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Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

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Dieweil aber dennoch die Kirchen-Rechte vermögen, daß propter ortas inimicitias capitales & irreconciliabiles aus Noth und zu Vermeidung grössers Unheils dissolutio sponsaliorum von der Obrigkeit ex officio gar wohl verordnet werden kan, und dem Bericht, auch der Veronicae Beicht-Vaters Schreiben nach sub D. Veronica nunmehr einen solchen Abscheu für Conradum bekommen, daß sie allen von dem Beicht-Vater zu unterschiedenen mahlen geschehenen Zureden ungeachtet nichts ferner von ihm wissen will, sondern lieber unverheyrathet zu bleiben sich erkläret, und gleichwohl Conradus ihr zu diesen Wiederwillen allerdinges Ursache gegeben, indem theils so wenig von ihm, als der Veronicae Freunden verantwortlich, daß sponsalia mit so grosser Ubereilung und ohne gebührende Erkundigung des Gemüths und Neigung, auch wohl mit hierbey gebrauchter List und Bedrohung celebriret worden, woraus denn hernach gar leichtlich solche Früchte erfolgen, die Conradus bey dieser Bewandniß sich mit zu imputiren: Theils der von Conrado attentirte concubitus seines Einwendens unerachtet, für eine ungeziemende, schändliche und in foro Ecclesiastico straffbare That zu halten, indem zu geschweigen, daß keiner Privat-Person für sich Adiaphora nach Gefallen zu ändern frey stehet, auch die Doctores nicht einig, ob und wie weit benedictio sacerdotalis pro Adiaphoro zu halten, zum wenigsten bey denen, die in societate civili leben, nicht auff das zu sehen, was etwan abstrahendo a Legibus humanis vergönnet seyn möchte, sondern was Leges positivae verbieten, sie ebenfals in conscientia obligiret, und sie wegen Ubertretung desselben GOtt, der die Obrigkeit eingesetzet, schwere Rechenschafft geben müssen; auch in praesenti casu der frühzeitige Beyschlaff durch die Kirchen-Rechte mit Kirchen-Busse beleget wird, und hierinnen selbige ein Christlich Absehen haben, daß vernünfftige Menschen und Christen nicht wie das unvernünfftige Vich zusammen lauffen, sondern ihren Ehestand in Zucht und Erbarkeit (die auch von denen Heyden nicht allerdinges aus denen Augen gesetzet worden,) anfangen sollen, im übrigen auff gegenwärtigen Fall die Rechts-Regul: quod si talis accidat casus, qui si tempore sponsaliorum adfuisset, sponsus vel sponsa nunquam consensisset, tuncjudicem ad dirimenda sponsalia propensiorem esse debere, gar wohl appliciret werden mag:

So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß wenn Veronica alles Einredens unerachtet die Ehe mit Conrado dennoch nicht vollziehen will (dazu sie aber nochmals ernstlich zu vermahnen ist, auch sich selbst dißfals zu prüfen und für GOtt zu demüthigen, und denselben anzuruffen hat, daß sie durch dessen Gnadverleihung den gefasten Wiederwillen überwinden, und, was in GOttes Nahmen angefangen und bestätiget worden, ja nicht durch halßstarrigen Eigensinn unterbrechen und deßwegen schwere Verantwortung und Unsegen auff sich ziehen möge,) die zwischen ihr und Conrado getroffenen spon-

Dieweil aber dennoch die Kirchen-Rechte vermögen, daß propter ortas inimicitias capitales & irreconciliabiles aus Noth und zu Vermeidung grössers Unheils dissolutio sponsaliorum von der Obrigkeit ex officio gar wohl verordnet werden kan, und dem Bericht, auch der Veronicae Beicht-Vaters Schreiben nach sub D. Veronica nunmehr einen solchen Abscheu für Conradum bekommen, daß sie allen von dem Beicht-Vater zu unterschiedenen mahlen geschehenen Zureden ungeachtet nichts ferner von ihm wissen will, sondern lieber unverheyrathet zu bleiben sich erkläret, und gleichwohl Conradus ihr zu diesen Wiederwillen allerdinges Ursache gegeben, indem theils so wenig von ihm, als der Veronicae Freunden verantwortlich, daß sponsalia mit so grosser Ubereilung und ohne gebührende Erkundigung des Gemüths und Neigung, auch wohl mit hierbey gebrauchter List und Bedrohung celebriret worden, woraus denn hernach gar leichtlich solche Früchte erfolgen, die Conradus bey dieser Bewandniß sich mit zu imputiren: Theils der von Conrado attentirte concubitus seines Einwendens unerachtet, für eine ungeziemende, schändliche und in foro Ecclesiastico straffbare That zu halten, indem zu geschweigen, daß keiner Privat-Person für sich Adiaphora nach Gefallen zu ändern frey stehet, auch die Doctores nicht einig, ob und wie weit benedictio sacerdotalis pro Adiaphoro zu halten, zum wenigsten bey denen, die in societate civili leben, nicht auff das zu sehen, was etwan abstrahendo a Legibus humanis vergönnet seyn möchte, sondern was Leges positivae verbieten, sie ebenfals in conscientia obligiret, und sie wegen Ubertretung desselben GOtt, der die Obrigkeit eingesetzet, schwere Rechenschafft geben müssen; auch in praesenti casu der frühzeitige Beyschlaff durch die Kirchen-Rechte mit Kirchen-Busse beleget wird, und hierinnen selbige ein Christlich Absehen haben, daß vernünfftige Menschen und Christen nicht wie das unvernünfftige Vich zusammen lauffen, sondern ihren Ehestand in Zucht und Erbarkeit (die auch von denen Heyden nicht allerdinges aus denen Augen gesetzet worden,) anfangen sollen, im übrigen auff gegenwärtigen Fall die Rechts-Regul: quod si talis accidat casus, qui si tempore sponsaliorum adfuisset, sponsus vel sponsa nunquam consensisset, tuncjudicem ad dirimenda sponsalia propensiorem esse debere, gar wohl appliciret werden mag:

