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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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schweren Stand gehabt haben würden, massen denn die von ihm formirten Articuli, darüber Herr H. H. abgehöret werden sollen, alle die itzo gemeldete Defectus hatten, und z. E. in Anfange etliche Articuli formirt waren: Wer Herrn H. H. Eltern gewesen? Wie er zu Besitzung seiner Güter kommen? Ob dieselben Amt- oder Schriftsäßig wären? und solche schöne Sachen mehr. Was nun die Inquisiten drauff geantwortet, will ich zu Vermeidung aller Weitläufftigkeit, ohne Beyfügung der Artickel, jedoch treulich referiren.

§. XX. Des Vaters H. H. Antwort ware diese folgende.In specie des Vaters.

Er fey von Zwencke und 51. Jahr: die Tochter sey freylich, und zwar wie Sie Ihn berichtet, von Toffel R. geschwängert worden, und wie Ihm wäre berichtet worden, gegen Michaelis zu Nacht eines Kindes genesen, als das Kindtauffen zu St. gewesen. Er habe gehöret, daß die erste Nacht, als sein Eheweib von dem Kindtauffen nach Hause kommen, ein grosses Gelauffe im Hause hin und wieder gewesen, er sey damahls gleich unpaß gewesen. Er könne sich eigentlich nicht mehr besinnen, daß er damahls zur Köchin gesagt haben solle: Ist nicht ein Spiel und Gelauffe, ich war neulich kranck, und war nicht so ein Gelauffe. Er könne es endlich wohl gesagt und gescholten haben. Davon wisse er nichts, daß Anna und sein Eheweib Maria das Kind solle umb das Leben gebracht haben, und das wolle er nicht hoffen: Er wisse auch nicht, wo Sie es hingethan. Ihm sey gesagt worden, seine Ehefrau hätte solches in Garten begraben, und sey es lange hernacher geschehen, da er es erfahren hätte. Er wisse aber nicht, wer dabey geholffen hätte, viel weniger habe er selbst geholffen: damahls habe er keine Wissenschafft davon gehabt: Er habe zwar davon gehöret, daß lange vorher davon geredet worden, daß die Tochter Anna schwanger wäre, habe Ihr auch dieser wegen zugeredet, aber von Ihr keine Gewißheit erfahren können: der Rebhüner-Fänger zu O. habe Ihm davon gesagt (von dem Müller zu Gr. aber könne er sich nichts besinnen.) Weil er nun von Ihr der Tochter nichts vernehmen können, habe er freylich gedrohet, er wolte den, der dieses sagte schon hinein führen. Aber den Müller zu Gr. habe er deßhalben nicht abgeschafft, sondern es wäre derselbe biß Dato noch da. Es sey zwar auch Andreas S. von Z. bey Ihm gewesen, und Ihm erzehlet, wie sich der gewesene Hauß-Knecht Toffel R. damit gerühmet, daß er mit seiner Tochter fleischlich zu thun gehabt, er wisse aber die Zeit nicht eigentlich mehr, ob es des Tages zuvor gewesen, als die Tochter das Kind bekommen: Er habe S. geantwortet, daß er die Tochter schon vorgehabt, aber nichts von Ihr vernehmen können. Daß er aber den Hauß-Knecht bey der Tochter in der Kammer angetroffen haben solle, negiret er, mit dem Zusatz; wenn er solche angetroffen hätte, würde es übel abgelauffen seyn. Daß die Tochter 3. Tage nach der Ge-

schweren Stand gehabt haben würden, massen denn die von ihm formirten Articuli, darüber Herr H. H. abgehöret werden sollen, alle die itzo gemeldete Defectus hatten, und z. E. in Anfange etliche Articuli formirt waren: Wer Herrn H. H. Eltern gewesen? Wie er zu Besitzung seiner Güter kommen? Ob dieselben Amt- oder Schriftsäßig wären? und solche schöne Sachen mehr. Was nun die Inquisiten drauff geantwortet, will ich zu Vermeidung aller Weitläufftigkeit, ohne Beyfügung der Artickel, jedoch treulich referiren.

§. XX. Des Vaters H. H. Antwort ware diese folgende.In specie des Vaters.

