminum zu dominiren, sintemahl noch so grosse Monarchen solches mit ihrer grösten Macht nicht erheben können: Weniger glaube ich, daß E. F. G. von einigen Politico ein mehrers als eine äusserliche Conformität des Landüblichen Exercitii in Predigt hören und üblichen Kirchen-Ceremonien erfordern werden. 9) Und wann E. F. G. gleich auch ein mehrers wissen wolten, so würde doch der alte Cassius bald fragen: Cui bono? dabey aber würde sich endlichen gar nichts finden. 10) Denn E. F. G. sind GOtt Lob für ihre Person in Theologicis also geübet, und in ihrer Meynung dermassen muniret, daß sich ein jeder auf ein wiedriges Intent vergebens an sie machen würde: 11) In ipso statu Archi-Episcopatus aber etwas durch Religions-Mittel zu machiniren, ist darum E. F. G. Räthen unmüglich, dieweil ja E. F. G. selbsten in geistlichen Sachen keine Ordinanz oder directorium zustehet, sondern E. Hoch-Ehrw. Dom-Capitel dieselbe für sich ausgezogen, und alles zu versehen haben. 12) Und solte dann je noch einige Nothwendigkeit daran, auch wieder Verdacht oder Zweiffel hafften, so stünde es bey derselben (daß ich von mir sage) meine Confession bey mir zu fordern; und wäre meine Schuldigkeit nach dem Praecepto Petri (1. Petr. 3.) also dann rationem fidei meae, so gut ich könte, derselben nicht zu verhalten, sondern herauszugeben, getrauete mir auch also mit derselben auszukommen, und zu bestehen, daß ein jeder rechtschaffener oder Schrifftverständiger Christ mit mir friedlich seyn müßte. Mich aber in die formulam Concordiae und die darinn enthaltene Streit und dero Ausführung zu intriciren, ist meine Gelegenheit gar nicht. Sintemahl mir die Streit nicht allein guten Theils viel zu hoch, und ich sehe, daß sie gar nicht zur satisfaction auch derjenigen, die sie unterschrieben ja selber gemacht, erörtert, sondern von Autoribus und Approbatoribus so viel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-02-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-02-15T13:54:31Z)
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-02-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/213
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/213>, abgerufen am 16.07.2024.