So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß wenn Veronica alles Einredens unerachtet die Ehe mit Conrado dennoch nicht vollziehen will (dazu sie aber nochmals ernstlich zu vermahnen ist, auch sich selbst dißfals zu prüfen und für GOtt zu demüthigen, und denselben anzuruffen hat, daß sie durch dessen Gnadverleihung den gefasten Wiederwillen überwinden, und, was in GOttes Nahmen angefangen und bestätiget worden, ja nicht durch halßstarrigen Eigensinn unterbrechen und deßwegen schwere Verantwortung und Unsegen auff sich ziehen möge,) die zwischen ihr und Conrado getroffenen spon-

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        <p>So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß wenn Veronica alles Einredens                      unerachtet die Ehe mit Conrado dennoch nicht vollziehen will (dazu sie aber                      nochmals ernstlich zu vermahnen ist, auch sich selbst dißfals zu prüfen und für                      GOtt zu demüthigen, und denselben anzuruffen hat, daß sie durch dessen                      Gnadverleihung den gefasten Wiederwillen überwinden, und, was in GOttes Nahmen                      angefangen und bestätiget worden, ja nicht durch halßstarrigen Eigensinn                      unterbrechen und deßwegen schwere Verantwortung und Unsegen auff sich ziehen                      möge,) die zwischen ihr und Conrado getroffenen spon-
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[365/0381] Dieweil aber dennoch die Kirchen-Rechte vermögen, daß propter ortas inimicitias capitales & irreconciliabiles aus Noth und zu Vermeidung grössers Unheils dissolutio sponsaliorum von der Obrigkeit ex officio gar wohl verordnet werden kan, und dem Bericht, auch der Veronicae Beicht-Vaters Schreiben nach sub D. Veronica nunmehr einen solchen Abscheu für Conradum bekommen, daß sie allen von dem Beicht-Vater zu unterschiedenen mahlen geschehenen Zureden ungeachtet nichts ferner von ihm wissen will, sondern lieber unverheyrathet zu bleiben sich erkläret, und gleichwohl Conradus ihr zu diesen Wiederwillen allerdinges Ursache gegeben, indem theils so wenig von ihm, als der Veronicae Freunden verantwortlich, daß sponsalia mit so grosser Ubereilung und ohne gebührende Erkundigung des Gemüths und Neigung, auch wohl mit hierbey gebrauchter List und Bedrohung celebriret worden, woraus denn hernach gar leichtlich solche Früchte erfolgen, die Conradus bey dieser Bewandniß sich mit zu imputiren: Theils der von Conrado attentirte concubitus seines Einwendens unerachtet, für eine ungeziemende, schändliche und in foro Ecclesiastico straffbare That zu halten, indem zu geschweigen, daß keiner Privat-Person für sich Adiaphora nach Gefallen zu ändern frey stehet, auch die Doctores nicht einig, ob und wie weit benedictio sacerdotalis pro Adiaphoro zu halten, zum wenigsten bey denen, die in societate civili leben, nicht auff das zu sehen, was etwan abstrahendo a Legibus humanis vergönnet seyn möchte, sondern was Leges positivae verbieten, sie ebenfals in conscientia obligiret, und sie wegen Ubertretung desselben GOtt, der die Obrigkeit eingesetzet, schwere Rechenschafft geben müssen; auch in praesenti casu der frühzeitige Beyschlaff durch die Kirchen-Rechte mit Kirchen-Busse beleget wird, und hierinnen selbige ein Christlich Absehen haben, daß vernünfftige Menschen und Christen nicht wie das unvernünfftige Vich zusammen lauffen, sondern ihren Ehestand in Zucht und Erbarkeit (die auch von denen Heyden nicht allerdinges aus denen Augen gesetzet worden,) anfangen sollen, im übrigen auff gegenwärtigen Fall die Rechts-Regul: quod si talis accidat casus, qui si tempore sponsaliorum adfuisset, sponsus vel sponsa nunquam consensisset, tuncjudicem ad dirimenda sponsalia propensiorem esse debere, gar wohl appliciret werden mag: So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß wenn Veronica alles Einredens unerachtet die Ehe mit Conrado dennoch nicht vollziehen will (dazu sie aber nochmals ernstlich zu vermahnen ist, auch sich selbst dißfals zu prüfen und für GOtt zu demüthigen, und denselben anzuruffen hat, daß sie durch dessen Gnadverleihung den gefasten Wiederwillen überwinden, und, was in GOttes Nahmen angefangen und bestätiget worden, ja nicht durch halßstarrigen Eigensinn unterbrechen und deßwegen schwere Verantwortung und Unsegen auff sich ziehen möge,) die zwischen ihr und Conrado getroffenen spon-

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/381>, abgerufen am 23.11.2024.