Er fey von Zwencke und 51. Jahr: die Tochter sey freylich, und zwar wie Sie Ihn berichtet, von Toffel R. geschwängert worden, und wie Ihm wäre berichtet worden, gegen Michaelis zu Nacht eines Kindes genesen, als das Kindtauffen zu St. gewesen. Er habe gehöret, daß die erste Nacht, als sein Eheweib von dem Kindtauffen nach Hause kommen, ein grosses Gelauffe im Hause hin und wieder gewesen, er sey damahls gleich unpaß gewesen. Er könne sich eigentlich nicht mehr besinnen, daß er damahls zur Köchin gesagt haben solle: Ist nicht ein Spiel und Gelauffe, ich war neulich kranck, und war nicht so ein Gelauffe. Er könne es endlich wohl gesagt und gescholten haben. Davon wisse er nichts, daß Anna und sein Eheweib Maria das Kind solle umb das Leben gebracht haben, und das wolle er nicht hoffen: Er wisse auch nicht, wo Sie es hingethan. Ihm sey gesagt worden, seine Ehefrau hätte solches in Garten begraben, und sey es lange hernacher geschehen, da er es erfahren hätte. Er wisse aber nicht, wer dabey geholffen hätte, viel weniger habe er selbst geholffen: damahls habe er keine Wissenschafft davon gehabt: Er habe zwar davon gehöret, daß lange vorher davon geredet worden, daß die Tochter Anna schwanger wäre, habe Ihr auch dieser wegen zugeredet, aber von Ihr keine Gewißheit erfahren können: der Rebhüner-Fänger zu O. habe Ihm davon gesagt (von dem Müller zu Gr. aber könne er sich nichts besinnen.) Weil er nun von Ihr der Tochter nichts vernehmen können, habe er freylich gedrohet, er wolte den, der dieses sagte schon hinein führen. Aber den Müller zu Gr. habe er deßhalben nicht abgeschafft, sondern es wäre derselbe biß Dato noch da. Es sey zwar auch Andreas S. von Z. bey Ihm gewesen, und Ihm erzehlet, wie sich der gewesene Hauß-Knecht Toffel R. damit gerühmet, daß er mit seiner Tochter fleischlich zu thun gehabt, er wisse aber die Zeit nicht eigentlich mehr, ob es des Tages zuvor gewesen, als die Tochter das Kind bekommen: Er habe S. geantwortet, daß er die Tochter schon vorgehabt, aber nichts von Ihr vernehmen können. Daß er aber den Hauß-Knecht bey der Tochter in der Kammer angetroffen haben solle, negiret er, mit dem Zusatz; wenn er solche angetroffen hätte, würde es übel abgelauffen seyn. Daß die Tochter 3. Tage nach der Ge-

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[37/0053] schweren Stand gehabt haben würden, massen denn die von ihm formirten Articuli, darüber Herr H. H. abgehöret werden sollen, alle die itzo gemeldete Defectus hatten, und z. E. in Anfange etliche Articuli formirt waren: Wer Herrn H. H. Eltern gewesen? Wie er zu Besitzung seiner Güter kommen? Ob dieselben Amt- oder Schriftsäßig wären? und solche schöne Sachen mehr. Was nun die Inquisiten drauff geantwortet, will ich zu Vermeidung aller Weitläufftigkeit, ohne Beyfügung der Artickel, jedoch treulich referiren. §. XX. Des Vaters H. H. Antwort ware diese folgende. In specie des Vaters. Er fey von Zwencke und 51. Jahr: die Tochter sey freylich, und zwar wie Sie Ihn berichtet, von Toffel R. geschwängert worden, und wie Ihm wäre berichtet worden, gegen Michaelis zu Nacht eines Kindes genesen, als das Kindtauffen zu St. gewesen. Er habe gehöret, daß die erste Nacht, als sein Eheweib von dem Kindtauffen nach Hause kommen, ein grosses Gelauffe im Hause hin und wieder gewesen, er sey damahls gleich unpaß gewesen. Er könne sich eigentlich nicht mehr besinnen, daß er damahls zur Köchin gesagt haben solle: Ist nicht ein Spiel und Gelauffe, ich war neulich kranck, und war nicht so ein Gelauffe. Er könne es endlich wohl gesagt und gescholten haben. Davon wisse er nichts, daß Anna und sein Eheweib Maria das Kind solle umb das Leben gebracht haben, und das wolle er nicht hoffen: Er wisse auch nicht, wo Sie es hingethan. Ihm sey gesagt worden, seine Ehefrau hätte solches in Garten begraben, und sey es lange hernacher geschehen, da er es erfahren hätte. Er wisse aber nicht, wer dabey geholffen hätte, viel weniger habe er selbst geholffen: damahls habe er keine Wissenschafft davon gehabt: Er habe zwar davon gehöret, daß lange vorher davon geredet worden, daß die Tochter Anna schwanger wäre, habe Ihr auch dieser wegen zugeredet, aber von Ihr keine Gewißheit erfahren können: der Rebhüner-Fänger zu O. habe Ihm davon gesagt (von dem Müller zu Gr. aber könne er sich nichts besinnen.) Weil er nun von Ihr der Tochter nichts vernehmen können, habe er freylich gedrohet, er wolte den, der dieses sagte schon hinein führen. Aber den Müller zu Gr. habe er deßhalben nicht abgeschafft, sondern es wäre derselbe biß Dato noch da. Es sey zwar auch Andreas S. von Z. bey Ihm gewesen, und Ihm erzehlet, wie sich der gewesene Hauß-Knecht Toffel R. damit gerühmet, daß er mit seiner Tochter fleischlich zu thun gehabt, er wisse aber die Zeit nicht eigentlich mehr, ob es des Tages zuvor gewesen, als die Tochter das Kind bekommen: Er habe S. geantwortet, daß er die Tochter schon vorgehabt, aber nichts von Ihr vernehmen können. Daß er aber den Hauß-Knecht bey der Tochter in der Kammer angetroffen haben solle, negiret er, mit dem Zusatz; wenn er solche angetroffen hätte, würde es übel abgelauffen seyn. Daß die Tochter 3. Tage nach der Ge-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/53>, abgerufen am 26.04.2024.